Die Zielvorgabe für die Impfstrategie: Todesfälle zu minimieren (als Gegenentwurf zur Reduktion von Ansteckungen) das klingt so einfach und einleuchtend. Aber das muss auf jeden Fall mit einem Zeitrahmen versehen werden.
Denn mal ganz krass und zynisch argumentiert, wird man am wenigsten Todesfälle haben, wenn möglichst schnell alle (wirklich alle, und eigentlich egal ob an Corona oder was anderem) sterben. Denn dann stirbt wenigstens danach keiner mehr, weil keiner mehr da ist. Oder andersrum: Wenn man dafür sorgt, dass wenige sofort sterben, hat die Menschheit Zeit und Gelegenheit sich zu vermehren und alle die geboren werden, sterben nun mal irgendwann.
Soweit nur, um klar zu machen, dass das Ziel ohne Zeithorizont Unsinn ist. So wie es in der Lage gebraucht wurde, war es aber wahrscheinlich eher so gemeint, dass vom geimpften Personenkreis möglichst wenige sterben. Das kommt mir aber wie ein Zirkelschluss vor. Das Ziel der Impfstrategie kann doch nicht etwas sein, das sich nur auf die geimpften alleine bezieht. Wenn das so wäre, hätte ich die nächste absurde Konsequenz anzubieten: Impfe nur Personen, die sowieso wahrscheinlich nicht in der nächsten Zeit sterben werden, weder an Corona noch an sonstwas. Dann hast Du auch unter den geimpften die möglichst niedrige Sterberate.
Um mal was sinnvolles vorzuschlagen: Freilich ist Todesfälle zu reduzieren ein vertretbares Ziel, wenn man dazusagt, auf welchen Kreis und welche Zeit man sich bezieht. Wir impfen in Deutschland und könnten uns daher zum Ziel setzen, in Deutschland im Jahr 2021 möglichst wenig Coronatote zu haben (Anmerkung: In diesem Satz sind vier Parameter versteckt, über die man sich einig werden müsste: 1. Ort, 2. Zeit, 3. Schäden durch Corona oder anderes, 4. Tote oder andere Folgen). Angenommen, das wäre unser Ziel, dann würde es trotzdem wahrscheinlich bedeuten, dass man auch vor allem Personen mit vielen Sozialkontakten impfen müsste, weil die ja sonst durch Weitergabe des Virus für viele Ansteckungen und dadurch verursachte Todesfälle sorgen. Die Gefahr dabei ist, dass während dieser Zeit viele Menschen aus Hochrisikogruppen sterben. Wären dass mehr als man andererseits vor Ansteckung und Tod bewahrt? Was ist, wenn man als Zielzeitraum nur erstes Drittel 2021 annimmt? Dann sind ja vielleicht die Ansteckungsherde zu vernachlässigen. Oder wir beziehen uns auf die kommenden drei Jahre. Etc. Ich denke, das ist was, was man ausrechnen kann, und ich hoffe es gibt jemand, der das vor Aufstellung unserer Impfstrategie bereits ausgerechnet hat (vielleicht jemand beim RKI?) Ich weiß aber nicht, ob es eine Diskussion über die vier oben erwähnten Parameter der Zielsetzung schon mal gegeben hat. Wie Ulf und Philip richtig fordern, ist das eine Diskussion, die im Bundestag dringend geführt werden müsste.