Hallo,
die Diskussion zum Mietendeckel in der aktuellen Folge ist eine wirkliche Katastrophe meiner Meinung nach.
Ihr stellt die beiden Probleme, die ihr gefunden habt, als etwas dar, was das Gesetz des Mietendeckels in Frage stellt - stellt sogar in den Raum, er müsste deswegen eventuell aufgehoben werden.
Beide dargestellten „negativen“ Effekte sind völlig nachvollziehbar, waren in gewisser Weise zu erwarten und sind nicht zu schlimm. Schattenmieten, ihr sagt es ja selbst, sind eine legitime Sache - zumindest bis sich das alles eingerüttelt hat, also bis es eine Entscheidung aus Karlsruhe gibt. Eine Übergangserscheinung wie sei bei solchen regulatorischen Brüchen einfach auftreten.
Dass Leute jetzt ihre Wohnungen dann verkaufen, ist auch ein normaler Effekt des Einrüttelns! Klar, dass jetzt die Vermietenden abspringen, die offensichtlich nur Spaß am Vermieten haben, wenn sie dafür unsozial hohe Zahlungen einstreichen können. Und Menschen mit viel Geld, springen halt auf und kaufen eine Wohnung - und sind aus dem Mietmarkt raus, wo sie aber auch sonst sowieso Vorteile haben, trotz Mietendeckel, ist einfach so. Auch dieses Verkaufsgeschehen ist ein ganz normaler Effekt, der ja nicht dauerhaft anhält, sondern in dieser Spitze eine Übergangserscheinung ist.
Das ihr die Immo-Scout-Zahlen so unkritisch kommuniziert, geschenkt.
Aber: Diese beiden eher kleinen und absehbaren Effekte stellt ihr so dar, als würden sie die enormen positiven Effekte des Gesetzes aufwiegen können und sogar das Gesetz in Frage stellen. Als sei deshalb das Gesetz gescheitert!
Der positive Effekt, dass Millionen von Berliner*innen jetzt seit einem Jahr und noch für vier weitere Jahre und hoffentlich noch länger nicht in ihrer Wohnung sitzen müssen und bibbern, dass ihre Miete alle 18 Monate steigt, bis sie praktisch ausziehen müssen und Platz machen für reiche Erben, für die eine Zweitwohnung in Berlin einfach eine geile Sache ist – ist der gleichwertig mit den beiden Übergangsproblemen oben?
Immerhin sprecht ihr an, dass entgegen der Unkenrufe der Wohnungsbau in Berlin sogar zunimmt. Das wäre vielleicht ein wirkliches starkes Gegenargument gewesen. Das ist aber erstmal geplatzt. Und zwar genau so, wie vom Gesetz als „best case“ vorhergesagt. Niemand hat ernsthaft behauptet oder denken können, es würden dann plötzlich innerhalb von 12 Monaten tausende Sozialwohnungen aus dem Boden schießen. So lasst ihr es aber ein bisschen klingen - als sei das eine klare Behauptung gewesen, die nicht eingetreten ist - ein nicht ganz faires rhetorisches Vorgehen hier. (Ich glaube mich erinnern zu können, dass ihr in einer früheren Lage selbst gesagt habt, dass dadurch nicht mehr Sozialwohnungen entstehen, sondern das eine andere Baustelle ist.)
Die Idee, dass mit dem Mietendeckel das Angebot an Wohnungen steigt, war zwar immer irgendwie auch mit da, aber nie die zentrale Idee. Wie soll das auch passieren, wenn es in einer Stadt einfach viel weniger Wohnungen als Nachfrage gibt. Dieses Randargument war immer ein Lieblingskind der konservativen Propaganda, die es gern nach oben gespült hat, weil klar war, dass das nicht greifen würde und man daran das Gesetz später gut angreifen kann. Und ihr geht hier voll in diese Falle.
Also eure Besprechung ist eine wirklich sehr schlecht durchdachte Stimmungsmache gegen ein Gesetz, welches Millionen von Berliner*innen das Leben verbessert hat.
–
Vielen Dank für euren Podcast. Und die vielen guten Einblicke und vor allem auch eure Lust an Korrektur und Richtigstellungen