Hallo Ulf, Hallo Philip,
ich habe gerade die aktuelle Folge der Lage mit Norbert Röttgen gehört und daraufhin wollte ich mich einmal kurz zum Thema Mobilität/ Verkehr melden, welches beispielsweise bei dem Verbot von Verbrennern zur Sprache kam.
Meine Ergänzung beziehungsweise mein Denkanstoß kam mir auch schon zuvor bei der Diskussion um Radwege jedoch auch bei anderen Themen rund um den Klimaschutz in den Sinn.
Hier jetzt also meine ausformulierten Gedanken:
Grundsätzlich will ich zuerst zwischen den Begriffen Mobilität, etwa der Befriedigung von Bedürfnissen und dem Verkehr als Resultat derer Befriedigung unterscheiden. Der Verkehr ist dabei schließlich die konkrete Bewegung von A nach B mit einem oder mehreren Verkehrsmitteln. Ich glaube, die beiden Begriffe werden gerne unvorteilhaft vermischt.
Allgemein haben in Deutschland viele Infrastrukturprojekte das Resultat, dass eher der Verkehr gefördert wird, wir dadurch aber kaum unsere Mobilität verbessern, sondern diese meist nur erhalten.
Als konkretes Beispiel lässt sich der Bau der A49 als klassische Förderung des Fernverkehrs anführen. Durch die neue Autobahn wird die Fahrzeit von Kassel nach Gießen verkürzt, was eventuell neue Arbeitsstandorte für Pendler attraktiv macht und letzten Endes wahrscheinlich Wege weiter werden lässt und so zu mehr Verkehrsleistung führt. Im regionalen Kontext entsteht so oft Konkurrenz zwischen Bildungsstandorten und Einkaufsmöglichkeiten, was oftmals zum Aussterben der kleinen Standorte führt. Ergebnis: Wege werden länger.
Im Zusammenhang dazu sehe ich das Thema der Energie.
Der Verkehrssektor macht in Deutschland laut Umweltbundesamt 30 % des Energieverbrauchs aus (2018), wobei der Energiebedarf für den Verkehr weiter steigt.
Ein in Deutschland im Schnitt mit 1,4 Personen besetztes Auto benötigt dabei pro Person mehr Energie als bei der Fahrt in einem durchschnittlich besetzten Zug. Genauso benötigt natürlich jeder vermeidbare zurückgelegte Kilometer Energie.
An dieser Stelle steigt meine Skepsis an einem Verbot von Verbrennungsmotoren als großem Gewinn auf dem Weg zum Klimaschutz. Den gesamten Verkehrssektor zu elektrifizieren, dabei jedoch keine Energie aus Kohle und aus Atomenergie zu verwenden, halte ich aktuell für unrealistisch.
Der Verkehrssektor benötigt etwa 750 Terrawattstunden pro Jahr, erneuerbare Energien liefern aktuell im gesamten 450 Terrawattstunden pro Jahr (wieder Umweltbundesamt). Perspektivisch ist es also noch ein weiter Weg, bis wir hier alle mit gutem Gewissen und ohne fossile Brennstoffe, Haushalte und Verkehr versorgen können, von Industrie und Dienstleistungssektoren sowie dem steigenden Energiebedarf durch die Digitalisierung mal abgesehen.
Als höchstes Ziel sollte es eher gelten, den gesamten Verkehr zu reduzieren, Wege wieder zu verkürzen und so auch Verkehrsmittel wie das Fahrrad außerhalb von Städten attraktiv zu machen. Weniger Zeit im Auto zu verbringen ist dabei nur ein Faktor, welcher unsere Lebensqualität so nebenbei langfristig steigern würde.
Zu diesem Prozess gehört akut auch das Forcieren des von Norbert Röttgen angesprochene Emissionshandels, um schrittweise zu einer Kostenwahrheit zu gelangen und spezifische gesetzliche Änderungen.
Die Automobilindustrie würde sicher gerne jedem von uns ein Elektroauto verkaufen und setzt natürlich gerade in Deutschland viel Geld bei der Forschung im Bereich synthetischer Treibstoffe ein. Unserem wachsenden Energiebedarf wirkt das nicht entgegen.
Dazu passend gibt es Studien aus Norwegen, dass Nutzer von Elektrofahrzeugen mit ihrem bereinigten Gewissen eher mehr Kilometer zurücklegen als zuvor.
Abschließend würde ich mich also wirklich freuen, wenn ihr euch einmal mit dieser Position auseinandersetzt.
Wir müssen uns zukünftig auf jeden Fall vom Verbrenner verabschieden, viel wichtiger ist es aber Energie zu sparen, kleinere oder gar keine privaten Autos zu nutzen. Dabei sollte insgesamt natürlich so wenig Energie wie möglich aus fossilen Energieträgern stammen. Den Ausstieg aus dem Verbrenner, Atomkraft und Kohle zu manifestieren scheinen mir zwar symbolische, allerdings nicht wirklich realistische und wirksame Ziele. Vielleicht sollten wir darüber einmal nachdenken und gegebenenfalls auch umdenken. Wir brauchen weniger Verkehr beim Erhalt der Mobilität!
Rückfragen und Diskussion sind erwünscht.
An dieser Stelle viele Grüße und vielen Dank für eure tolle Arbeit!