LdN 215: Corona: Infektionschutzgesetz geändert

In der aktuellen Folge LdN 215 (Chapter: Corona: Infektionsschutzgesetz geändert) habt ihr dargestellt, wie das gesetzestechnische Zusammenspiel von einem Änderungsgesetz (hier: Drittes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18.11.2020) und Stammgesetz (hier unter anderem: § 28a Infektionsschutzgesetz) ausgestaltet ist.
Dabei hat Ulf insbesondere den Art. 7 (Einschränkung von Grundrechten) des Änderungsgesetzes erklärt und auf das Zitiergebot aus Art. 19 I 2 GG verwiesen. Die Ausführungen fand ich wichtig und nachvollziehbar. Die Thematik ist im Detail durchaus trickreich und meines Erachtens auch etwas undurchsichtig.

Nachdem ich das Ganze für mich nochmal nachvollzogen habe, möchte ich hier noch eine kleine Ergänzung beitragen: Neben der von Ulf dargestellten Warn- und Besinnungsfunktion für die Legislative, hat das Zitiergebot auch eine Informations- und Hinweisfunktion für die Exekutive.
Dies könnte man den Menschen entgegenhalte, welche verlautbaren, das Änderungsgesetz würde zu ihren Lasten Grundrechte einschränken, was durch besagten Art. 7 zum Ausdruck käme. Denn die Exekutive (also sowohl die Landesregierungen als auch der Rechtsanwender der entsprechenden Rechtsverordnung, welche auf Grundlage der Ermächtigungsgrundlage § 28a Infektionsschutzgesetz ergeht) soll sich gerade darüber im Klaren sein, in welchem Umfang sie Grundrechte einschränken darf. Art. 7 des Änderungsgesetzes schützt insofern also insbesondere auch „Corona-Leugner“ auf Demonstrationen.
Erfundenes Beispiel zur Veranschaulichung: Auf Grundlage von z.B. § 28a I Nr. 10 IfSG soll nicht etwa erlaubt sein, den Teilnehmern von „Corona-Demos“ im Nachhinein die Ausübung ihres Berufes zu untersagen. Denn Art. 12 GG ist gerade nicht von Art. 7 des Änderungsgesetzes zitiert. Demnach soll auch § 28a I Nr. 10 IfSG keine Behörde dazu ermächtigen, eine Rechtsverordnung zu erlassen, welche Art. 12 GG einschränkt.

(Noch ein Hinweis, zugegebenermaßen wirklich eine Marginalie: Im Chapter wurde wohl versehentlich der Buchstabe S im Wort Infektionsschutzgesetz vergessen.)

Mir scheint auch, dass einige Leute ‚Einschränkung‘ von Grundrechten mit ‚Abschaffung‘ von Grundrechten verwechseln oder verwechseln wollen. Der Staat muss immerhin Grundrechte zum Schutz anderer Grundrechte einschränken. Hier stehen sich Leben und körperliche Unversehrtheit derjenigen die sich mit Corona anstecken können (im Prinzip jeder im besonderen Maße die Risikogruppen) und z.B. Berufsfreiheit oder das allgemeine Freiheitsrecht gegenüber. Solche Abwägungen muss der Staat aber immer treffen, z.B. wenn er Geschwindigkeitsbegrenzungen festlegt, Steuern erhebt, Drogen oder Waffen verbietet.