LdN 215 Lesbarkeit von Gesetzentwürfen

Im Kontext der aktuellen Folge, interessiert mich allerdings die Argumentation der regierenden Parteien schon. Ich bin über diesen Vorschlag der FDP-Bundestagsfraktion im Tagesspiegel gestolpert und finde das Transparenz-Argument absolut plausibel.

Von der CDU dagegen zu halten, wie die in der Lage zitiert, in der Fraktion seien ja überwiegend fähige Juristen zugegen, halte ich für sehr arrogant ggü. den Personen, die auf der einen Seite unmittelbar betroffen sind von den Auswirkungen und die Arbeit daran auf der anderen Seite auch noch bezahlen. Hier ein niederschwelliges, digitales Werkzeug zu erschaffen, das meist ohnehin erstellte Synopsen zugänglich macht, halte ich fast schon für verpflichtend.

EDIT // vorher war nicht deutlich, dass das von mir als arrogant bezeichnete Statement von einem Vertreter der CDU stammt.

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Die Aussage finde ich schwierig, weil kaum umsetzbar. Zum einen ist die Auswahl der Themen doch schon eine Art politischer Forderung, oder? Indem ich bestimmte Themen (nicht) thematisiere, verfolge ich ja eine Agenda im klassischen Sinne. Insbesondere dann, wenn Missstände aufgedeckt werden, ist ja die Definition des aufgedeckten Missstandes wiederum ebenfalls schon eine Forderung („Unserer Meinung nach ist das ein Missstand – ändert das!“).

Die Lage ist ja außerdem kein klassisches Nachrichtenformat, sondern schon ein Meinungsstück – und insbesondere bei Ulf beobachte ich, dass er sich aus der juristischen Perspektive insbesondere den Themen zuwendet, wo er (meiner Einschätzung) nach eine gewisse Kompetenz, die mir als eindeutigem Nicht-Juristen häufig zumindest die Augen dahingehend geöffnet hat, wie unsere BRD organisiert ist.

Das macht insbesondere die von dir angesprochene Forderung legitim – schließlich sollen wir alle daran partizipieren (weswegen ich den oben diskutierten Vorschlag mit dem Rep übrigens nicht niederschwellig genug finde).

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Das war ja nicht unsere Position, sondern die von Herrn Luczak (CDU).

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In der Tat — das war in meinem Kommentar nicht deutlich. Ich korrigiere das.

Ich habe ja das Glück, in meiner Universität mit einer kompetenten Rechtsabteilung zusammen zu arbeiten. An diese wird auch immer mal wieder der Vorschlag herangetragen, dass es doch benutzerfreundlicher wäre, wenn man nicht nur Änderunssatzungen im Stil von „in Paragraph 7 Absatz 4 Satz 3 werden nach dem Wort „Einsicht“ die Wörter „oder Aussicht“ eingefügt und der nachfolgende Strichpunkt durch einen Punkt ersetzt“ schreiben würde, sondern dann auch zB konsolidierte Fassungen (oder wie von Euch gewünscht Synopsen) herausgeben könnte. Da unser Jurist:innen aber ihr Handwerk verstehen (anders als irgendwelche linken oder neoliberalen Politiker oder Podcaster), wissen sie dass das eine absurde Forderung ist: Wo kämen wir denn da hin? Und was wäre, wenn die Änderung und die konsolidierte Fassung abweichen? Dann würde ja sofort das ganze Rechtssystem zusammenbrechen!!1! Solche Forderungen sind einfach unprofessionell, ist doch auch ein Ziel, den Umfang der ganzen juristischen Texte in Grenzen zu halten und die Änderung ist doch in der Regel viel kürzer als der Volltext.

Und wer mal üben will, hier Amtliche Veröffentlichungen - LMU München gibt es viele Beispiele, konkret kann man ja mal versuchen, aus
https://www.uni-muenchen.de/aktuelles/amtl_voe/1100/1171-16mi-2011-d02.pdf
https://www.uni-muenchen.de/aktuelles/amtl_voe/0800/897-16wm-ba-2010-ps01.pdf
und
https://www.uni-muenchen.de/aktuelles/amtl_voe/0800/834-16mi-2011-d01.pdf
herauszufinden, wie ein Promitionsausschuss für eine Promotion in Mathematik zusammengesetzt sein muss.

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Mal ganz platt technisch und von der Darstellung her: der Überarbeitungsmodus von WORD stellt doch Änderungen eines Textes sehr schön dar. Benutzt man ja auch z.B. bei Vertragsverhandlungen. Auch als Jurist (in Richtung Herrn Luczak).

Nochmal zur Erinnerung, wie bereits in LdN145 angesprochen:

Das Gesetz nennt man Datenaustauschgesetz. Ganz stillschweigend eingebracht. Wahrscheinlich deshalb stillschweigend, weil es kompliziert ist, das erregt nicht so. Ich hab’ jetzt die Erfahrung gemacht in den letzten 15 Monaten: Man muss Gesetze kompliziert machen. Dann fällt das nicht so auf. Wir machen nichts illegales, wir machen Notwendiges. Aber auch Notwendiges wird ja oft unzulässig in Frage gestellt. [Horst Seehofer, 2019-06-06]

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Der Nachteil an der Word-Veränderung: Das „Alte“ bleibt nicht bestehen. Ich empfinde an Synposen vorteilhaft, dass man auch automatisch eine saubere Versionierung hat und jede Veränderung sofort eine Version auslöst. So ist der Veränderungs sauber dokumentiert und streng genommen – da komm ich jetzt allerdings aus der technischen Perspektive – ist auch ein Rücksprung auf eine Revision relativ problemlos möglich.

Es ist ja schön, dass JuristInnen so fähig sind. Aber auch andere Mitmenschen sollten die Texte spätestens am Ende einfach lesen können. Sich nicht aufwendig die Anpassungen zusammensuchen zu müssen ist da schon ein wichtiger Punkt.

Während das Änderungsprozesses sind zudem auch in den demokratischen Gremien Nicht-JuristInnen beteiligt. Denen fällt es eben nicht so leicht da einfach mal alle Änderungen zu verstehen. An einer Hochschule sind es z.B. alle Statusgruppen von Studierenden, den Mitarbeitenden und den ProfessorInnen. Diese Menschen können sich so wesentlich leichter einfinden.

In Berlin an der TU ist es bei vielen Ordnungen (leider nicht bei allen, aber bei allen wirklich wichtigen) so, dass es eine Synopse gibt. Das ist super hilfreich weil es Transparenz schafft. Man sieht direkt was auch nur das Einfügen eines Wortes an der Aussage eines Satzes verändert. Wenn sich nichts ändert, dann muss man nichts aufführen und es spart ebenfalls Platz (in einer zunehmend digitalen Welt würde ich auch das Papier nicht mehr als Argument nehmen).

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Danke für diesen Beitrag, @atdotde - ich wollte genau dies auch hier schreiben und @vieuxrenard bitten, auf die analoge Problematik bei Promotions- und Prüfungsordnungen hinzuweisen.
Ich halte hier die Problematik sogar für noch gravierender, denn:

  1. Die LMU stellt die POs als pdf zur Verfügung, die geschützt sind: man kann daraus nicht einmal Text kopieren! Sprich: es ist unmöglich, sich die Originalfassung einer PO zu nehmen und dann für jeden Paragraphen alle Änderungssatzungen durchzugehen, um (zumindest für sich selbst) die aktuelle Fassung in einem neuen (Word-)Dokument zu erzeugen. Die einzige Möglichkeit bliebe, selbst den Text komplett abzutippen (inkl. den Fehlern die man dabei machen würde) oder den Schutz der pdf-Datei zu brechen. Es ist unfassbar!
  2. Oft gibt es mehrere Änderungssatzungen, sodass man nicht nur die Originalfassung, sondern auch alle Änderungssatzungen nacheinander durchgehen muss, um auf die aktuell gültige Fassung zu kommen.

Für mich ist die Quintessenz:
Die Gesetzesänderungen werden so kompliziert wie möglich gemacht damit sie möglichst keiner versteht um sich so scheinbar unnötigen Diskussionen zu entziehen.

Natürlich kann man die Forderung von Synopsen nicht stark genug unterstützen. Ich hätte aber noch eine Verständnisfrage:
Warum nutzt man eigentlich Änderungsgesetze anstatt das eigentliche Gesetz zu ändern?
Führen Änderungsgesetze nicht zu Vervielfachung von geltenden Gesetzen? Sprich anstatt nur das eigentliche Gesetz lesen zu müssen, muss man zudem noch alle mitgeltenden Änderungsgesetze lesen?
Oder bin ich hier als interessierter Laie auf dem Holzweg?

Genau das ist ja der Effekt eines Änderungsgesetzes: Das alte Gesetz ist hinterher anders.

Also ich finde den Überarbeitungsmodus von Word ziemlich schrecklich. Das durchgestrichene neben dem nicht-durchgestrichenen sieht einfach verwirrend aus und es zerschießt die Formatierung, da der Text ja insgesamt länger aussieht.

Ein Änderungsgesetz hat etwa den folgenden (fiktiven) Wortlaut: „In §522 Abs. 3 Beispiel-Gesetz wird das Wort ‚Haus‘ durch das Wort ‚Gebäude‘ ersetzt.“

Das wird dann gemacht, hinterher ist das Beispiel-Gesetz also geändert, statt Haus steht dann da Gebäude. Das Änderungsgesetz hat keine Relevanz mehr.

Der Gesetzgeber könnte natürlich auch folgendes beschließen: „Das Beispiel-Gesetz tritt mit Ablauf des 31.12.2021 außer Kraft. Am 01.01.2022 tritt das folgende Beispiel-Gesetz 2022 in Kraft: [es folgt ein ganzes Gesetz mit tausenden Paragraphen]“

Das wäre umständlich, da man das komplette Gesetz erneut im Bundesgesetzblatt veröffentlichen müsste, man die eigentliche Änderung im Gesetz nicht finden würde und es würde zu der Vervielfachung von Gesetzen führen, die du befürchtest.

Zwar OT, aber der Sinn der Überarbeitungsfunktion bei Word ist ja gerade, dass alle Änderungen auf den ersten Blick sichtbar sind. Wenn Du das Layout des fertigen Textes sehen willst, kannst Du ja einfach die Ansicht auf „keine Markups“ umschalten :slight_smile:

Ich weiß dass man das kann aber ich finde es gerade für einen Vergleich zweier Versionen sehr schrecklich (und der ist ja nicht mehr möglich wenn ich „keine Markups“ anhabe). Finde klassische Synopsen (wo beide Texte nebeneinander zu sehen sind und die Änderungen im geänderten Text markiert sind) wesentlich besser für die Augen! In den Situationen in denen ich Word Änderungsmodus verwende würde es den Aufwand nicht lohnen eine Synopse zu erstellen, aber für Gesetzesänderungen sollte man das schon machen finde ich (und nicht das geänderte Gesetz im Word-Änderungsmodus anschauen).

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Du willst also, dass die Änderungen im Text markiert sind, aber den Modus bei Word, der genau das macht, magst Du nicht, weil er verwirrend ist und die Formatierung zerschießt - alles klar :smiley:

Nein, ich will nicht, dass die Änderungen in dem einem miteinander vermischten Text markiert sind.

Ich will, zwei Texte nebeneinander, die man miteinander vergleichen kann. Und in dem neuen Text ist alles was geändert wurde oder neu hinzugefügt wurde rot oder unterstrichen. Aber wie es vorher aussah steht in der Synopse nicht in dem neuen Text, sondern links daneben in dem alten Text.

Bei der Änderungsfunktion von Word gibt es keine zwei Texte nebeneinander sondern einen Text in dem durchgestrichene Passagen sind und unterstrichene Passagen. Das finde ich unübersichtlich. Weil man weder den alten Text vernünftig lesen kann noch den neuen.

Ich verstehe nicht, was du daran nicht verstehst um ehrlich zu sein.

Ich hab Dich schon verstanden, fand Dich aber in deinen Wünschen sehr widersprüchlich. Was Du nun beschreibst, ist ziemlich genau das, was der Änderungsmodus von Word macht, mit dem Unterschied, dass Änderungen eine andere Farbe haben UND unterstrichen sind. Wenn Du daneben den Originaltext haben willst, musst Du nur einfach nur eine zusätzliche Spalte anlegen und ihn da reinkopieren - lässt sich sicher wunderbar per Skript automatisieren.