Komplexität, Kompliziertheit, Chaos und die Bedeutung für die Pandemie-Bekämpfung

Hi

Im CYNEFIN Framework von D. Snowden ist der Unterschied Komplexität, Kompliziertheit und Chaos sehr schön beschrieben. Taiwan (2012) und Kanada (2020) nutzen in der Pandemie übrigens dieses Framework als Basis für die Pandemiebekämpfung. Die EU hat es seit Februar 2022 für ihr Krisenmanagement adaptiert. JRC Publications Repository.

Eine Pandemie ist für uns überwiegend komplex. In Komplexität gibt es ex ante keinen cause & effect bzw. Ursachenwirkungszusammenhang, höchstens ex post – dann ist es aber zu spät.

Disziplinäre und interdisziplinäre Experten gibt es nur komplizierten Bereich, die gehen SENSE – ANALYZE – RESPONSE vor. Das geht aber nicht im komplexen Bereich. Nach CYNEFIN sollte in einer Komplexität divers & transdisziplinär (Theoretiker & Praktiker aus verschiedenen Disziplinen) zusammengearbeitet und mittels PROBE – SENSE – RESPONSE vorgegangen werden.

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Das CYNEFIN Modell erklärt damit auch, warum einzelne Wissenschaftler (auch der vernünftige und von mir geschätzte Prof. Drosten) alleine kein probates Mittel gegen eine Pandemie finden. Alle wissenschaftliche Forschung spielt sich maximal in einem komplizierten Bereich ab.

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Das Framework ist bekannt und hat sicherlich auch Relevantes zu sagen.
Die Pandemie ist aber viel einfacher. Sie ist mit Hilfe mathematischer Modelle sehr gut abbildbar und die wirksamen Maßnahmen sind bekannt. Die Politik übt sich nur in Realitätsverweigerung und weigert sich, sie konsequent abzuwenden.

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Oder noch präziser: die Komplexität liegt überwiegend in

  1. unseren politischen Entscheidungsstrukturen, die optimiert sind für Interessenausgleich und Kompromisse statt für klare Sachentscheidungen und entschiedenes Handeln und
  2. unseren zersplitterten Zuständigkeiten für die Umsetzung.

Hallo!
Also, nur bei Bakterien ist die das „Mathematische Modell“ exponentiell. Die mathematische Grundlagenfunktion einer Virus Pandemie ist hyperbolisch, also superexponentiell. Das macht sie so gefährlich. Die Pandemie ist ein „Complex Adaptive System (CAS)“

Das Modell ist damit maximal in Szenarien simulierbar. Aber nicht berechenbar.

Gleiches gilt für das Verhalten und die Kontakte der Menschen. Das ist nicht klassisch beherrschbar / vorhersehbar / zu managen, da ex ante kein direkter Ursachenwirkungszusammenhang erkennbar ist.

Lediglich die Constraints können dann gemanagt werden, in dem mit „Versuchen & Probieren“ als Trial & Error vorgegangen wird. PROBE SENSE ACT.

Hallo,
mit Deinen Kommentaren, die ich ingesamt für klug und überlegt halte, stimme ich sonst nahezug immer zu 100 % überein. Her finde ich jedoch, dass die Entscheidungstrukturen und die Zuständigkeiten zu kompliziert, aber nicht komplex sind. Bei den Entscheidungsprozessen durch die Menschen hast du sicherlich Recht. Das kann komplex werden Gleiches gilt für deine Kritikpunkte „politischen Entscheidungsstrukturen“ und „zersplitterte Zuständigkeiten“. Ich stimme Dir da uneingeschränkt zu.

Hm, also die oberen mathematischen Ausführungen kann ich nicht beurteilen, aber ich würde jetzt trotzdem glauben, dass die Funktion immer noch streng deterministisch bleibt. Damit wären wir im komplizierten, nicht im komplexen Bereich.

Du hast aber Recht, was die Wirkung von Maßnahmen und die resultierende Reduktion der Kontakthäufigkeit und Infektionsgefahr betrifft, die ist wirklich ex ante unklar. Daher werden die Szenarien ja auch typischerweise über die Kontakkthäufigkeit definiert: wir können sie zwar beeinflussen, aber wie stark wir das tun werden, wissen wir vorher nicht.

Zuständigkeiten sind sicherlich immer nur kompliziert, nicht selber komplex. Komplex ist erst das Verhalten, das durch die komplizierten Zuständigkeiten leider nicht einfacher zu verstehen ist …

Ansonsten: vielen Dank für die freundlichen Worte!

Hallo
mit dem Determinismus bin ich mir selbst nicht zu 100 % sicher. Der Mathe Leistungskurs und die Vorlesungen im Operations Research sind unendlich lange her. Ich roste ein…

Ich denke, es könnten stochastische Prozesse mit hyperbolisch abfallenden theoretischen Autokorrelationen oder rekursiven Korrelationen sein. Die Ergebnisse im Output y(t) = f(t) können ja wiederrum Auswirkungen auf den Input haben. Die Wahrscheinlichkeiten düften unterschiedlich sein. Je nach Land und Maßnahmen und Verhalten und Gesundheitszustand und Alter und Impfstatus und vor allem Zeitablauf … und…und…und dann laufen ja auch die Entwicklungen sehr unterschiedlich. Dann wäre es komplex.
Hier die Wachstumstypen:
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Ok, ich meinte erstmal nur die Wachstumsrate, die ist determiniert nur die Inzidenz und R zu jedem Zeitpunkt t, das ist auch nicht stochastisch, da gibt es keine Zufallsvariable.

Wenn Du natürlich modellieren willst, wie sich die Inzidenz und R räumlich verteilen und entwickeln, bist Du in einem Modell, das wahrscheinlich durch die vielen Variablen und Gleichungen komplex wird und wo wir um Stochastik nicht herum kommen…

Edit: Stochastik

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