Klankriminalität

Wie kann juristisch wirksam gegen Klankriminalität vorgegangen werden? Ausgangspunkt für den Vorschlag sind die vermeintlich milden Urteile gegen den Remmo Klan im Zusammenhang mit dem Diebstahl im Grünen Gewölbe. Welchen Zweck hat da die Strafe? Sollte mann dorst mehr bei Bildungs Integrations Steuerpolitik ansetzen. Welche neuen Strafgesetze können hilfreich sein? etc.

Danke.

https://www.tagesschau.de/inland/urteil-gruenes-gewoelbe-100.html

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Sind sie denn mild?

Mehrjährige Haftstrafen sind kaum „milde Urteile“. Die verhängten Strafen scheinen im Hinblick auf die vorgeworfenen Taten im normalen Bereich zu liegen.

Es braucht keine neuen Strafgesetze - die würden hier auch nicht helfen. Und nein, selbst die Todesstrafe schreckt nicht ab, zumal die selbst in den USA nicht für solche Taten, wie sie dem Remmo-Clan vorgeworfen werden, verhängt würde.

Wie gegen jede andere Kriminalität auch. Was es wirklich braucht, sind keine neuen Strafgesetze, sondern Transparenzgesetze im Hinblick auf Eigentumsverhältnisse insbesondere von Grundstücken. Hier liegt das eigentliche Problem, dass in Deutschland niemand wirklich weiß, wer welches Grundstück besitzt, weil jede Briefkastenfirma Grundstücke besitzen kann und sich Rechtsanwälte und Vermögensverwalter für die Eigentümer im Grundbuch eintragen lassen dürfen.

Wenn man durch eine transparentere Gestaltung hier die Möglichkeit, größere Geldsummen unerkannt verwalten zu können, reduzieren würde, würden viele Bereiche der organisierten Kriminalität darunter erheblich leiden, das betrifft sowohl Clankriminalität als auch Rockerbanden oder sonstige organisierte Kriminalität im Sinne diverser Mafia-Organisationen.

Hätten wir von Anfang an diese Menschen richtig integriert, statt sie über Jahrzehnte zwar zu dulden, sie aber nicht auf den Arbeitsmarkt zu lassen, hätten wir jetzt diese Probleme gar nicht. Clankriminalität ist genau so wie soziale Brennpunkte eines dieser Probleme, die wir selbst durch politische Fehler in der Vergangenheit erzeugt haben. Daher: Ja, wir sollten vor allem daraus lernen, welche gesellschaftlichen Voraussetzungen zur Entstehung von Clans alá Miri und Remmo geführt haben.

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Die glorreiche Verhinderungspolitik der Konservativen in ihrer Doppelwirkung! Heimlich scheinen sie das gewaschene Geld gerne ins Land locken zu wollen - sind ja auch Investoren.

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Naja, es ist nun nicht so, dass es keine deutschen oder europäischen Clan-Kriminellen gibt, die auch Arbeiten dürften. Vielleicht gibt es hier jemand mit besserer Kenntnis in diesem Bereich als ich sie habe. Aber das vermeintlich „leichte“ Geld vs. regelmäßige Erwerbstätigkeit mit verhältnismäßig geringen Einkommen spielen meiner Meinung nach auch eine Rolle. Und die Verknüpfung der fehlenden Arbeitserlaubnis = kriminelle Aktivitäten, ist mir in einem Sozialstaat, in dem Niemand hunger oder unter Obdachlosigkeit leiden sollte, auch nicht schlüssig.

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Zumindest unbefriedigend. Sie haben ein paar Klunkern zurückgegeben und bekommen dafür erheblichen Strafnachlass. Wichtige Stücke aus dem Raubzug fehlen nach wie vor. Und da die Diebe relativ schnell gemerkt haben dürften, dass diese unverkäuflich sind, muss man befürchten, dass sie eingeschmolzen und zum Schrottwert verkauft wurden. Ohne vollständige Rückgabe des Diebesgut verstehe ich das Strafmaß nicht.

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Vielleicht nennen wir mal die konkreten Zahlen. Die Täter wurden verurteilt zu:

  1. 6 Jahren und 3 Monate (Haupttäter, StGB)
  2. 5 Jahre und 10 Monate (Haupttäter, StGB)
  3. 6 Jahre und 2 Monate (Haupttäter, StGB)
  4. 4 Jahre und 4 Monate (Haupttäter, JGG)
  5. 6 Jahre (Mittäter, JGG, unter Einbeziehung einer Vorstrafe)

Das sind erst mal recht erhebliche Straflängen, vor allem, da alle Täter in ihren 20ern sind.

Theoretisch wäre ein Strafrahmen von 5 bis 15 Jahren möglich gewesen, weil die schwerste Tat das Anzünden des Fluchtautos in einer Tiefgarage unter einem Wohnhaus war, was als besonders schwerer Fall der Brandstiftung mit Verdeckungsabsicht bewertet wurde (dh. Strafrahmen 5 bis 15 Jahre nach § 306b Abs. 2 StGB). Allerdings ist dieser hohe Strafrahmen vor allem durch die hohe Gefährlichkeit dieser Tat zu begründen und fasst damit vor allem Fälle ab, in denen gezielt Wohnhäuser angezündet werden. Es macht schon Sinn, diese konkrete Tat eher im unteren Bereich des Strafrahmens anzusiedeln (vielleicht 7-8 Jahre, in Verbindung mit den anderen Taten wären bis zu 10 Jahre argumentativ vertretbar gewesen, aber keinesfalls zwingend).

Dass es stattdessen auf 5-6,5 Jahre hinausgelaufen ist, liegt eben daran, dass ein Deal geschlossen wurde. Der Staat hat sich hier entschieden, einen Strafnachlass zu gewähren und im Gegenzug Schmuck im Wert von einigen Dutzend Millionen Euro zurück zu bekommen. Ob dieser Deal gut ist, darüber kann man natürlich streiten. Aber er erscheint in jedem Fall vertretbar und wäre auch in jeder anderen Fallkonstellation geschlossen worden, hat daher nichts mit dem Thema „Clankriminalität“ zu tun.

Strafe hat den Zweck der Strafe. Punkt. Das ist mit mehrjährigen Haftstrafen geschehen.

Klankriminalität verhindert man ja nicht durch Abschreckung bei harten Strafen (Surprise das funktioniert NIE). Sinnvoll wäre doch mal sowas wie: Strukturen zerschlagen und den Menschen tatsächliche Alternativen (Stichwort: Integration und Ausländerrecht) bieten.

Für die Einordnung des Strafmaßes bietet sich folgender Referenzfall an: 6 beliebige Personen brechen gemeinsam in ein beliebiges Juweliergeschäft ein und räumen es aus. Welches Strafmaß ist hier angebracht, selbst wenn nur ein Teil des Diebesguts zurückgegeben wird? Die paar Jahren sehen plausibel aus in Abgrenzung zu Raub oder anderen Gewalttaten. (Dazu kommt dann noch die Sabotage von kritischer Infrastruktur sowie das angezündete Fluchtauto.)

Ich denke, das unbefriedigte Gefühl kommt insbesondere daher, weil es sich beim Diebesgut um Kulturgüter handelt. Eine Anpassung des Strafmaßes sollte dementsprechend wenn überhaupt als gezieltes Spezialrecht nur für Kulturgüter geschaffen werden. Beispielsweise könnte auf die Entwendung von besonders wertvollen Kulturgütern aus öffentlichem Eigentum pauschal eine lebenslängliche Freiheitsstrafe ohne Chance auf Bewährung stehen. Bei vollständiger Rückgabe des Diebesguts (oder ggf. bei Kooperation um die Hehler und andere Beteiligte dingfest zu machen) kann diese Strafe auf ein milderes Strafmaß reduziert werden. Dann hätten Diebe in Zukunft die Wahl, entweder lebenslänglich ohne Bewährung zu riskieren oder „nur“ Juweliere zu bestehlen.

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Tatsächlich gibt es schon Sondervorschriften, die die Zerstörung von wichtigen Kulturgütern bestrafen - das Problem ist halt, dass die Strafrahmen hier eher an die schwere Sachbeschädigung angelehnt sind und deshalb bei Fällen wie dem des „Grünen Gewölbes“ quasi in ihrer Bedeutung untergehen („bis zu 3 Jahren“).

Siehe §§ 18 und 83 KGSG und § 304 StGB.

Auch im Hinblick auf den Diebstahl gilt bei Kunstschätzen schon eine strafverschärfung im Sinne des § 243 Abs. 1 Nr. 5 StGB („eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist“). Hier liegt der Strafrahmen immerhin schon bei bis zu 10 Jahren.

Ob mehr bis hin zur lebenslangen Strafe angemessen ist, hängt natürlich davon ab, wie man wertvolle kulturhistorische Kunstschätze im Vergleich zu Menschenleben bewertet. Aktuell gibt es in der deutschen Rechtsordnung lebenslänglich für Tötungsdelikte (und Hochverrat/Landesverrat, wenn es dadurch zu existenziellen Bedrohungen für den Staat kommt…). Ob man Kunstschätze in diese Reihe aufnehmen sollte ist zumindest fragwürdig, auch wenn ich es im Hinblick auf die Bedeutung von Kunst und Kultur nicht ganz ausschließen würde.

Zu diesem Thema habe ich eine interessante Meinung gelesen:

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Ich hänge mich nur ungern an Technikalitäten auf, aber so, wie der Autor des Artikels über strafrechtliche Sachverhalte schreibt (und dabei gleichzeitig Juristen verteufelt) wird sehr deutlich, dass ihm jede Kompetenz dafür fehlt, die Strafzumessungsgrundsätze korrekt zu beurteilen.

Stadler wurde letztlich nur ein Vergehen vorgeworfen, nicht, wie der Autor im letzten Absatz schreibt, ein Verbrechen. Ich gehe aber in Anbetracht der anderen Ausführungen fast davon aus, dass ihm der Unterschied nicht bewusst ist.

Selbstverständlich hat sich Stadlers Geständnis positiv auf das Strafmaß ausgewirkt, ebenso wie Stadlers Bereitschaft, seine Einblicke in den ganzen Komplex zu teilen. Das ist einfach normal. Und bei einer nicht vorbestraften Person, die eine positive Sozialprognose hat (dh. weitere Straftaten werden nicht erwartet) und der nur Vergehen zur Last gelegt werden ist es eben eher die Ausnahme, dass es zu einer Haftstrafe über 2 Jahren (und damit Ausschluss der Bewährung) kommt.

Dazu mal ein Zitat aus dem Wikipedia-Artikel zum Autor des Artikels:

In diesem Kontext ist seine Position im Hinblick auf den Remmo-Clan bzw. „Clan-Kriminalität“ wohl auch zumindest als ausgesprochen Biased anzusehen.