LdN 221 SARS-CoV-2 Mutation aus Großbritannien

In der insgesamt wieder sehr gelungenen und extrem spannenden Weihnachtsfolge, gab es leider bei dem Bericht zur B.1.1.7-Mutante ein paar Unsauberkeiten. Im Wesentlichen möchte ich zwei Punkte präzisieren:

A) Es ist aktuell nicht klar, wie viel ansteckender diese Mutante ist. Die 70% wurden von Boris Johnson in den Raum gestellt, aber die Lage ist schlicht noch unklar. Klar ist wohl auch, dass eine Mutation zu höherer Haftung an ACE-2 Rezeptor führt.
Allerdings wurde im NDR Coronapodcast 64 als es um die Mutationen bei Nerzen in Dänemark ging, von Christian Drosten schön erklärt, dass das gar nicht unbedingt eine Verbesserung sein muss: „Genau, das klingt nicht gut. Das klingt, als hätte sich das Virus verbessert. Aber das kann auch ein Trugschluss sein. Eine verbesserte Bindung ist nicht immer eine effizientere Bindung für die gesamte Infektion. Denn so ein Virus muss im Rahmen der Infektion auch den Rezeptor mal wieder loslassen können. Da gibt es also ein Optimum. Es heißt nicht: Je besser die Bindung, desto besser die Infektion, sondern es gibt so ein Optimum-Bereich.“ (S.9/15) https://www.ndr.de/nachrichten/info/coronaskript242.pdf
außerdem als Quelle für den Johnsonkommentar
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B) Weiterhin möchte ich noch klarstellen, dass die verwendete PCR Methode sehr sicher ist, und auch in der Mutante sicher nachweisen kann, dass eine SARS-CoV-2 Infektion vorliegt. Wenn in einer PCR (häufig werden nur 2 Sequenzen nachgewiesen) nur eine Sequenz positiv wird, dann ist das Ergebnis nicht eindeutig. Da nun aber in UK eine dortige Standardmethode (TaqPath) drei Sequenzen nachweist, ist bei der Mutante mit zwei positiven Sequenzen eine SARS-CoV-2 Infektion sicher. Wenn nun die TaqPath nur zwei Sequenzen positiv hat, weiß man, dass man ein mutiertes Virus hat ohne den Aufwand einer Gensequenzierung zu unternehmen (was Ressourcen und Zeitintensiv ist).
Sehr schön formuliert hat das Kai Kupferschmidt in einem lesenswerten Science Artikel: „A fortunate coincidence helped show that B.1.1.7 (also called VUI-202012/01, for the first “variant under investigation” in December 2020), appears to be spreading faster than other variants in the United Kingdom. One of the polymerase chain reaction (PCR) tests used widely in the country, called TaqPath, normally detects pieces of three genes. But viruses with 69-70del lead to a negative signal for the gene encoding the spike gene; instead only two genes show up. That means PCR tests, which the United Kingdom conducts by the hundreds of thousands daily and which are far quicker and cheaper than sequencing the entire virus, can help keep track of B.1.1.7.“

Dieser Zufall ermöglicht es erst, dass man schon jetzt sagen kann, dass die B.1.1.7 Mutante andere SARS-CoV-2 Viren verdrängt. Man hat dadurch viele Daten, wie auch im folgenden Tweet zu sehen:

Und zum Schluss noch eine Ergänzung, welche Relevanz eine erhöhte Infektiosität des Virus hat. Der Tweet hat mich sehr nachdenklich gemacht: „Why a SARS-CoV-2 variant that’s 50% more transmissible would in general be a much bigger problem than a variant that’s 50% more deadly.“ https://twitter.com/AdamJKucharski/status/1343567425107881986?s=20

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