Lage 224 Homeoffice - Theorie und Praxis

Wenn das immer so einfach wäre. Mal ein Beispiel aus meinem Leben:
Ich arbeite bei der Kirche. Die erweist sich im Bezug auf Homeoffice als eine flexible, bereitwillige und lösungsorientierte Arbeitgeberin. Ich habe ein aktuelles Laptop, Zugriff über die wesentlichen Programme via Internet und eine VPN Lösung für Tools und Daten, die auf dem Kirchenserver liegen. Alles funktioniert weitestgehend in Ordnung und eine IT Abteilung kümmert sich im Rahmen der Kapazitäten um Instandhaltung, Aktualisierung und Funktion des Systems.
Ich bin sogar per Anordnung angehalten weitestgehend so viele Tätigkeiten wie möglich im Homeoffice zu erledigen
Zu Hause habe ich ein Arbeitszimmer, das ich alleine nutzen kann und meine beiden Kinder haben jedes ein eigenes Zimmer und ein eigenes Laptop um am passabel organisierten Fernunterricht ihrer Schule teilzunehmen.
Soweit so gut.
Die Praxis sieht leider so aus, dass die digitale Infrastruktur in dem ländlichen Raum, in dem wir wohnen, derart lausig ist, dass es schlicht unmöglich ist, dass sowohl beide Kinder, als auch ich zeitgleich in online Konferenzen teilnehmen können. Von meiner nebenbei studierenden Frau und den damit verbundenen Onlinevorlesungen rede ich jetzt noch gar nicht.
Die Kupferleitung, die unser Haus (Baujahr 2011 !!) in der Theorie mit einem 16.000er DSL Anschluss (noch nie über 10.000 gemessen) versorgt, geht schneller in die Knie, als ich in Zoom meine Kamera deaktivieren kann.
Somit zerplatzen alle Träume auf ein funktionierendes Homeoffice am Unwillen der Kommune hier eine stabile digitale Infrastruktur bereitzustellen. Das Baugebiet wurde 2010 erschlossen und verfügt nicht einmal über Leerrohre um hier nachzubessern.
Mit dieser Situation stehe ich im nördlichen Schwarzwald nicht alleine da. Und damit meine ich nicht ein einsames Bauernhaus in einer vergessenen Schlucht, sondern von dörflichen Strukturen, die Zuzugsgebiet im Einzugsbereich des Großraumes Stuttgart sind.
Hier (wie auch andernorts) wurde dermaßen der digitale Anschluss verpasst (um nicht zu sagen verweigert), dass ich weiter ins Büro fahren muss, solange die Schulen zu sind.

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Eine Perspektive, die momentan in der Diskussion nicht beachtet wird, ist die Normfunktion von Homeoffice-Regelungen: wenn ich den ganzen Tag auf Arbeit unter Leuten bin und alles „as usual“ abläuft, ist es schwierig für Menschen die Tragweite der momentanen Situation zu begreifen und sich zu Hause total zu isolieren.

Hallo,

die Forderung nach Home Office ist zwar verständlich, nicht selten scheitert es aber an praktischen Gründen. Für meine Frau und mich sind die arbeitgeberseitigen Bedingungen für Home Office ideal (geeignete Tätigkeit, funktionierende IT Infrastruktur, Leihgeräte, …), weshalb wir auch seit dem Frühjahr angehalten sind, im Home Office zu arbeiten. Wir haben daheim aber nur einen Arbeitsplatz, und auch dessen Ergonomie bleibt weit hinter der unserer Arbeitsplätze im Büro zurück. Wer nicht am suboptimalen Arbeitsplatz im Home Office arbeiten kann, muss mit dem ergonomisch katastrophalen Küchentisch vorlieb nehmen. Unseren Rücken zuliebe wechseln wir einander im Home Office ab und gehen an den anderen Tagen ins Büro. Der fehlende passende Arbeitsplatz daheim ist zumindest bei uns in der Firma kein Einzelfall. Ich habe bereits von mehreren Kollegen Klagen über starke Rückenschmerzen gehört. Aus diesem Grund sollte der Arbeitgeber Home Office zwar fördern, aber nicht fordern dürfen.

Viele Grüße
CLK

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