Klimaschutz in China

Ich beschäftige mich gerade ein wenig mit Chinas Beitrag zum Klimaschutz. Das Thema wäre ggf. grundsätzlich was für die Lage, aber vielleicht kann man mir hier eine Sache erklären, die sich mir nicht erschließt:
Laut Chinas Klimapolitik | China | bpb.de und anderen Quellen gilt:

2020 legte China eine nachgebesserte Fassung der 2015 angekündigten Klimaziele vor. Zum ersten Mal wird nun ein Zeitrahmen für die angestrebte Klimaneutralität genannt. In dem im Herbst 2020 vom Staatsrat veröffentlichten „White Paper on Climate Change“ werden die folgenden Zielmarken gesetzt:

  1. Erreichen des Höchststands von CO2-Emissionen vor 2030 und Erreichen der CO2-Neutralität vor 2060
  2. Senkung der CO2-Emissionen um 65 % bis 2030 im Vergleich zu 2005
    (…)

Wie kann Zielmarke 1 und 2 gleichzeitig gelten? Wie kann China, sagen wir 2027, seinen Emissions-Peak erreichen und 2030 dann gegenüber 2005 um 65% reduziert haben?

2005 emittierten sie 5,88 Mrd. Tonnen. -65% wären dann in 2030 erlaubt: 2,058 Mrd. Tonnen.
2021 waren sie, prä-peak, bei über 11 Mrd. Tonnen. Das heißt, man meint, derzeit die Emissionen noch steigern zu können/müssen, sie aber in weniger als 7 Jahren um 80% reduzieren zu können?

(Quelle: United States: CO2 Country Profile - Our World in Data)

Verstehe ich da was grundsätzlich falsch, oder versucht es China mit Doppeldenk und verfolgt daher zwei sich gegenseitig ausschließende Ziele?

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Kommt ein bisschen darauf an wie sie planen und rechnen.

Bei der Stromversorgung z.B. dass sie mehrere Projekte im AKW- Bau und/oder Großprojekte EE zeitnah zueinander ans Netz bringen und dann nahezu alle Kohlekraftwerke gleichzeitig abschalten können.

Man darf ja nicht vergessen dass das in China anders möglich ist als im Westen wo noch irgendjemand klagen kann, weil ihm garantierter Gewinn entgeht.

Das Problem ist, dass die von Dir angegebene bpb-Quelle bei Ziel 2 einen kleinen Fehler macht: Es wird die Reduktion der CO2-Emissionen pro Einheit BIP um 65% bis 2030 im Vergleich zu 2005 angestrebt. Siehe auch hier..

Von 2005 bis 2023 ist das BIP Chinas um den Faktor 8 gewachsen. Nimmt man an, dass das BIP in den kommenden Jahren mit durchschnittlich 3% wächst, dann wird es zwischen 2005 bis 2030 um den Faktor 10 gewachsen sein. Rechnet man unter dieser Annahme die „Einsparziele“, so kommt man auf

5,88 Mrd. Tonnen * 10 *(1-65%) = 20,58 Mrd. Tonnen

Erlebt China in den kommenden 7 Jahren Stagnation, so dürften sie 2030 ca.

5,88 Mrd. Tonnen * 8 *(1-65%) = 16,46 Mrd. Tonnen

emittieren.

China hat also seine Emissionsziele bis 2030 (minus 65% CO2 pro Einheit BIP) bereits erreicht. Mit derzeit 11-12 Milliarden Tonnen CO2 lässt der Plan Chinas noch Steigerungen der Emissionen um den Faktor 1,5 zu.

Man kann das auf zwei Arten interpretieren. Entweder rechnet man damit, dass China die Emissionen noch weiter steigert und das dicke CO2-Ende noch kommt. Oder man sagt, dass China seine selbstgesteckten Ziele schon erreicht hat und nun sehr viel ambitionierter vorgehen könnte und den CO2-Peak schon 2023 oder 2024 erreichen kann.

Die Hälfte der chinesischen Jahresemissionen entstehen durch 5.000 TWh Kohlestrom und hiervon könnte wohl die Hälfte bis 2030 durch Solar- und Windenergie weggeschnupft werden.

Ca. 2 Milliarden Tonnen entstehen durch Ölverbrennung und das wird wohl auch durch E-Autos konsequent wegfallen.

China produziert zudem jährlich 800 Mio. Tonnen Stahl, was zu 1,5 Milliarden Tonnen CO2 führt. Hier ist weniger klar, ob das reduziert werden kann, aber ich denke, dass dort internationaler Druck entstehen wird (USA verlagern durch den Inflation Reduction Act mehr Produktion ins Inland, die EU bepreist CO2-aufwändige Stahlimporte, etc.).

Also kurz gesagt: China hat sich durch die Kopplung an das BIP sehr softe Emissionsreduktionsziele gesetzt und diese bereits heute erreicht.

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Ich kann noch ein paar Einblicke in Industrie und der Steuerung durch die Partei beitragen. Wobei ich seit Corona nicht mehr dort war. Kenne 10 bis 15 Fabriken und betreue mehrere schon über viele Jahre. Ich rein chin. Betrieben läuft es ähnlich wie in DE. Energieeinsparungen werden umgesetzt, wenn es sich schnell genug amortisiert. Wenn staatl. Druck kommt geht es 10 mal schneller als bei uns. Konzernbetriebe mit Mutter in DE sind oft viel agiler als das Mutterhaus. Trotzdem die Stromkosten nur 50% derer in DE sind, geht oft viel mehr, noch dazu wirtschaftlich. IT mäßig sind die auch viel innovativer unterwegs.
Um seine Einsparziele umzusetzen beauftragt der Staat Institute um die Standards zu entwickeln, gerne mit deutschen Partnern. In der „Wirtschaftswelt“ gibt es Konferenzen oder Preisausschreiben wie bei uns.
Kürzlich wurde bei jung und naiv berichtet, dass die klügsten Absolventen von der Regierung rekrutiert werden.
Aus meiner Sicht ist China das einzige Land auf der Welt, bei dem man sich um das Erreichen von Klimazielen keine Sorgen machen muss.

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China schickt großes Elektro-Containerschiff los:
https://efahrer.chip.de/news/groesstes-elektrisches-containerschiff-sticht-in-see-laden-muss-es-nicht_1014321?fbclid=PAAaaNZaJN9IDnDYR-sew-2pfj1WLVo5tl6OQ7ueS3UXnPja8EloLeMYkDkhg