Kriegsdienstverweigerer in der Bundeswehr?

Ich habe gerade mit Schrecken gelesen, dass wohl letztes Jahr fast 1000 Soldaten Anträge zur Verweigerung des Kriegsdienst eingereicht haben. Wir bitte kann sowas denn sein, damit ist man doch eigentlich für diesen Beruf absolut ungeeignet. Ich gehe ja auch nicht in die IT und sage dann ich will nicht am Computer arbeiten. Ich glaube sogar der Verlust des Führerscheins kann ein legitimer Kündigungsgrund in der freien Wirtschaft sein. Dasselbe müsste in diesem Fall gelten. Die Berufsbeschreibung ist wohl ziemlich klar. Das war einer der Gründe wieso ich nach meinem Wehrdienst eben nicht bei der Bundeswehr geblieben bin.

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Also nach dem aktuellen Bericht ist es aber nicht wirklich klar ob es sich um aktive Soldaten handelt.

Demnach können auch Reservisten und ehemalige Wehrpflichtige den Kriegsdienst verweigern um nicht wieder eingezogen werden zu können.

Bräuchte man also erstmal mehr und genauere Daten um sich eine Haltung zu erarbeiten.

Edit: in den Kommentaren des gleichlautenden Artikels bei der TAZ war folgender Artikel verlinkt.

Ich persönlich (Kriegsdienstverweigerer) denke das schwächt die aufgeblasene Nachricht über die Steigerung bei der Zahl der Verweigerer erheblich ab.

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Dieser Artikel der Tagesschau von heute ist noch etwas besser, weil er mehr konkrete Zahlen und Aussagen der Wehrverwaltung enthält.

Daraus geht hervor, dass 2021 nur 201 Anträge auf Kriegsdienstverweigerung gestellt wurden, 2022 waren es dann 951 (daher die Verfünffachung). Von den 951 KDV-Anträgen waren 600 von Ungedienten und 250 von Reservisten, folglich war der Rest (101) wohl von derzeit aktiven Soldaten. Bei aktuell 183.235 aktiven Soldaten der Bundeswehr, davon 9.600 freiwillige Wehrdienstleistende, ist das ein verschwindend geringer Anteil (0,00055%).

Kurzum:
Das ist alles andere als ein Grund zur Sorge.

Dass der Großteil (fast zwei Drittel) der KDV-Anträge trotz ausgesetzter Wehrpflicht von Ungedienten kommt dürfte daran liegen, dass im Rahmen des Ukraine-Krieges in der Politik offen über eine Wiedereinführung (bzw. Wiedereinsetzung) der Wehrpflicht diskutiert wurde. Es ist nur logisch, dass Menschen, denen das Thema wichtig ist, hier schon vor einer etwaigen politischen Rückkehr zur Wehrpflicht einen KDV-Antrag stellen, um im Fall der Fälle nicht unter Zeitdruck stehen zu müssen, sondern sofort sagen kann: „Nope, KDV ist schon durch!“.

Auch muss man berücksichtigen, dass ohne Wehrpflicht im Verteidigungsfall für Kriegsdienstverweigerer andere Regeln gelten als für Nicht-Kriegsdienstverweigerer. Also im extrem unwahrscheinlichen Fall eines Verteidigungsfalles sorgt ein KDV-Antrag auch dafür, nicht eingezogen und in den Krieg geschickt zu werden, sondern dann eben im Zivilschutz oder an anderer Stelle ohne Waffe eingesetzt zu werden. Egal wie unrealistisch der Eintritt eines Verteidigungsfalles sein mag, aus Sicht eines strikten Pazifisten macht es natürlich Sinn, vorsorglich einen KDV-Antrag zu stellen. Man hat ja nicht wirklich etwas zu verlieren.

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Bei Aussagen wie

Viele begründen ihre Anträge dem Bericht zufolge damit, dass sie mit einer kriegerischen Auseinandersetzung nicht gerechnet hätten.

ist ja schon offensichtlich, dass die betroffenen Personen nicht zur Bundeswehr gegangen sind, um dort aus Überzeugung Soldat zu sein, sondern um (…) zuverlässig Geld zu verdienen. Der ein oder Andere nimmt auf dem Weg noch ein Studium mit, für das er sogar bezahlt wird und im Zivilen ggf. keinen Platz bekommen hätte.

Man muss aber auch sehen, dass das bei einer IST-Stärke von ca. 183.000 Soldatinnen und Soldaten knapp 0,5% sind.
Zum Vergleich: in den 20 Jahren Afghanistan waren 93.000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr dort im Einsatz.