Wie Ulf schon gesagt hat: Dass die Corona Warn App den Gesundheitsämtern nicht unmittelbar hilft, ist per Design und auch nicht überraschend.
Denn die Gesundheitsämter müssen ja so oder so das volle Programm bei der Kontaktnachverfolgung usw. betreiben – einfach weil sie ja nicht wissen können, welche der Kontaktpersonen möglicherweise auch durch die App gewarnt werden würden. (Es gäbe IRC auch kein vertretbares App-Design, dass den Gesundheitsämtern auf dieser Ebene Arbeit abnehmen könnte.)
Wo die App dagegen helfen kann, ist bei der Vermeidung von weiteren Infektionen; z.B. wenn Menschen sich vorsorglich testen lassen oder zumindest vorsichtiger verhalten. Diese Zahlen und die dadurch vermiedenen Infektionen lassen sich allerdings nur sehr schwer in einer konkreten Arbeitsersparnis für die Gesundheitsämter quantifizieren.
„There is no glory in prevention“ – oder konkreter: Arbeit, die bei den Gesundheitsämtern gar nicht erst anfällt, wird auch nicht als Arbeitserleichterung wahrgenommen – eher im Gegenteil:
Ich hatte jetzt aus mehreren Perspektiven schon mehrfach Kontakt zu unterschiedlichen Gesundheitsämtern und meiner Erfahrung nach werden CWA-Nutzer sehr häufig leider eher als Belastung wahrgenommen und abgewimmelt: Das ist ein zusätzlicher Mensch, der etwas möchte, und das bedeutet Arbeit – und am Ende ist der ja wirklich noch positiv und bedeutet noch mehr Arbeit^^
Ich weiß, dass das wirklich eine böse Unterstellung ist und auch garantiert nicht für alle gilt; aber meine Erfahrungen lassen in den konkreten Fällen keine andere sinnvolle Schlussfolgerung zu.
Was die Installationsanzahl in der Bevölkerung angeht würde ich gerne zwei Sachen zu bedenken geben: 15.000.000 Nutzer sind ganz schon viel, wenn man in Betracht zieht, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung a) keine Ahnung hat, wie man Apps installiert – geschweige denn ihr AppleID/Google-Passwort kennt.
Und b) ist das bei vielen Menschen auch kein Thema: die CWA ist da unter „ferner liefen“, vielleicht hat man mal gehört, dass es da diese „komische App“ gab – aber was die macht und dass man die sich als Privatperson installieren kann^^
Zu Ulfs Rechnung bezüglich der Wahrscheinlichkeit, dass sich zwei CWA-Nutzer begegnen: Das gilt nur, wenn sowohl die (Risiko-)Begegnungen als auch die CWA-Nutzer sehr gleichverteilt sind.
Das ist aber wahrscheinlich nicht der Fall: Zum einen kann man begründet annehmen, dass es mehr Ansteckungen unter jüngeren Menschen gibt, weil die zum einen als nicht-Risiko-Gruppe nicht ganz so vorsichtig sind und zum anderen in der Regel (fast) symptomfrei bleiben. Diese Gruppe dürfte aber wahrscheinlich deutlich CWA-Affiner sein als die ältere Hälfte der Bevölkerung – vergesst nicht, dass das Medianalter in Deutschland bei 46 Jahren liegt!
Außerdem wissen wir ja inzwischen, dass Corona zu Clusterinfektionen neigt – d.h. man benötigt im Idealfall nur sehr wenige CWA-Nutzer pro Cluster, um die Verbreitung unterbrechen zu können.
Und da das Wachstum ja potentiell exponentiell verläuft, reicht das vielleicht, um eine ganze Menge Infektionen verhindern zu können.
Es gab mal bei Twitter so ein schönes GIF, das ganz gut veranschaulicht, wie so ein exponentielles Infektionsgeschehen ausschaut – und was passiert, wenn man früh genug auch nur ganz wenige der roten Punkte rausnimmt. Und die CWA kann eine Methode sein, diese Infektionen früh zu unterbrechen – womit wir wieder bei „There is no glory in prevention“ wären.
Ich will damit auch nicht pauschal sagen, dass bzw. wie gut die CWA wirkt. Ich tue mich lediglich mit den genannten Punkten schwer, da sie IMHO nur bedingt aussagekräftig sind.
P.S.: Euer neues Kommentarsystem ist wirklich cool!