Kritik Regelenergie Gaskraftwerke LdN426

Als sonst stiller (und begeisterter) Hörer möchte ich ein paar Gedanken zur aktuellen Folge loswerden– insbesondere zur Diskussion über Gaskraftwerke. Ich stimme euch absolut zu, dass der Ausbau erneuerbarer Energien oberste Priorität hat. Allerdings kann dieser Ausbau nicht ohne weiter Maßnahmen im Stromsystem erfolgen. Insbesondere die Frage der Regelenergie zur Frequenzstabilisierung sollte dabei nicht unterschätzt werden.

In diesem Zusammenhang hat mich die Darstellung in der letzten Folge etwas irritiert, insbesondere die Gegenüberstellung von Gaskraftwerken und Akkuspeichern. Akkus eignen sich hervorragend für die Primär- und Sekundärregelung, also für die Frequenzregelung im Bereich von Sekunden bis wenigen Minuten. Für längere Zeiträume – Stunden bis Tage – sind sie jedoch nicht ausgelegt. Genau hier kommen Gaskraftwerke ins Spiel, die für die Tertiärregelung unerlässlich sind und die nötige Flexibilität in Dunkelflauten bieten, also bei mehreren aufeinanderfolgenden Tagen ohne nennenswerte Sonnen- und Windenergie. Beide Technologien ergänzen sich – sie ersetzen einander nicht.

Auch mit einem massiven Ausbau von Akkugroßspeichern und einer netzdienlichen Integration privater Heimspeicher werden diese alleine nicht ausreichen, um längere Dunkelflauten zu überbrücken. Die Formulierung in der Folge – sinngemäß: „Wenn man die richtigen Anreize setzt, könnten private Speicher Dunkelflauten ausgleichen, dann braucht es keine 20 GW Gaskraftwerke“ – ist daher viel zu vereinfacht. Akkus spielen eine wichtige Rolle, etwa bei der Verschiebung von PV-Mittagsspitzen oder zur Abfederung von kurzfristigen Lastspitzen. Für die gesicherte Leistung über längere Zeiträume sind sie jedoch in keiner Weise ausreichend.

Ebenso möchte ich die Aussage „Reichen nicht zwei, drei Kraftwerke?“ etwas überdenken. Die Anzahl der Kraftwerke hängt nicht nur von der installierten Gesamtleistung ab, sondern auch von ihrer geografischen Verteilung, der Netzanbindung und der Fähigkeit, flexibel auf Laständerungen zu reagieren. Eine breite, dezentrale Verteilung solcher Kraftwerke erhöht die Netzstabilität und hilft, regionale Engpässe zu vermeiden. Zudem werden wir durch den Rückgang konventioneller Grundlast Kraftwerke und die Dynamisierung der Erzeugung deutlich mehr Regelenergie benötigen.

Die Frage, ob die Kraftwerke H2 ready sein sollen, darf man ebenfalls nicht so einfach abtun. Wasserstoff ist momentan eine knappe und Wertvolle Ressource und wird langfristig vorrangig in Industriebereichen wie Stahl, Chemie oder Zement benötigt, die kaum elektrifizierbar sind. Gaskraftwerke für den Reservebetrieb werden nur einen sehr geringen Anteil an der Stromproduktion ausmachen und somit auch nicht viel CO2 emittieren.
Natürlich macht auf den ersten Blick Gaskraft mit Erdgas keinen Sinn. Durch den relativ unerheblichen Teil an der Gesamtproduktion (dafür im Regelbetrieb sehr wichtigen), sollten wir uns vielleicht nicht an solchen Sachen aufhängen- da gibt es deutlich mehr Nachholbedarf bei anderen Dingen.

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