Konsequenzen aus dem Wahlergebnis in Brandenburg

Bei der gestrigen Landtagswahl in Brandenburg hat die SPD in einem dramatischen Schlussrennen mit 30,9 % der Stimmen den ersten Platz belegt, nachdem Ministerpräsident Woidke den Wahlkampf auf ein „Die oder ich?“ zuspitzte. Ein Resultat, das vor Wochen unvorstellbar erschien und das unter expliziten Ausschluss des Bundeskanzlers erreicht wurde.

Die AfD folgt knapp dahinter mit 29,2 %. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreichte 13,5 %, während die CDU auf 12,1 % kam.

Die Grünen und die Linke verpassten den Einzug in den Landtag, da sie die Fünf-Prozent-Hürde nicht überwinden konnten. Die FPD liegt bei lächerlichen 0,8%, vor ihnen liegen die Tierschutzpartei, BVB/Freie Wähler und Die Linke. Keiner erreichte die 5% Hürde.

Eine große Koalition aus SPD und CDU hat ganz knapp keine Mehrheit, wohl aber eine aus SPD und BSW. Ob die CDU als Anhängsel eine Dreier-Koalition von SPD, BSW und CDU eingehen wird, wird sich zeigen.

Sehr schöner Kommentar in der Süddeutschen Zeitung, der eine gute Einleitung in die Diskussion wäre:

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Volker Kauder (CDU) hat grade bei Phoenix eine Frage gestellt, die auch mich seit den 3 Wahlen in Ost-Deutschland umtreibt.
In Brandenburg boomt die Wirtschaft und die Ansiedlungen von Unternehmen steigen stark. Man benötigt dringend Zuwanderung, um die Wirtschaftsleistung weiter zu fördern.
Brandenburg ist das Land, welches am härtesten vom Klimawandel bedroht wird (Dürren und Grundwasserversorgung).
Die Frage die Volker Kauder nun stellte ist, was wollen die Brandenburger Bürger den überhaupt.
Hier die Top Themen für die Wähler

Was mich ebenfalls wirklich Sprachlos macht ist das Wählerverhalten der Erstwähler

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Diese Wahl ist für mich einmal mehr ein Beleg, dass Fakten, Wissenschaft und die aktuelle Gesetzgebung kaum mehr eine Rolle spielen. Es geht nur noch um ein Wir gegen Die. Ein Kulturkampf in allen Bereichen.
Und es ist wiedermal eine Abwahl des Progressiven (und darin v.a. Die Themen der Grünen).
Es wird für mich immer klarer, dass sich sehr viele von der Politik nicht vorschreiben lassen wolle, wie man zu leben hat, bzw. Wie unvernünftig man sein sollte. Und zwar in allen Bereichen. Deswegen sind auch die Grünen als Vernunftspartei so verhasst.

Das darf aber nicht verwechselt werden mit dem einem effektiven, harten regieren. Gerade in der Flüchtlingspolitik zeigt sich, dass es immer mehr Menschen egal ist, wie die aktuellen Gesetze sind. Die Forderung ist diese so zu verändern, dass weniger nach Deutschland kommen, und effektiv abgeschoben werden kann.
Selbes gilt für die Infrastruktur. Die Menschen wollen nicht mehr hören warum etwas nicht gebaut, repariert oder saniert werden kann, die Menschen wollen Fortschritt sehen.

Neben dem „sich abgehängt fühlen“ auf dem Land kommt speziell im Osten inzwischen immer mehr dazu, nicht so zu werden wie einzelne Problemstädte Westdeutschland. Damit gemeint ist oft Clankriminalität, Innenstädte die geprägt sich von Wettbüros, Dönerbuden und 1€ Shops, in denen „nur noch ausländische Männer herumlungern“. (Das ist nicht meine Meinung, sondern die Erzählung).
Es geht im Osten um eine harte, teils rassistische Abwehrhaltung, nicht so zu werden.

Die Konsequenz daraus: Keine Panik, denn der Osten ist anders.
Trotzdem müssen sich Grüne und FDP jetzt mehr denn je fragen, wie sie in Zukunft die Menschen ansprechen wollen, und ob ein Verbleib in der unbeliebtesten Regierung aller Zeiten zielführend ist.

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Die AfD scheint erstmal die Konsequenz zu ziehen, noch rechtsradikaler zu werden:

Link zum Video auf X:
https://twitter.com/i/status/1837889844879527958

Ich plädiere hier ja hin und wieder dafür bei Wählern der AfD genauer hinzuschauen, ob sie die AfD wegen oder trotz der Rechtsradikalen in der Partei wählen. Aber hier ist der Fall eindeutig. Hoffentlich hat die Anzeige Erfolg.

Und gleichzeitig stand der Brandenburg-Chef der AfD im RBB und hat sich „ausgeheult“ das seine Partei „dämonisiert“ werden würde, was für eine Dreistigkeit.

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Ich würde behaupten Erstwähler werden am stärksten von den aktuellen Themen geprägt. Als das Thema der Klimawandel war haben die Grünen profitiert, jetzt wo das Thema Migration ist profitiert die AfD und falls in 5 Jahren das Thema Soziales wäre würde wohl die SPD oder die Linke profitieren.

Das sehe ich nur zum Teil. In vielen Orten beobachte ich bei Debatten, dass größere Projekte von vielen Menschen kritisch gesehen werden und jeder nur das umgesetzt haben will welches den eigenen Interessen entspricht. Der Fußballfan ist dann gegen das neue Schwimmbad, der Schwimmer gegen die Renovierung vom Opernhaus und der Operngänger gegen den Ausbau des Fußballstadions.

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Entsprechend ‚deiner‘ Grafik wählten 30 % der Erstwähler die rechtsextreme AfD. Im Brandenburger Durchschnitt waren es 29,2 %. Eine Differenz von 0,8 Prozentpunkten.

Die drei Altersgruppen zwischen 25 und 59 Jahren wählten häufiger AfD:


Das Rechtsextremismus-Problem ist also unter den 35- bis 44-Jährigen am größten.

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Konsequenz?

Es gilt anscheinend das Gleiche wie auf der Autobahn >> rechts überholen ist nicht erlaubt und stört alle andere.

Was will ich damit sagen:
Anstatt langfristig (schon vor Jahren beginnend) Integration zu fördern, Migration geordnet zu bewältigen und Menschen hinter den Flüchtlingen zu sehen, versucht man der AFD hinterher zu laufen. Das dies nicht funktioniert hat, zeigen die Ergebnisse.

Man muss erklären, warum etwas funktioniert und warum manches nicht. Und was man unternimmt, um es zu verbessern. Nach Solingen hätten die Parteien (und vor allem die CDU) sich aus meiner Sicht nicht treiben lassen dürfen. Aber nachdem fast alle mit wenigen Ausnahmen mit Schwung nach rechts abgebogen ist, konnte man nicht mehr zurück und stehen bleiben.

In letzter Konsequenz fehlt Geld - und das ehrliche Eingeständnis, das Kürzungen beim Bürgergeld nicht die benötigte Summe frei macht.

Für die Bundesregierung sollte jetzt folgendes anstehen:
#Sozialwohnungen bauen (Programm auflegen) - senkt langfristig die Mietkosten
#Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer angehen - Geld in Bildung investieren
#Förderung E Mobilität - stärkt die Wirtschaft
#Subventionen abbauen - stärkt den Klimaschutz
#Geld für zivil-gesellschaftliches Engagement locker machen, und zwar dauerhaft - stärkt die Demokratie

Nach dem Haushalt natürlich - aber das ist wohl ein Traum.

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Vor dem Erklären steht ja erstmal das Verstehen. Und eine ehrliche Diskussion. Wenn ich mir die typischen Polit-Sendungen anschaue frage ich mich, ob beides überhaupt gewollt ist. Wie häufig sind dort Betroffene zu hören? Wo gibt es echte Begegnungen zwischen Entscheidern und Migranten, die beim Ausländeramt nicht weiterkommen, mit Bürgergeldempfängern, die jeden Euro umdrehen müssen, mit all den sozial Benachteiligten?

Stattdessen: sinnlose Hetze und ständiges Dreschen der immer gleichen Phrasen. Und es wird noch vom Wähler belohnt.

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Ich weiß nicht mehr, wer da bei Sarah Bosetti im Podcast war. Aber er schilderte, wie er sich eine politische Talksendung wünschen würde und schloss dann mit dem Satz: aber das will halt dann keiner sehen.

Die nachfolgenden Zitate des Ausgangsposts sind aus einem SZ-Kommentar zur Landtagswahl.

Dass die regelmäßig fragwürdige SZ unhinterfragt solche Entschuldigungsnarrative verbreitet, ist nun alles andere als ein Ausweis analytischer Schärfe.

Hier versteigt sich der Kommentator gar zu Täter-Opfer-Umkehr. Als wären Antifaschisten verängstigt, nicht jedoch Xenophobe. Ferner wird nahezu nahegelegt, dass man sich doch bitte an die Normalisierung von Faschisten gewöhnen solle.

Dazu nur:

Die Untersuchung zeigt […], wie sich rassistische und anti-klimapolitische Untergangsszenarien zu einer selbst bestätigenden Gefühlswelt verdichten. Außerdem interpretiert Spissinger das kollektive Schimpfen und spöttische Gelächter bei AfD-Veranstaltungen als ein neurechtes Identitäts- und Gefühlstraining. Nicht zuletzt wird deutlich, wie AfD-Unterstützer*innen Kritik abwehren und daraus die Bestätigung ziehen, ‚die Wahrheit‘ zu vertreten und ‚frei‘ zu denken. Wer es sich in der neurechten Gefühlsgemeinschaft erst einmal bequem gemacht hat, lässt sich daher nur noch schwer zur Umkehr bewegen.

Immerhin. Das passt bloß nicht mit dem zuvor Geschriebenen zusammen:

Den eigenen Widerspruch so gar nicht zu bemerken erweckt den Eindruck, dass niemand den SZ-Kommentar inhaltlich Korrektur gelesen hat.

So endet der Kommentar ohne jedwede Erklärung, was denn diese Signale sein sollen und warum sie ernst zu nehmen wären.

Also, lieber TilRq, unter einem „sehr schöne[n] Kommenar“ stelle ich mir, ehrlich gesagt, etwas anderes vor. Wenigstens logische Konsistenz hätte ich erwartet.

Auch erschließt sich mir nicht, warum die drei Wahlen in ostdeutschen Bundesländern ein bundesweites Fanal sein sollen.

Grundsätzlich sieht die Lage so aus: In Thüringen, Sachsen und Brandenburg leben sieben der insgesamt 63 Millionen Wahlberechtigte der Republik. Diese sieben Millionen Wähler spielen mit ihren Präferenzen für rechte und linke Autoritäre für den Ausgang der Bundestagswahlen im nächsten Jahr nicht die entscheidende Rolle.

Meine Lehre lautet: Man soll sich künftig an jene Wähler halten, die grundsätzlich einem rationalen Diskurs zugänglich sind.

Ich kann das ehrlich gesagt nicht mehr hören. Weil es nur die erste Warum-Frage abdeckt.
„Warum mögt Ihr die Grünen nicht?“ „Weil sie uns vorschreiben wollen, wie wir zu leben haben.“
Zum einen ist Politik ja da um Regeln aufzustellen. Und Regeln müssen sich verändernden Umständen angepasst werden. Zum anderen wollen genau diese Menschen anderen Menschen vorschreiben, wie diese zu leben haben. Z.B. Frauen oder Homosexuellen.
Und wir leben immernoch in einer Gesellschaft, in der auf einer persönlichen Ebene extrem viel Unvernunft erlaubt ist. Es wird sogar mehr. S. Cannabis-Legalisierung. Also ist die Aussage „Weil die uns vorschreiben wollen, wie wir zu leben haben.“ als Begründung progressive Parteien nicht zu wählen Bullshit und deshalb sollte man sie diesen Menschen als Ausrede nicht durchgehen lassen und schon gar nicht immer wieder auf dem Silbertablett servieren.
Zweite Warum-Frage: „Und warum mögt Ihr die Grünen noch nicht?“ „Weil Klimaschutz weniger Konsum bedeutet und da haben wir keinen Bock drauf.“

Was für mich hingegen immer klarer wird ist ein Mangel an Werten. Ich kann es nicht besser ausdrücken.
Wenn wir von verfassungsfeindlichen Bestrebungen bei Organisationen reden, ist es das eine.
Mich lassen diese Ergebnisse aber schwer daran zweifeln, ob die Werte, die im Grundgesetz letztendlich zumindest zwischen den Zeilen zu finden sind, in Deutschland in schwierigen Zeiten tatsächlich noch von einer Mehrheit getragen werden. Und ich frage mich, was ich mit dieser Erkenntnis anfangen soll.

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Für mich leitet sich aus dem Ergebnis nur ab, das Themen des Bundeslandes nur noch marignal an der Wahlentscheidung beteiligt sind. Das sind alles nur Bundesthemen, die hier den Ausschlag gegeben haben. Bundesthemen, die z.B. im Land Brandenburg völlig irrelevant sind.

Geflüchtete/Asylanträge nach Bundesland
2024

2022/2023

In der Fläche von Brandenburg ist es vermutlich wahrscheinlicher einen Wolf anzutreffen als einen Menschen der Asyl beantragt hat.

Edit: Das Thema Klimakrise war keines in Brandenburg. Dabei ist das Land das am stärksten betroffene Bundesland von Dürre, Fluten etc. Wieso nicht? Weil das Thema überall weg von der Agenda ist und darüber ein Klassenkampf geführt wird.

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Die Menschen wollen vielleicht Fortschritt „haben“, beim sehen wird es für viele doch schon wieder problematisch.

  • Spielplatz in der Nähe vom Häuschen? Macht zu viel Lärm!
  • Windräder in 5km Entfernung? Infraschall macht krank, Grundstückswert sinkt, denk doch mal einer an die vielen Tiere die da sterben!
  • Glasfaser verlegen lassen? Mein Internet ist schnell genug, brauch ich nicht!
  • Moderner Mobilfunk? 5G macht krank!
  • Sozialer Wohnungsbau? Wichtiges Thema, aber bitte irgendwo anders
  • Moderne (Bahn-)Infrastruktur? Gerne, aber dafür bitte hier keinen Wald umholzen, kein bestehens Land umgraben und generell hier nichts ändern.

Die Liste wird sich endlos mit Nimby-tum fortsetzen lassen. Und da wir uns darauf geeinigt haben selbst den letzten Bedenkenträger und jeder noch so irrsinnige Partikulärmeinung zu berücksichtigen, passiert einfach nichts mehr.

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Ich gebe dir Recht, dass wir zu viel Wert auf Irrationale Gedankenwelten legen. Was aber stimmt ist, dass zu allererst mal dringend sozial-politische Konzepte erarbeitet und umgesetzt werden müssen. Es ist seit Jahrzehnten so, dass große Krisen oder Transformationen immer zu Lasten der unteren und unteren mittleren Einkommen durchgezogen werden. Die oberen sind dagegen meist sogar Gewinner und gehen noch reicher daraus hervor. Natürlich ist die Skepsis in großen Teilen der Bevölkerung groß und wie diese Regierung bewiesen hat, auch zu Recht. Denn angeblich sozialer war noch schon lange keine Regierung mehr und trotzdem ist eigentlich viel zu wenig passiert. Und das jetzt auf die FDP allein zu schieben ist falsch, denn es gehören auch 2 dazu, die nicht mal versucht haben zu kämpfen oder es offensiver adressierten. Das betrifft natürlich ehr weniger Menschen und Familien mit 80.000€ und mehr Jahreseinkommen.