Um mal über den nationalen Tellerrand zu schauen, wie in anderen Ländern die Energiewende gefördert wird: Australien wird in Teilen des Landes beginnend im nächsten Jahr jedem Haushalt drei Stunden pro Tag freien Solarstrom zur Verfügung stellen. Sonne und Wind schicken also zumindest in Australien tatsächlich (zeitweise) keine Rechnung
Da die meisten Haushalte in Australien mit Smart Meters ausgestattet sind, geht das technisch problemlos. Die Konsumenten können dann Anwendungen mit großem Stromverbrauch (E-Auto laden, Wäsche waschen, Hausbatterie aufladen?) für diesen Zeitraum terminieren.
Auf so ein Szenario könnte auch die deutsche Bundesregierung natürlich gezielt hinarbeiten: PV/Wind durch Förderung so stark ausbauen und dynamische Stromtarife durch Regulierung (einschließlich der Kompatibilität der Verbraucher) so nutzerfreundlich machen, dass man für Privathaushalte (und später vielleicht auch kleinen und mittleren Unternehmen) den Strom streckenweise umsonst verteilen kann.
Ich plädiere für die öffentlichkeitswirksame Einführung einer “Solar Happy Hour” !
Bevor jemand mit “aber Australien hat doch so viel mehr Sonne” kommt: Mag sein, aber auch in Deutschland produzieren Erneuerbare Energien heute schon zu vielen Zeitpunkten im Jahr mehr Strom, als zu dem jeweiligen Zeitpunkt verbraucht wird. Dann werden Windräder und PV-Anlagen abgeregelt oder der Strom wird (mit Leitungsverlusten) innerhalb von Europa zu Dumpingpreisen verschoben. Was wiederum den Staat sehr viel Geld kostet, weil der seit einigen Jahren die EEG-Umlage aus Steuergeldern finanziert.
Da gibt es ja durchaus Möglichkeiten. Kühlhäuser könnten z.B. in der Zeit um wenige grad herunter gekühlt werden und verbrauchen dafür in den Folgestunden weniger Strom.
Kleinere Gießereiein könnten diese Zeit nutzen statt wie bisher die Nacht (bisher wird da oft ja nachts produziert weil traditionell nachts der Strompreis niedrig war).
Auch wenn der Effekt vielleicht nicht riesig sein mag, so dürfte es dennoch dabei helfen den Anteil von EE an der Gesamtproduktion zu steigern ohne viel investieren zu müssen.
Theoretisch ja jetzt schon möglich und jedes größere Unternehmen hat jetzt schon eine 15-Min Laststromberechnung (vlt nicht smart, aber wenn man auf die Signale schaut, könnte man auch so verschieben). Den Ausbau müssen wir aktuell gar nicht mehr fördern (nur nicht abschwächen). Wir haben jetzt schon oft Überschüsse, die wir nicht loswerden. Beim Wind verdoppelt sich die installierte Leistung bis 2030 fast. Das Verschenken von Strom im Inland würde den Staat genauso viel oder mehr kosten, wie der Verkauf ins Ausland. Wichtiger wäre es Abschaltungen aufgrund von Netzüberlastung zu vermeiden. Hier wird nichts produziert, aber der Betreiber bekommt trotzdem sein Geld.
Steht und fällt eben mit den Smart Metern bei Privathaushalten. In der Theorie müsste sich das alles von selbst durch die Marktsignale und entsprechende Regulierung, die netz- und marktdienliches Verhalten ermöglicht und belohnt einstellen.
Betriebswirtschaftlich ja, auf jeden Fall. Aber es wäre glaube ich ein unglaublich wirkmächtiges politisches Signal, wenn sich eine Bundesregierung hinstellen würde und sagt “Dank der Erneuerbaren Energien ist eine Stunde Strom am Tag umsonst”.
Das ist auch der Grund warum ich hier Privathaushalte gegenüber Unternehmen bevorzugen würde. Sowas bringt Spaß in die Energiewende .
Zudem können Unternehmer in aller Regel gut rechnen und wenn es möglich und betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, von einem dynamischen Stromtarif gebrauch zu machen, dann brauchen die glaube ich wenig zusätzliche Motivation.
Ein Privathaushalt braucht dagegen in aller Regel einen spürbaren Anreiz, um den nervigen Schritt zur Beschaffung eines Smart Meters und eines neuen, komplexen Stromtarifs zu gehen.
Das würde ich so nicht unterschreiben. Die Ausbauziele bei Windkraft und PV werden in diesem Jahr vermutlich beide nicht erreicht werden. Das liegt natürlich zunehmend nicht mehr an den bloßen Installationskosten (die sich inzwischen in vielen Fällen auch ohne zusätzliche Förderung rentieren), sondern an dem Drumherum: Bürokratie, Flächenverfügbarkeit, Fachkräfte, Stromnetze usw.
Aber gerade die Anreize für Privathaushalte, ihr eigenes Geld in den Ausbau von PV zu investieren hat sich als unglaublich mächtiges Instrument erwiesen. Vielleicht schwenkt man da entsprechend von einer mengenabhängigen Einspeisevergütung zu einem marktorientierten System (Vergütung zum jeweils aktuellen Börsenpreis, gleichzeitig Befreiung von Netzentgelten/Steuern für Einspeisung) in Kombination mit einer pauschalen Förderung pro kwp für die ersten 10 kwp, die zusammen mit mindestens 1,5x Speicherkapazität angelegt werden. Dann bremst man den Ausbau nicht aus, bindet sich aber nicht auf 20+ Jahre an irgendwelche Einspeisvergütungen. Solche Anlagen lassen sich zudem inzwischen zum großen Teil in Eigenleistung errichten, was den Druck auf die Fachkräfte verringert.
Ich glaube hier darf man die Trägheit vieler Unternehmen nicht unterschätzen. Produktionsplanung und Abrechnung der Energiekosten sind zudem verschiedene Abteilungen oder Personen. Plakative Anreize können auch hier helfen.
Ja das kling gut und wäre mal ein Booster. Ohne smarte Zähler wirds aber zu einer Benachteiligung führen, was ggf wieder für Unmut sorgt. Das Framing gefällt mir aber. Grundsätzlich bleibe ich dabei, dass es technisch schon möglich ist (abgesehen von den Steuern und Netzgebühren).
Wie finanziert Australien denn den verschenkten Strom?
Mit nicht mehr meine ich nicht “noch” mehr als ohnehin schon. Die aktuellen Dellen sind auf gesunkene Preise und Kommunikation anti PV zurückzuführen würde ich sagen.
Wenn man den Ausbaupfad anschaut, sind wir auf Pfad, auch, wenn PV dieses Jahr den Wert ggf. nicht erreicht. Bei Wind kann man den 2030 Wert erreichen, wenn alles, was bis Jahresende genehmigt wird auch gebaut wird. Sehe daher eher bei anderen Dingen Handlungsbedarf.
Wäre der Strompreis bei vielen Unternehmen ein wesentlicher Faktor für die Kosten, würden schon viel mehr Dächer mit PV voll sein. Zeigt für mich nur, dass eine pauschale Subventionierung von Strompreisen nicht sinnvol und notwendig ist.
Wenn ich den Artikel richtig lese, dann gar nicht . In Australien kann die Regierung scheinbar einfach einen maximalen Strompreis festlegen:
The solar sharer scheme would be implemented through a change to the default market offer that sets the maximum price retailers can charge customers for electricity in parts of the country.
Ausschlaggebend scheint zu sein, dass es in den Mittagsstunden sehr oft eine PV-Überproduktion gibt, während die Preise zu den nachfragestärksten (frühe Abendstunden) oft sehr hoch sind.
Bei uns gibt es praktisch keine Halle (insbesondere bei den sonst sehr Grünen-feindlichen Bauern), auf der nicht PV liegt. Wer rechnen kann, hat in den letzten 15 Jahren PV gebaut und da war die fixe Einspeisvergütung meiner Ansicht nach der ausschlaggebende Faktor. Das macht die Wirtschaftlichkeit extrem gut berechenbar und besonders Unternehmer lieben Berechenbarkeit. Darum würde ich das als Instrument auch nicht von Anfang an komplett vom Tisch nehmen.
Du meinst auf den Dächern der Unternehmen? Bei denjenigen Unternehmen, wo der Strompreis eine wesentliche Rolle spielt, geht so ein möglicher Beitrag im Grundrauschen unter. Die kaufen dann eher eine Wind- oder Solarfarm irgendwo.
Mal davon abgesehen, dass man ziemlich viele Hallen sieht die PV haben ist es im Bestand immer wieder so, dass die Traglast das nicht zulässt oder dass ein weiterer Ausbau gar nicht genehmigt wird. Hier kenne ich mich aber mit den rechtlichen Anforderungen nicht aus. Vielleicht auch ein Thema für die LdN. Möchte nicht ausschließen, dass einige der Berichte auch Halbwahrheiten oder gar falsches verbreiten.
Also ich finde die Idee ja super Spannend. Allerdings zeigt die Aussage, dass in Australien alle Haushalte mit Smart Metern ausgestattet sind, dass sich da ein paar Leute schon vor Jahren die richtigen Gedanken gemacht haben. Das ist ja bei uns ein Desaster biblischen Ausmaßes. Ich mag ja normalerweise keine subjektiven Vergleiche einzelner Situationen, aber man fällt da schon vom Glauben ab, wenn man sich mit dem Kram näher beschäftigen möchte oder muss. Wir haben seit Juli einen dynamischen Tarif und haben da auch schon knapp 90 Euro mit gespart. Den Smart Meter habe ich beantragt und trotz gesetzlicher Vorgaben hat man mir 6-9 Monate genannt. War net schlimm, weil wir über einen Lesekopf am digitalen Zähler abgerechnet wurden. Vor 2 Wochen haben wir dann eine kleine 4,5 kWp PV Anlage bekommen und siehe da, 2 Tage später wurde uns der Einbau des Smart Meters terminlich bestätigt. Wurde gestern eingebaut.
Der Knaller war aber dann, es dauert bis zu 6 Wochen bis der Zähler “überhaupt im System ist”, erst dann wird meinem Stromlieferant der Zugang gemacht, was nochmal 4-6 Wochen dauern würde. Also 3 Monate ohne 15-minütige Abrechnung. Dachte ich mir, macht nix, hole ich mit den PIN von dem Zähler und hänge den Lesekopf wieder drauf. Das geht aber erst nach den 6 Wochen mit bis zu 4 Monaten Bearbeitungszeit.
Heute morgen habe ich dann einem Mitarbeiter des Netzbetreibers so die Ohren vollgeheult, dass er bei seinen Kollegen vorbeiging und meinen PIN aus einem PDF abgeschrieben hat und mir den telefonisch durchgegeben hat. (ohne, dass ich mich außer Name und Adresse legitimieren musste. Nicht wirklich im Sinne des Datenschutzes, aber angenehm pragmatisch).
Ich bin mir nicht sicher, wie man die gefühlten 100.000 lokalen Netzbetreiber (von einem Kollegen aus der Branche als “Kabelfürsten” bezeichnet) auf Linie bringen will, wenn die nicht mal in der Lage sind sich bei der Smart Meter Ausrollung an die Gesetze zu halten ist mir schleierhaft.
Ich glaube wir hätten unfassbar viele Möglichkeiten, wenn wir diesen Wildwuchs erst mal unter Kontrolle bringen könnten.
Aber die Idee mit der Solar Happy Hour gefällt mir trotzdem gut. Wobei ich da dann Leute bei -4°C im Garten im dampfenden Whirlpool mit Heizstrahler über’m Kopf und dem Steak auf dem Elektrogrill vor dem geistigen Auge sehe.
Mal aus der Investorenperspektive betrachtet: wenn ich in den Hauptproduktionszeiten kein Geld für mein Produkt bekomme, warum dann investieren? Oder bezahlt der Steuerzahler mich?
Der Strom wird ja sowieso produziert. Ich kann also aktiv meine Anlagen abschalten oder sie einfach laufen lassen, auch wenn der Strom kostenlos abgegeben wird. Ist aber ein interessanter Gedanke. Wenn es in den Freistunden erste Blackouts gibt, wird die Stimmung sicher drohen zu kippen.
Da müsste man jetzt mal einen Netzexperten zu befragen. Soweit ich weiß, müssen Netzbetreiber und Stromlieferanten auch die Netzstabilität im Auge behalten. Ich kann mir vorstellen, dass es für das Netz besser ist, wenn nicht ständig Anlagen hoch- und runtergeregelt werden müssen. Mal davon abgesehen, könnte man, wenn man die Mehrerzeugung so sinnvoller einsetzen kann, eventuell auf netzstabiliserende Maßnahmen wie auf einen Teil der Gaskraftwerke verzichten.
Ich finde es einfach gut, mal kreativ zu sein, was zu probieren. Endlich mal interessante Ideen zu haben und lieber über die zu diskutieren als über Migration, Migration, Stadtbild und Bundeswehr.
Kreativ ist das Wort, schaffend und nicht zerstörend!
Ich glaube, dass wir leider immer viel von Innovation/Kreativ reden, aber dann doch lieber beim Alten bleiben…
Mit dynamischen Netzentgelten können wir Erzeugung und Verbrauch durch Preissignale lenken und somit auch eine Happy Hour für den Stromverbrauch schaffen,“ erklärt Tomaso Duso. Die Stromnetze stossen immer mehr an ihre Grenzen. Aufgrund der zunehmenden Erzeugung von erneuerbaren Energien und des steigenden Verbrauchs sind sie von starken Schwankungen betroffen: Überbelastungen und Engpässe wechseln je nach Tageszeit und Region. Die Netzentgelte bieten derzeit kaum Anreize, die vorhandenen Netzkapazitäten smart zu nutzen. Die Folge: Günstige Energie von Windrädern und Solaranlagen im Norden wird gedrosselt, dafür werden teure Gas- und Kohlekraftwerke im Süden hochgefahren. Mit dynamischen Netzentgelten können Erzeugung und Verbrauch zeitlich und regional flexibler ans Netz angepasst werden. Dafür ist allerdings auch eine konsequente Digitalisierung der Netze unerlässlich. „Nur wenn wir beides entschlossen vorantreiben – die Digitalisierung der Netze und die Reform der Netzentgelte – lässt sich die Energiewende effizient gestalten“, so Duso. Mögliche Alternativen zu dynamischen Netzentgelten sind Strompreiszonen und nodale Preissysteme. Sie gelten allerdings als politisch schwer umsetzbar.
Entscheidend für die Netzstabilität ist vor allem, dass Leistung (erzeugter Strom) und Last (benötigter Strom) jederzeit im Gleichgewicht bleiben.
Genau das ist die zentrale Herausforderung bei der Integration erneuerbarer Energien.
Denn sie sind in ihrer Leistung nicht regelbar, sondern nur über Speicher oder Abschaltung steuerbar.
Fehlt Leistung im Netz (z. B. im Winter), fällt die Netzfrequenz unter 50 Hz.
Wird zu viel Leistung eingespeist (v. a. im Sommer), steigt sie über 50 Hz.
Was in solchen Fällen passieren kann, zeigte sich dieses Jahr in Spanien:
Rund 15 GW Leistung gingen dort gleichzeitig vom Netz (genauer Grund immernoch unklar)
→ Die Netzfrequenz kollabierte in wenigen Sekunden (schlagartig viel zu wenig Leistung im Netz)
→ Blackout
Das sah dann leistungsbezogen so aus, quasi der GAU eines Stromnetzes:
Stimmt, wobei die Netzfrequenz nicht grundsätzlich im Winter geringer ist als im Sommer, auch nicht dann wenn wir sehr weit in der Energiewende fortgeschritten sein werden. Die nötige Energie/Leistung für die Zeiträume wird ja bereits im Voraus beschafft.
Ursache von Netzfrequenzsprünge sind zwar Leistungungleichgewichte, diese sind im Netznormalbetrieb aber bei max ± 200 mHz und max 3 GW delta zwischen Erzeugung und Last und wird mittels Primärregelleistung abgefangen.
Man wird sich also im Voraus auf diese Happy Hours einstellen und dementsprechend die Leistung besorgen für die Zeiträume. Sehe da Netztechnisch weniger Probleme. Sollten die Lastsprünge doch zu hoch werden könnte man ggf. die Primärregelleistung erhöhen.
Übrings zum Thema Spanien:
Dem Ausfall der Erzeugungsleistung ist eine starke Spannungsüberhöhung im Süden des Landes vorangegangen. Die ersten größeren PV und Windparks haben sich dann durch den Überspannungsschutz regelkonform getrennt, was zu einem großen Leistungsdefizit geführt hat. Grund dieser starken Spannungsüberhöhung ist wohl noch nicht ganz klar.
Die Spannungshaltung ist übrings neben der Frequenzhaltung die weitere wichtige Systemdienstleistung und wird durch die Abgabe/Aufnahme von Blindleistung geregelt ist aber ein sehr lokales Phänom.