LdN 215 Handbuch der Rechtsförmlichkeit - Lesbarkeit von Gesetz(esänderung)en

Schön, dass das Thema Lesbarkeit im Zusammenhang mit Gesetzen und ihren Änderungen angesprochen wurde! Das Handbuch der Rechtsförmlichkeit ist, soweit ich das sehe, schon lange reformbedürftig. Meines Wissens ist zum Beispiel der sprachliche Umgang im Bereich „Dritte Option“ (Geschlechtseintrag „divers“) überhaupt nicht berücksichtigt. Auch wenn der Diskurs zum Thema Gendern sehr emotional und kontrovers geführt wird: Sollten Gesetze nicht möglichst alle Menschen ansprechen, z. B. durch neutrale Begriffe (beschuldigte Person o.ä.), und die Gesellschaft auch sprachlich adäquat abbilden? Wisst Ihr, ob eine Änderung des Handbuchs in naher Zukunft geplant ist?

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Starker enorm erhellender Abschnitt der aktuellen Folge. DANKE! Von diesem Problem wusste ich noch nichts und finde es schlimm, dass der Vorschlag, lesbare Gesetzentwürfe zu präsentieren, überhaupt gemacht werden muss.

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Ich finde das Thema auch sehr wichtig, und auch gut beleuchtet - vielen Dank!

Ich sehe noch eine weitere Dimension: Aus meiner Sicht sollte nicht nur eine Begründung im Zuge der Verabschiedung dokumentiert werden, sondern das gesamte Gesetzentstehungsverfahren könnte transparent dokumentiert werden: Wer reicht welchen Änderungsvorschlag ein? Mit welcher Begründung und zur Wahrung wessen Interessen? Das verspräche aus meiner Sicht die grundsätzliche Anfälligkeit des Systems, dass politischer Einfluss mit Geld erkauft werden kann, deutlich zu reduzieren!

Technisch machbar wäre das im Digitalzeitalter, die Open Source Software Communities (GitHub, GitLab,…) machen es aus meiner Sicht sehr anschaulich vor, wie es gehen könnte: Es gibt ein Heiligtum (Deploy-Code) das behutsam und kontrolliert weiterentwickelt werden soll. Es gibt es einen Überbau („issue tracker“) mit denen die Weiterentwicklungswünsche (öffentlich nachvollziehbar) diskutiert werden können und aus denen sich die Zielsetzungen herauskristallisieren.

Es gibt rege Änderungsvorschlagstätigkeiten („branches“ an denen gearbeitet wird, bei der jede kleine Änderung mit Kommentar dokumentiert wird „commit comments“). Wenn eine Änderung reif erscheint, dann kann eine gut begründete Anfrage („pull request“) an den Eigentümer mit Bitte um Implementierung gesendet werden. Der hat volle Transparenz, gute Lesarkeit und Differenzdarstellung.

Danke für den Buchtipp „Handbuch der Rechtsförmlichkeit“ :- ) Wie interessant! Es ist immer
" humbling" etwas zu lesen wovon man fast nichts versteht. Es ist auch faszinierend zu sehen, wie z. B ein lebenswichtiges Wort wie " sensitive" in dem rechtlichen Kontext einfach als ein „Modewort“ gelten kann und unbedingt ersetzt werden muß. Mit " sicherheitserheblich". Aber es macht ja Sinn…

Ich wünschte Mark Twain könnte das auch lesen! Er hat das wunderbare Buch " The Awful German Language" geschrieben, weil er eine Hass-Liebe Beziehung zu dieser Sprache hatte! Er meinte, man könnte Deutsch als eine " Tote Sprache " nennen, weil nur die Toten so viel Zeit haben um sie zu lernen. Als Ausländer kann ich nur bestätigen! Aber das heißt auch, dass man von dieser wunderbaren Sprache ewig begeistert sein kann, egal wie gebrochen man Deutsch spricht!

Hier noch was:

Malcolm Gladwell hat eine ganze Episode von seinem sehr beliebten Podcast „Revisionist History“ an einem einzigen sehr unverständlichen Paragraphen von dem US Constitution gewidmet. Wegen einem „Semikolon“ in diesem Artikel, man kann das ganze so oder so interpretieren und das kann auch historische Folgen haben! Hier ist die Stelle:

"US Constitution, Article IV, Section 3New States may be admitted by the Congress into this Union; but no new State shall be formed or erected within the Jurisdiction of any other State; nor any State be formed by the Junction of two or more States, or Parts of States, without the Consent of the Legislatures of the States concerned as well as of the Congress."Hier ist die Episode. Super interessant: