Kostenzunahme bei gesetzlichen Krankenkassen

Hallo zusammen,

gerade nimmt die Berichterstattung von zu erwartenden steigenden Kosten bei den gesetzlichen Kassen zu.

Vor einiger Zeit habe ich dazu einen interessanten Artikel gelesen, den ich gerne teilen möchte:

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Die Diskussion hatten wir auch schon öfter hier.

Die Abschaffung der privaten Krankenversicherung ist lange überfällig, aber die Lobbyinteressen sind zu stark. Da gerade Menschen mit hohem Einkommen, Unternehmer und Beamte von der privaten Krankenversicherung auf Kosten der restlichen Bevölkerung profitieren, diese restliche Bevölkerung das aber nicht durchschaut, weil so getan wird, als wäre umgekehrt die private Krankenversicherung der Heilsbringer, weil Privatversicherte den Ärzten höhere Verrechnungssätze einbringen, wird sich nichts ändern. Und es kotzt mich tatsächlich an…

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Einfach nur noch ein Desaster und dass der FDP das egal ist zeigt mal wieder welch Geistes Kind sie ist und dass sie kein soziales Gewissen hat. Prinzipiell ist die Private Versicherung der größte historisch gewachsene Fehler überhaupt. Leider ist es jetzt sehr schwer diesen Fehler zu korrigieren. Man könnte zuerst einmal den Sonderstatus von Beamten hinterfragen. Bei den Selbstständigen stellt sich die Frage, wie viele vorher bewusst nicht in die Gesetzliche wollten und jetzt wo es teuer wird gern Cherry Picking betreiben würden.

Man könnte sich anfangen die Anzahl der gesetzlichen Kassen rapide zu reduzieren um dort Geld zu sparen. Auch sollte man den Leistungskatalog hinterfragen, Stichwort Homöopathie und Ähnliches. Möglicherweise wäre auch ein Zusatzbeitrag anhand des Risikos nicht dumm (starker Raucher, Fettleibigkeit, Extremsport, Motorrad) oder eine Beitragssenkung für bewusst gesunde Lebensweisen.

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Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und sagen, das Privat-Versicherungssystem in Deutschland ist de facto verfassungswidrig.

Menschen werden per Gesetz in eine Versicherung gezwungen, die schlechter ist, als die PKV. Das man die Menschen in diese Versicherung zwingt, sagt alleine ja schon alles aus. Würde man das nicht machen, gingen alle jungen, normalen Angestellten sofort in die PKV und die gesetzlichen Versicherungen wären übermorgen pleite.

Aber finanzielle Ungleichbehandlung interessiert das Verfassungsgericht halt nicht, ist zumindest mein Eindruck. Klar kommen jetzt Leute und erzählen, dass es ja eine Versicherungspflicht für alle wäre, und nur bestimmte Gruppen wären befreit usw. Ist mir aber alles egal, de facto ist die GKV-PKV-Regelung eine Form der Ungleichbehandlung, die man so nur aus Diktaturen kennt, aber nicht aus liberalen Demokratien.

Als GKVler ist man den Ärzten einfach nicht so wichtig, wie die Privatpatienten und ich wette, wenn man das unabhängig von allen anderen Faktoren wie Einkommen usw. untersuchen könnte, würde raus kommen, dass ein PKVler im Schnitt mehrere Jahre länger lebt, durch die bessere medizinische Versorgung.

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Also das grundsätzliche Problem ist, dass die PKVs keinem kontrahierungszwang unterliegen, die GKVs hingegen schon. Das bedeutet: Die PKVs können sich die gesunden Menschen rauspicken und günstig versichern, während die Menschen mit chronischen Krankheiten, Behinderungen oder gar akuten Krankheiten wie z.B. Krebs im Solidarsystem der GKVs landen. Für Geringverdiener würde sich die PKV gar nicht lohnen, selbst wenn sie rein kommen könnten, weil deren Beiträge eben vom Risikostatus des Patienten abhängen, während die Kosten bei der GKV prozentual vom Lohn abhängen. Ein fester Beitrag von z.B. 400 Euro ist für den 30-jährigen Unternehmer mit sechsstelligem Jahreseinkommen ein super Deal, für den Mindestlohnempfänger ist das hingegen kein gutes Geschäft, der fährt immer besser mit einem am Lohn gemessenen, prozentualen Beitragssatz.

Die Tatsache, dass die PKV sich ihre Versicherten „aussuchen“ kann, ermöglicht den PKVs, erheblich günstigere Tarife anbieten zu können. Und weil die PKVs keine „teuren Versicherten“ aufnehmen müssen bzw. von teuren Versicherten so hohe Prämien verlangen können, dass die GKV für diese erheblich günstiger ist, kann die PKV den Ärzten auch die deutlich höheren Verrechnungssätze zahlen.

Wie gesagt, die PKV ist parasitär. Das gesamte Geschäftsmodell fußt darauf, große Kostenverursacher auszuschließen, sodass das GKV-System, über das diese Kostenverursacher solidarisiert werden, unter der Last ächzt. Das PKV-System ist im wahrsten Sinne des Wortes unsozial.

Leider sieht das das BVerfG nicht so. Argumentativ könnte man aus dem Sozialstaatsgebot ableiten, dass ein Zwei-Klassen-Medizin-System in dieser Form nicht zulässig sein sollte, auch könnte man aus dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit eine Leistungspflicht des Staates konstruieren, für eine gleichermaßen effektives Gesundheitssystem zu sorgen.

Aber das sind alles nur mögliche Interpretationen. Das BVerfG hat bisher nichts gegen das zweigliedrige Krankenversicherungssystem getan und es ist nicht zu erwarten, dass sich das ändert. Mehr noch: Von konservativen und wirtschaftsliberalen Juristen wird eher die Ansicht vertreten, dass die Abschaffung der PKV verfassungswidrig sei - auch das würde ich jedoch bestreiten wollen.

Auch hier gilt, dass der Gesetzgeber einen relativ weiten Gestaltungsspielraum hat, in den sich das BVerfG nicht einmischen möchte, insofern keine offenkundigen Grundrechtsverstöße vorliegen…

So weit würde ich nicht gehen - immerhin haben wir eine allgemeine Krankenversicherung, wenn man in die USA schaut (vor allem pre-obamacare) stehen wir international schon noch ganz gut dar. Also es gibt schon ziemlich viele Demokratien mit schlechteren Gesundheitssystemen wie unserem, im Gegenteil sogar, Deutschland wird relativ regelmäßig eher im oberen Drittel aufgeführt, was die Qualität und vor allem den Zugang zum Gesundheitssystem betrifft.

Es gibt definitiv Verbesserungspotential - und die Abschaffung der PKV wäre der beste Schritt zu einer besseren Finanzierung des Gesundheitssystems, indem man Vielverdienern die Möglichkeit nimmt, sich aus dem Solidarsystem der GKV herauszuziehen.

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Möchte ich für Beamte mal widersprechen. Aufgrund der Beihilfe ist es nur wirtschaftlich komplett sinnlos in die gesetzliche KV einzutreten. Den Papierkram und die Tatsache das man in Vorkasse (und das teilweise für erhebliche Summen) treten muss würde ich sofort abgeben.

Aber das ändert doch nichts daran, dass Beamte davon profitieren.

Und ja, die Beihilferegelungen gehören auch abgeschafft, Beamte sollten wie jeder andere Arbeitnehmer auch standardmäßig in der GKV sein. Warum ausgerechnet für Staatsbedienstete die private Krankenversicherung so stark gefördert wird ist generell sehr fragwürdig.

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Meiner Meinung nach beißt es sich etwas, einerseits das Prinzip privater Krankenversicherungen abzulehnen und andererseits Risikozuschläge für ungesunden Lebenswandel zu fordern - das ist ja genau das Prinzip, nach dem die Privaten funktionieren. Ganz abgesehen davon, dass gesundheitspolitisch gesprochen mit solchen Zuschlägen indirekt Armut bestraft würde. Gemeint ist, dass Faktoren wie Rauchen, schlechte Ernährung, wenig Bewegung etc. nicht rein individuell betrachtet werden können, sondern immer auch etwas mit der sozioökonomischen Lage, Bildungsniveau etc. zu tun haben.

Wenn das ein Problem ist, dann mit den Ärzten ein Zahlungsziel von zwei Monaten vereinbaren. :slight_smile:

Die profitieren halt auch von der Regelung. Insofern kann man da schon Befangenheit unterstellen.

Jens Spahn wollte auch die Corona-Kosten den Gesetzlichen unterjubeln.
Erst als die wütende Presseerklärungen rausgaben, wurde ein Fonds eingerichtet, in den dann auch die privaten einzahlen mussten.

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Das Problem seh ich auch. Ich glaube die die Entscheidungsträger haben aus purer Befangenheit kein Interesse etwas zu ändern. Die SPD hat ja auch ohne echte Gegenwehr die Bürgerversicherung hergeschenkt.

Das wäre die grösste Sauerei überhaupt gewesen, wenn die sowieso schon privilegierten Privaten noch von den Gesetzlichen finanziert worden wären.

Es ist völliger Blödsinn. Da die Beihilfe den größeren Teil der Versicherungssummen ausmacht, ist mehrheitlich ohnehin der Staat bereits „der Versicherer“ seiner Beamten. Was für einen Zweck hat es da, noch private Unternehmen in Form der PKVen für ein paar Prozent zu versicherndes Restrisiko zu beteiligen - außer dem, zu verschleiern, dass der Staat sowieso der Versicherer ist? Und wenn der Staat eh versichert, könnte man, wenn er denn 100% versichern würde, von ihm nachvollziehbarerweise verlangen, dass er auch gleich die Körperschaften öffentlichen Rechts dafür heranzieht, die zu diesem Zweck existieren: die GKVen.

Der einzige Zweck der Konstruktion heutzutage ist es IMHO, ein Distinktionsmerkmal für Beamten aufrecht zu erhalten. Die Konstruktion ist zwar nicht explizit dazu geschaffen worden, sie ist historisch bedingt, aber sie hat halt heute nur noch genau diesen Zweck.

Würde man die Beihilfe streichen, das dafür aufgewendete Geld stattdessen ausbezahlen und die Beamten dazu anhalten, 100% der Krankenversicherungsrisiken über PKV-Unternehmen zu versichern, würde das mehr Sinn machen - aber dann fielen die zahlenmäßig meisten Beamten halt trotzdem aus dem Einkommensbereich raus, der erforderlich ist, um die Hürde der Pflichtversicherungsgrenze zu überspringen. Sie könnten sich gar nicht privat versichern. Man könnte die jetzige Sonderregel, dass die Grenze für Beamte nicht gilt, nämlich nicht länger aufrecht erhalten, da sie ja gerade begründet wird mit dem viel geringeren zu versichernden Restrisiko (die Beihilfe deckt den größten Teil der Risiken ja ab). Ergo müsste die Pflichtversicherungsgrenze also deutlich senken, was man aber auch wieder nicht kann, weil sonst noch mehr Leute sich aus dem Solidarsystem verabschieden - und zwar von „oben“ herab, also aus genau den höheren Einkommensschichten, die man zur Finanzierung des Systems braucht. Also zwei nicht gangbare Auswege - die jetzige Situation mit der Aufteilung zwischen PKV und Beihilfe bewahrt den Staat folglich davor, den größten Teil der Staatsbediensteten zwangsläufig in die GKV aufnehmen zu müssen.

Es ist halt schon ein Unterschied ob man Beamter ist oder nicht und die Beihilfe ist als Arbeitnehmeranteil an der Krankenversicherung auch okay und kommt dem Staat glaube ich sogar günstiger (tatsächliche Kosten vs. Versicherungskosten).

Ich verstehe nur nicht warum das nicht innerhalb der GKV abgebildet werden kann. Aus meiner Sicht hat der Beamte auch durch die Beihilfe an sich keinen wirklichen Vorteil. Lediglich durch das System der Privatversicherung.