LdB 420 Wahlrechtsänderung

Im Podcasts geht ihr hauptsächlich auf das Jammern der CDU ein, was dabei zu kurz kommt, ist die Tatsache, dass etwa mein Wahlkreis Tübingen seit der Wahl gar keinen Vertreter mehr nach Berlin schickt. Es ist also nicht so, dass nur einer wegrationalisiert wird, sondern der ganze Wahlbezirk nicht vertreten ist, während etwa Regensburg 4 Leute schickt, zeigte nach Wahl zumindest eine Grafik auf ich glaube Zeit.de an, was ich schon schräg finde.

Das ist meines Erachtens ein völlig irrelevanter Aspekt.

Erstmal sind die Wahlkreisabgeordneten „Vertreter des ganzen Volkes“ und nicht „ihres Wahlkreises“, in Bezug auf ihren Wahlkreis sind sie allenfalls ein Ansprechpartner. Aber ernsthaft: Hätte der CDU-Kandidat in Tübingen gewonnen, wäre auch der maximal für ein Drittel der Wahlberechtigten ein Ansprechpartner. Oder glaubst du, ein Grünen- oder gar Linken-Wähler würde den CDU-Abgeordneten seines Wahlkreises als Ansprechpartner nutzen? Und selbst wenn: Dann wendet man sich nun eben an den Abgeordneten der Nachbarwahlkreise…

Dazu kommt, dass jede Partei in diesen jetzt nicht besetzten Wahlkreisen immer noch Parteibüros mit Direktkandidaten hat. Über diese kann immer noch ein Kontakt zu den jeweiligen Bundesparteien hergestellt und auf regionale Probleme aufmerksam gemacht werden. Diese Vorstellung, dass jeder Wahlkreis einen Vertreter bräuchte, weil sonst fundamentale Probleme drohen würden, ist einfach völlig an allen Realitäten vorbei…

Dass „Tübingen keinen und Regensburg vier“ Vertreter hat liegt, sodenn es stimmt, schlicht an der Wahlkreiszuteilung, daher: Ganz Tübingen liegt in einem Wahlkreis, während Teile Regensburgs jeweils Wahlkreise mit den umliegenden Gemeinden bilden. Und dass dann eine Stadt ganz ohne Wahlkreisvertretung darstehen kann liegt schlicht daran, dass die Regeln für die Nicht-Besetzung von Wahlkreisen im Vorhinein bestimmt werden. Niemand wusste vor der Wahl, welche Wahlkreise es treffen könnte (wobei Tübingen besonders gefährdet ist, wegen der Besonderheit der starken Grünen, daher: Weil es ein besonders umkämpfter Wahlkreis ist).

In der Praxis ist die Tatsache, dass einige Wahlkreise jetzt keine direkten Abgeordneten mehr haben, mMn jedenfalls völlig irrelevant. Wenn es nach mir ginge sollte man die Erststimme generell abschaffen und stattdessen eine Listenwahl praktizieren. Eines ist jedenfalls für mich nicht verhandelbar: Dass wir ein striktes Verhältniswahlrecht haben. Je stärker wir die Bedeutung der Wahlkreise machen, desto schwächer wird das Verhältniswahlrecht zu Gunsten eines Mehrheitswahlrechts.

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Schau mal dort, vieles zum Thema neues Wahlrecht, Direktmandate und Vertretung der Wahlkreise wurde bereits diskutiert.

Ein Teil der Antwort ist, dass nicht jeder Wahlkreis vertreten sein muss, da das GG das zum einen nicht vorschreibt und zum anderen alle Abgeordnete das ganze Volk vertreten sollen (das wiederum steht im GG)

Ich geb euch zwei ja teilweise Recht, es zeigt, dass die Wahlrechtsreform halbgar ist, obwohl mir die Formulierung missfällt, dass das Problem irrelevant ist. Ich könnt jetzt sagen, dass der rechtliche Aspekt für mich irrelevant ist, weil ich Politologe bin und nicht Jurist und natürlich würde ich mich auch nicht wirklich an meinen Abgeordneten wenden, aber symbolisch frustriert es mich enorm. Aber geschenkt, worauf ich hinauswill, wenn einige Bezirke gar nicht mehr vertreten werden, stellt sich doch die Frage wozu man überhaupt noch eine Erststimme hat. Weil es ein qualitativer Unterschied ist, ob man vielleicht nur einen oder gar keinen Abgeordneten mehr stellt. In der Hinsicht hätte man bei der Reform wirklich weitergehen können, natürlich ist klar warum das nicht gemacht wurde. Obwohl ich die existierenden Parteien nicht sonderlich gut finde und deshalb eine strenge Listenwahl auch nicht für clever hielte.

Stimmt nicht ganz. Ich habe „meinem“ vormaligen Bundestagsabgeordneten (Dr. Peter Ramsauer!) mehrmals Briefe geschrieben und auch immer Antwort bekommen. Ich werde das auch gegenüber dem Nachfolger tun. Ansonsten gebe ich dir schon Recht.

Man sieht hier ziemlich klar, dass man einfach die ganze Erststimme gestrichen werden müsste und wir so zu einer reinen Verhältniswahl übergegangen wären. 5% Hürde runter auf höchstens 3% und das Bundesverfassungsgericht wäre sicher auch mitgegangen.

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Die Abschaffung der Erststimme würde zugleich die Wahl aus dem Ausland deutlich einfacher machen.

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Jedes Wahlrecht hat seine Vor- und Nachteile.

Was mich besonders an der Diskussion stört, ist, dass zwar das Jammern der Union medial breit diskutiert wird, aber die - ich würde fast sagen - undemokratischen Inhalte des Union-Vorschlags einfach schlichtweg ignoriert werden.

Union legt Vorschlag vor: Nächste Idee für kleineren Bundestag | tagesschau.de

Der Vorschlag der Union hätte die ersten 15 Ausgleichsmandate gestrichen und Parteien unter 5% nur mit 5 Direktmandaten einziehen lassen.

In aller Regel erhält die Union viel mehr Direktmandate als die anderen Parteien. Dadurch bekäme die Union mehr Mandate, als ihr nach Zweitstimmenergebnis zustehen. Überspitzt: 30% der Stimmen aber 35% der Sitze.

Der Vorschlag mit mindestens 5 Direktmandaten war gezielt gegen die Linke gerichtet, weil PDS/Die Linke diese Grenze nur 3x erreicht hat in den letzten 35 Jahren ( Direktmandat – Wikipedia)

Dass sich die Union nicht schämt ein so eigennütziges Konzept für das Wahlrecht vorzuschlagen, finde ich befremdlich.

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