Guten Tag Hufschmied,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich würde Ihre Kernthesen wie folgt umreißen:
- Der Begriff Terrorismus wird unterschiedlich ausgelegt und ist damit schwer zu fassen.
- Rechte Ideologien sind mannigfaltig und damit ihre Anhänger auch schwer erkennbar.
- Die Reaktionen auf rechten und islamistischen Terror sind in der Gesellschaft unterschiedlich.
- Die Erhebung durch die beteiligten Behörden kann aufgrund interner rechtsextremer Strukturen und eigener Definitionen angezweifelt werden.
Sollte ich mich hier vertan haben, bitte ich um Berichtigung.
zu 1.)
Zum einen ist der Terrorismusbegriff notorisch ungenau und umfasst selten rechtsextreme Taten
Zur Historie der Definition des Terrorismusbegriffes kann ich keine Stellung beziehen. In der derzeitigen „Legaldefinition“ im § 129a StGB findet sich meiner Meinung nach jedoch ein recht umfangreicher und ideologisch unabhängiger Katalog an Sachverhalten, welcher Terror zu definieren versucht.
Greife ich mir nun das Beispiel des 24 Jährigen Opfers vom 11.12.1990 aus Berlin heraus (Dieses Beispiel ist bereits im Artikel benannt und ich habe keine tiefere Studie der aufgezählte Taten vorgenommen), so scheint mir das Schuldeneintreiben durch Skinheads und den daraus folgenden Suizid des Opfers eine zutiefst abscheuliche und mit voller Härte zu bestrafenden Tat zu sein, jedoch lässt sie sich meiner Meinung nach nicht als Terrorismus definieren. Hierzu fehlt in meinen Augen die Zielrichtung, dass diese Tat […]bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, […]. Einen Angriff gegen Staatsorgane lese ich aus dem spärlich zur Verfügung stehenden Text auch nicht, was aus meiner Sicht schlussendlich nicht zu einer terroristischen Tat führt.
Anmerkung: Beim nochmaligen Lesen dieses Absatzes schäme ich mich für die Wortklauberei im Zusammenhang mit der abscheulichen Tat und den zutiefst traumatisierten Angehörigen. Ich glaube aber trotzdem, dass eine gewissen Präzision in dieser Diskussion notwendig ist, um sich nach der Einigung auf die Rahmenbedingungen auf den Kern fokussieren zu können.
Da es im Vergleich des Terrorismus vor allem um die gesellschaftliche Debatte geht ist der Verweis auf den zeitlichen Rahmen auch nur bedingt ein deligitimierendes Argument. Natürlich wäre es sauberer das nach Zeitabschnitten einzuteilen, dann zwischen rechten und linken terror zu unterscheiden dann nochmal nach islamischen etc
Ich finde, dass Sie die Zielrichtung absolut richtig benennen, nur ist nach meiner Erfahrung eine nachhaltige Befassung erst auf einer einheitlichen Basis möglich. Daher ist eine solche Statistik als Stilmittel nur mit adäquaten Rahmenbedingungen förderlich und selbst dann natürlich noch Auslegungssache.
zu 2.)
Ein diffus rechtes Weltbild bedeutet in diesem Fall nicht eine Unterscheidung zwischen rechtem und nicht rechten Terror. Das liegt allein schon an der Struktur rechter Ideologien welche schon in sich nicht kohärent sind und gerade ihre Anhänger durch diese diffusen Anschlüsse zu anderen Ideologien rekrutieren (bspw. Männerrechtler, Incels, Verschwörungsideologen, Esotheriker etc.).
Die Umfänge der Anschlüsse der rechten Ideologie waren mir nicht bekannt und den Begriff „Incel“ musste ist erstmal nachschlagen. Aber gerade wenn dieses rechte Weltbild so diffus ist, wäre es dann nicht unpräzise es als allgemeine Klassifikation zu nutzen? Müsste man vielleicht den rechten Terrorismus und auch den islamistischen Terrorismus präziser unterteilen? Vielleicht macht man es sich mit der Einteilung in 2-3 Schubladen dann doch zu einfach.
Hier stellt sich natürlich die Frage was die Zielrichtung der statistischen Erhebung ist. Wenn Sie mit dieser Verstrickung in andere Ideologie richtig liegen, wäre meiner Meinung nach nur eine präzisere Unterteilung wirklich auf die Problemlösung gerichtet.
Umso mehr wäre ein Vergleich der Opferzahlen irreführend und vereinfacht dargestellt.
zu 3.)
Dabei geht es im Diskurs ultimativ, um die Frage wie Maßnahmen gerechtfertigt werden. Da kann man durchaus fragen warum Islamischer Terror und rechter Terror (allerdings weiß man bei DT. nicht so wirklich wo man mit dem Zählen anfangen soll bei so einer reichhaltigen Geschichte) zu so unterschiedlichen Reaktionen führt.
Ich kann für mich in meiner sozialen Blasen keine unterschiedlichen Reaktionen auf rechten oder islamistischen Terror feststellen. Bei beiden handelt es sich um zutiefst abscheuliche Taten, welche genau darauf abzielen eine dementsprechende Reaktion hervorzurufen. Und leider sind die Täter meist erfolgreich damit.
Wenn es Ihrer Meinung nach unterschiedliche Reaktionen gibt, könnte ich es mir mit dem - gefühlt sehr unpassenden - Wort „Gewöhnung“ erklären. Vielleicht sind die Ideologien und Ziele rechter Extremisten aufgrund auch der von Ihnen dargestellten längeren Historie in Deutschland gefühlt „alltäglicher“ als die Ausprägungen islamistischen Terrors. Aber auch hier kann ich nur mutmaßen.
zu 4.)
Genau diese historische Komponente stellt ja Ulf als gewachsene Struktur da die konkrete Gefährderzahl ist da nur ein teil des Arguments, wobei die Differenz zwischen gewaltbereit und Gefährdern im Bezug auf den Rechtsextremismus natürlich fragwürdig ist, wenn es in den Behörden die dies Beurteilen eben je rechtextremen Strukturen gibt.
Hier kann ich Ihnen nicht zustimmen.
Das Argument von Herrn Buermeyer gewinnt durch die Verwendung und den Vergleich der beiden Zahlen 690 und 15000 eine starke Brisanz.
Ich habe noch etwas recherchieren müssen und konnte bislang die Zahl 15000 nicht verifizieren. Ich finde im Verfassungsschutzbericht 2019 (07/2020) die Zahl von 13000 gewaltorientierten Rechtsextremisten. Bezogen auf die genannte Zahl von 15000 hat die Abweichung (15 %) erheblich weniger Relevanz und eine Aussage zur Gewaltbereitschaft wäre dadurch nicht unverhältnismäßig gewichtet worden.
Vergleicht man jedoch die 66 (nicht 69 wie in der PK genannt; Quelle: BKA) mit den 15000 entsteht ein Zerrbild, welches keine solide Basis für das Argument von Herrn Buermeyer sein kann.
Weiterhin kann ich Ihre Einschätzung der rechtsextremen Strukturen nicht nachvollziehen. Die Gefährdungsbewertung wird gemäß Definition des BKA in den Polizeien der Länder vorgenommen. Die Aufzählung der gewaltorientierten Rechtsextremisten obliegt augenscheinlich den Verfassungsschutz-Behörden. Es scheint daher keine direkte Verbindung zwischen diese beiden Zahlen zu geben.
Welche rechtsextremen Strukturen bei welchen Behörden führen zu fehlerhaften Zahlen und inwiefern sind diese dann fehlerhaft?
Gerade wenn aber solche Bedenken gegen staatlich erhobene Zahlen bestehen, wäre es in meinen Augen transparenter keine dieser Zahlen zu verwenden, anstatt zwei Zahlen unterschiedlicher Erhebungen zu vergleichen und diese dann leider auch falsch einzuordnen.