Künstliche Intelligenz (schwach bis stark) und wie wir heute auf sie reagieren müssen

Also wenn ich mir ansehe, wie autonome Fahrzeuge seit Jahren im Straßenverkehr versagen und der menschliche Mitfahrer ständig eingreifen muss, dann sehe ich da keine ernsthafte Gefahr.

Und beim Straßenverkehr kann man jeden Tag erproben und hat Milliarden Fotos, Videos und ähnliches Trainingsmaterial.

Währenddessen haben unsere deutschen Waffenbauer letztes Jahr völlig überraschend von den Ukrainern erfahren, dass die vorgesehen 100 Schuss pro Tag mit einer Panzerhaubitze 2000 in einem echten Krieg vielleicht etwas zu wenig sind.

Da weiß man doch wie präzise das Bild der Waffenhersteller vom Kriegseinsatz ist. Und die wollen mit so einem geringen Erfahrungsschatz selbstlernende Systeme trainieren?

Ich denke auch, dass wir noch weit davon entfernt sind, das solche Systeme tatsächlich effektiv einsetzbar sind. Aber ein Einsatz in einem Real-Szenario, wenn auch nur mit 4 Exemplaren, wird die Sache in jedem Fall deutlich beschleunigen.

Ein maßgeblicher Unterschied ist tatsächlich die relative Gesetzlosigkeit des Krieges und die geringere Rücksicht auf Verluste zu Gunsten von Forschung und Entwicklung. Bedeutet: Ein böswilliger Akteur wie Russland kann hier einfach mal vier autonome Kampfroboter in die Ukraine verfrachten und dort erproben und weiterentwickeln, während die Real-Erprobung von autonomen Fahrzeugen an viele Zulassungsbedingungen geknüpft ist. Auch wird es Russland relativ egal sein, wenn durch seine Kampfroboter Unbeteiligte (oder gar eigene Soldaten) zu Schaden kommen, es wird hier kaum Haftungsrisiken geben (und wenn es welche gäbe, wären sie im Vergleich zu den allgemeinen Haftungsrisiken eines Angriffskrieges auch zu vernachlässigen…).

Es hat letztlich einen Grund, warum immer gesagt wird, dass ein großer Teil aller modernen Innovationen im Krieg erfunden wurden. Krieg ist die härteste Form der Konkurrenz mit der geringsten Rücksicht auf alle anderen Faktoren (Menschenleben, Umwelt, Kosten). Im Krieg sind Länder bereit, extrem hohe Preise (sowohl finanziell, auch als an Menschenleben) zu bezahlen, um einen Vorteil zu erzielen. Vor-Kriegs-Budget- oder Ethikrestriktionen spielen plötzlich keine Rolle mehr.

In diesem Sinne kann ich nur davor warnen, diese Entwicklung zu unterschätzen.

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Das denke ich eigentlich auch nicht. Sicherlich werden die Russen da ein paar Informationen sammeln können. Aber wenn wir wirklich von so etwas wie einem autonom fahrendem Panzer reden, dann muss der u.A. eben auch in völlig wildem und unmarkierten Gelände fahren können. Und das schaffen autonome Autos ja teilweise kaum auf gut ausgebauten und markierten Straßen. Man könnte also sagen, Russland macht hier den zweiten (militärischen) Schritt, bevor es überhaupt den ersten Schritt, nämlich zivile autonome Fahrzeuge, beherrscht.
Daher würde ich sagen, dass wir kaum einen autonomen Panzer sehen werden, bevor es autonome Autos gibt.

Stimmt, Krieg und Militär waren (leider) immer große Innovationstreiber, aber doch eigentlich eher weil in diesem Kontext Geld kaum noch eine Rolle spielt und in Rüstungsprojekte schon immer recht bereitwillig Milliarden investiert wurden, oder?

Ich will hier aber auch eigentlich keine zu großen Optimismus verbreiten. Nur weil ich glaube, das wir in mittelbarer Zukunft keine echten autonomen Waffen sehen werden, heißt das nicht, dass es keine neuen, furchtbaren Entwicklungen in dieser Richtung geben wird.

Insbesondere sehe ich da die halb-autonomen Flug-Drohnen (also z.B. die Predator-Drohnen) die es ja bereits heute massenhaft gibt. Die können zwar nur rudimentäre Sachen, wie im Kreis fliegen, selbstständig, aber das reicht ja um sie mit ein bisschen delay vom anderen Ende der Welt zu steuern.

Und eigentlich ist dieser „Krieg aus dem Wohnzimmersessel“ in meinen Augen das viel schlimmere Szenario, weil es die Hemmschwelle für Kriege und Militäreinsätze so stark reduziert.

Und das ist für mich auch ein weiterer Grund, warum ich daran zweifele, dass autonome Waffen in absehbarer Zeit Wirklichkeit werden: Sie bieten gegenüber ferngesteuerten Waffen zu wenige Vorteile aber sind gleichzeitig viel aufwendiger zu entwickeln und es gibt keine direkte menschliche Kontrolle mehr über das autonome Waffensystem.

Aus russischen Quellen liest man häufiger, dass die diese Technologie vor allem in russischen Wäldern erprobt haben. Das ist in der Tat nicht vergleichbar mit dem urban-landwirtschaftlich geprägten Geländen in der Ukraine, aber die Frage ist ja: Wie viel Bewegung durch das Gelände muss so ein Kampfroboter wirklich absolvieren?

Ich stelle mir diese Teile eher wie mobile Selbstschussanlage vor, daher: die suchen sich eine (einfach erreichbare, strategisch sinnvolle) Position und legen sich auf die Lauer. Nach einer gewissen Zeit (also mehreren Stunden) wird die Position gewechselt, nach einem erfolgreichen Einsatz wird zum Aufmunitionieren zurück gefahren. Und das kann eine KI-Steuerung nach heutigen Standards durchaus leisten.

Also ich glaube nicht, dass diese Kampfroboter in ihrem aktuellen Stadium Teil einer Offensive werden, in der es wichtig ist, schnell über Stock und Stein von A nach B zu kommen… das ist sicherlich das Ziel der Entwicklungen, aber da sind die Russen vermutlich noch nicht (und der Westen vermutlich auch nicht).

Das ist definitiv auch ein großes Problem, wobei Staaten wie die USA hier auch das Problem erkannt haben, dass die Drohnenpiloten, welche die tödlichen Raketen abfeuern, schnell zu psychischen Problemen neigen. Auch das spricht aus Sicht der kriegsführenden Staaten für autonome Waffen und das ist auch das große Risiko an der Sache:

Denn dadurch wird der Krieg noch distanzierter als es durch den Drohnenkrieg ohne schon der Fall ist, es gibt in diesem Fall noch weniger Menschen, die eine direkte Verantwortung für die Todesfälle tragen und ihr Gewissen damit belasten. Das ist gut für den einsetzenden Staat, aber schlecht für die gesamte Welt, weil damit die Hemmschwellen zum Einsatz tödlicher Waffen noch weiter sinken werden.

Daran habe ich wiederum Zweifel.

In dem Moment, in dem eine Waffe „fernsteuerbar“ ist, ist die elektronische Kriegsführung möglich. Die Waffen können gehackt werden, die Signale können gestört und damit die Waffe ausgeschaltet werden. Gerade letzteres ist relativ leicht möglich und das wesentlich größere Problem (eine gute Verschlüsselung kann Hacken i.d.R. verhindern).

In diesem Sinne sehe ich die Zukunft eher in hybriden Waffen. Daher: Ferngesteuerte Drohnen und Kampffahrzeuge, die bei Signalstörungen / Kommunikationsausfall in einen autonomen Modus schalten oder die für „die letzte Meile“ bewusst von der Außenwelt abgeschnitten werden, um mögliches Hacken auszuschließen.