Kind kreuzt bei Grün die Fußgängerampel und wird von Auto überfahren, aber keine Gerichtsverhandlung zu dem Vorfall. Es ergeben sich Fragen

Und hätte er diese Vorfahrt vorsätzlich oder fahrlässig missachtet wäre es ja zum Prozess gekommen!

Die Einschätzung ist aber ja, dass weder Fahrlässigkeit noch Vorsatz vorlagen. In so vielen Bereichen sagen wir man sollte auch den Experten Glauben schenken, aber hier wissen es plötzlich alle besser als die Experten die die Frage ob eine realistische Chance einer Verurteilung negativ einschätzen.

Sehe ich genauso. Und eine Begründung kann ich hier, aus den Aussagen der Staatsanwaltschaft, leider gar nicht sehen. Ich kann die Begründung, dass der Unfallfahrer das Kind nicht sehen konnte, genau wie @BK2 nicht finden.

Weiß jemand, ob es normal ist, dass Klagen quasi ohne nähere Begründung abgewiesen werden? Noch dazu, wenn es sich scheinbar so klar um einen Fall von Vorfahrt-Verstoß handelt?

1 „Gefällt mir“

Und genau das ist der Punkt, den ich bei dem Ganzen nicht verstehe. Es geht ja nicht um ein Kind, das plötzlich und unerwartet auf eine Straße läuft. Die Situation ist klar definiert: Querende Fußgänger haben Vorrang vor abbiegenden Autos. Also ist der Autofahrer in der Pflicht, sich vor dem Abbiegen zu vergewissern, dass er niemandem die Vorfahrt nimmt. Das hat der Fahrer in diesem Fall offensichtlich nicht getan - mit fatalen Folgen. Wie kann das - rein juristisch betrachtet - nicht schuldhaft sein?

Diese Interpretation setzt ja voraus, dass der Fahrer alles in seiner Macht stehende getan hat, um auf Fußgänger zu achten, die Vorrang hatten, sie aber dennoch einfach nicht sehen konnte - aber was für ein Grund soll das gewesen sein? Eine gleichzeitige Reflexion in Winschutzscheibe und Seitenscheibe? Oder etwa doch die Bauart des Autos (darauf hebt ja wohl Katja Diehl ab). Aber dann müsste es ja erst Recht einen Prozess geben und dieser Typ Auto (und ähnliche) müssten sofort ihre Zulassung verlieren.

Ich selber erlebe es leider immer wieder, dass Autofahrer diese Abbiege-Regel entweder nicht zu kennen scheinen oder sie schlicht ignorieren, nach dem Motto „Das ist ne Straße, die sind für Autos da. Ich fahr Auto und du nicht, also hab ich automatisch Vorfahrt“. Zwei Mal musste ich dabei schon buchstäblich einen Sprung nach hinten machen, um nicht angefahren zu werden.
Ehrlich gesagt fehlt mir - vermutlich auch aufgrund dieser Erfahrungen - das Mitleid für den Autofahrer, erst Recht wenn ich daran denke, wie es den Eltern des Kindes gehen muss.

5 „Gefällt mir“

Du kennst den Fall scheinbar im Detail. Ich wäre daher um diese Details die man in den Artikeln nicht findet dankbar.

Ich habe ein mögliches Szenario skizziert. Warum ist es ausgeschlossen, dass sowas in der Art passiert ist.

Aber genau das kann hier ja nicht der Fall gewesen sein, da er ja bereits die Mutter des Kindes passieren hat lassen.

Und ja, diese denkweise gibt es noch so oft, dass klar ist, dass immer wieder Unfälle beim Abbiegen passieren solange das so ist. Aber diese Erfahrung sollte man ja nicht automatisch auf diesen Fall, bei dem ja offensichtlich Fußgänger vor dem Auto passiert haben übertragen und weil viele Autofahrer sich nicht an Regeln halten müssen alle Autofahrer schuldig sein.

1 „Gefällt mir“

Da gehe ich voll mit. Ich muss auch regelmäßig zur Seite springen, obwohl meine Ampel grün ist und abbiegende Autos aber nicht in angemessener Geschwindigkeit abbiegen. Und wenn die Einsicht durch das Auto oder die Verkehrslage nicht 100% sicher ist, dann ist diese Geschwindigkeit eben Schritt und nichts anderes. Solche Urteile befeuern nur, dass Autofahrer einen besonderen Schutz haben. Hier ist ein Kind trotz Vorfahrt tot und daran ist natürlich der Autofahrer schuld. Er fährt die Waffe und konnte offensichtlich diese nicht bedienen.

Und wen ich hier lese, dass ja 3 jährige nie allein laufen, kommt mal bitte in der Realität an. Die Mutter war ja nicht 3km weg und selbstverständlich laufen 3 jährige auch mal ein paar Meter vor oder sowas. Die sind doch nicht an der Leine. In der Fahrschule lernt man sowas, wenn man das nicht beachtet sollte man kein Auto mehr fahren.

7 „Gefällt mir“

Also auf der Straße selbst (edit: damit ist natürlich das Überqueren gemeint) lasse ich noch nicht mal meine 5-Jährige verzögert hinter mir losfahren. Auf Gehwegen etc. natürlich schon.

Und es behauptet hier doch niemand, dass man als Autofahrer grundsätzlich nicht schauen muss. Was ich und andere hier ansprechen ist ja nur, dass es eben ein Restrisiko gibt bei dem selbst bei Umsichtiger Fahrt eine Situation entstehen kann in der man diese Gefahr nicht sehen kann.

Und scheinbar sieht das ja Gutachter und Staatsanwalt auch so. Es scheint also keineswegs so eindeutig zu sein wie hier gerne dargestellt.

Vielleicht zur Verdeutlichung, noch mal der Vergleich zum LKW-Unfall, den ich oben (Link) verlinkt hatte:

  • LKW fährt an Kreuzung um rechts abzubiegen
  • LKW-Fahrer sieht im Rückspiegel 2 Radfahrer, die rechts neben ihm geradeaus über die Kreuzung wollen
  • LKW-Fahrer schaut nicht mehr in Rückspiegel
  • ein dritter Radfahrer kommt, der auch rechts am LKW geradeaus will
  • Ampel wird grün
  • der LKW-Fahrer lässt 2 Radfahrer passieren, der dritte Radfahrer fährt noch nicht los
  • Der LKW will jetzt abbiegen als gerade der 3. Radfahrer losfährt und erfasst diesen
  • Konsequenz: Der LKW-Fahrer wird wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, weil er nicht mehr in den Rückspiegel geschaut hatte um den 3. Radfahrer zu sehen

Das ist auch alles nachvollziehbar. Und im Grunde ist es die gleiche Situation wie hier. Sowohl PKW- als auch LKW- Fahrer übersehen jeweils einen anderen Verkehrsteilnehmer.
Warum wird der LKW-Fahrer verurteilt aber gegen den PKW-Fahrer wird nicht mal ein Verfahren eröffnet?

Ich finde dafür sollte es eine überzeugende Erklärung geben.

5 „Gefällt mir“

In dem Ausgangspost ist ein Artikel verlinkt, darin steht:

Es war der 22. März 2022, als eine Dreijährige auf ihrem Laufrad zusammen mit ihrer Mutter und einer weiteren Person auf dem Fußgängerweg in der Parcusstraße Richtung Kaiserstraße unterwegs war. Bei grüner Ampel überquerten alle drei die Bahnhofsstraße. In die wollte zur gleichen Zeit ein schwarzer SUV abbiegen.

Dass der Fahrer vor dem Abbiegen den kreuzenden Fußgängern Vorfahrt zu gewähren hat, ergibt sich aus der Straßenverkehrsordnung. In § 9 Absatz 3 heißt es zum Abbiegen:

Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen; wenn nötig, ist zu warten.

Ich denke auch nicht, dass es absoolut ausgeschlossen ist. Ich frage mich nur, wie so ein Szenario genau aussehen soll. Da der andere Fall (der Fahrer war schlicht nicht vorsichtig genug) aus meiner Sicht sehr viel wahrscheinlicher ist, wundere ich mich auch, dass dieses Szenario in den Berichten nicht zumindest ansatzweise beschrieben wird.

Ja, es gibt diese Unfälle immer wieder, aber die Frage ist ja warum.

Die StVO regelt sogar, dass Fahrer von Fahrzeugen mit einem Gewicht über 3,5 Tonnen beim Abbiegen innerorts nur Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen - das Problem scheint also auch dem Gesetzgeber bekannt zu sein.
Nun kann man natürlich sagen „das liegt halt am Auto, da kann der Fahrer nichts dafür“ - aber dann würde ich sagen, dass so ein Stadtpanzer für ein rücksichtsvolles Miteinander unterschiedlicher Verkehrsmittel im dichten Stadtverkehr halt ebenso ungeeignet ist wie LKW, für die ja nicht umsonst solche speziellen Regeln gelten.

2 „Gefällt mir“

Das ist ja klar. Und wenn diese besondere Rücksichtnahme nicht vorhanden war, dann wäre eine Anklage wegen Fahrlässiger Tötung folgerichtig. Diese gibt es nicht, weil laut Berichten eben nicht von Fahrlässigkeit, also fehlender Rücksichtnahme gesprochen werden kann. Es muss also einen Grund geben warum Gutachter und Staatsanwalt zu dieser Ansicht kommen. Und hier habe ich eben durchaus ein Vertrauen in den Experten. Wäre dieses Gutachten fragwürdig ginge ich davon aus, dass es auch noch ein Gegengutachten geben würde.

Das heißt der Gutachter hat keine Ahnung? Und alle inkl. möglicher Nebenklage verzichten einfach so auf ein Gegengutachten obwohl das Gutachten Mist ist?

Ich kann hier nur aus eigener Erfahrung sprechen und von allen Autos mit denen ich Gefahren bin war es nicht das Wohnmobil, nicht der SUV, nicht der Transporter sondern ein Opel Corsa in dem ich beim Abbiegen am schlechtesten sehen konnte wenn ich schräg stand.

1 „Gefällt mir“

Damit wir hier nicht interpretieren müssen hätte ich die auch gerne. Ich kann mir das wirklich nur so vorstellen, dass das Kind so spät losgefahren ist, und sich durchgehend Außerhalb des Sichtbereichs aufgehalten hat, dass der Gutachter davon ausgegangen ist, dass es eben keine Möglichkeit gab das Kind zu sehen. UND (!) dass der Gutachter der Auffassung ist, dass man nicht mit einem so kleinen Kind ohne Begleitung direkt am Kind auf einer Straße rechnen muss. (Diese Einschätzung würde ich sogar oder gerade weil ich Kinder in diesem Alter habe teilen).

Gerade die Tatsache, dass es ja beim Abbiegen sehr wohl Urteile gibt, die eine Schuld beim Abbiegenden sehen zeigt doch, dass es Unwahrscheinlich ist, dass alle hier einfach so ein Gutachten hinnehmen, falls dieses völlig falsche Annahmen zu Grunde legt.

1 „Gefällt mir“

Mein Vertrauen ist da ehrlich gesagt leider nicht so groß. Nochmal: Ich sage nicht, dass es ein solches Szenario (eines Unfalls trotz ausreichender Rücksichtsnahme) nicht geben kann, ich sage nur, dass ich es sehr unwahrscheinlich finde und daher gerne näheres zur Begründung der Staatsanwaltschaft lesen würde.

Woher weißt du das? Ich habe nur gelesen, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren letzte Woche eingestellt hat. Darüber, wie die Nebenklage darauf reagiert, stand in dem Artikel nichts. Und vor der Einstellung war die Motivation für ein Gegengutachten ja möglicherweise noch nicht gegeben.

Ich weiß was du meinst. Es gibt Situationen, in denen man selbst in einem Kleinwagen bescheiden sieht. Und auch ich habe in solchen Situationen als Autofahrer schon ein paar Mal Beinahe-Unfälle verursacht. Das heißt aber nicht, dass es die Schuld des Autos war. In den meisten Fällen wären solche Situationen durch mehr Konzentration und mehr Vorsicht meinerseits gar nicht erst entstanden. Und ich würde aus meiner seltenen eigenen Erfahrung sagen, dass ein SUV nicht zu dieser zusätzlichen Vorsicht beim Fahren einlädt, anders als etwa ein Transporter, den ich ab und zu mal miete und von dem ich dann weiß, dass er viel länger, breiter und ungelenker ist als das, was ich sonst fahre.

2 „Gefällt mir“

Das mag durchaus sein, aber diese Einschätzung würde ich kritisieren. Es geht hierbei ja nicht um die Frage, was wir als vernünftiges Verhalten ansehen, sondern wer im rechtlichen Sinne schuldhaft gehandelt hat. Um auf das LKW-Beispiel von @Matder zurückzukommen: Hier hätte ja auch ein Gutachter sagen können „als Radfahrer hält man doch an, wenn ein LWK abbiegt, wenn man nicht lebensmüde ist“ - und tatsächlich halte ich als Radfahrer bei abbiegenden LKW grundsätzlich immer an, egal wie hell meine grüne Ampel leuchtet - einfach weil kein Blickkontakt möglich ist und die Folgen im Falle einer Kollision fatal wären. Da wäre ich also in Deiner Situation. Dennoch würde ich das als rechtliche Beurteilung absolut zurückweisen. Ich ärgere ich mich so schon jedes Mal darüber, dass die Situation so ist wie sie ist und ich eben nicht - wie es die StVO ja eigentlich vorsieht - als gleichberechtigter Verkehrsteilnehmer mit gegenseitiger Rücksichtnahme unterwegs sein kann.

1 „Gefällt mir“

Damit war das Gutachten aber ja zumindest für den Staatsanwalt plausibel. Denn der hätte ja sonst auch Interesse daran den Fall dennoch vor Gericht zu bringen wenn das Gutachten so fragwürdig ist, dass er Chancen für eine Verurteilung weiterhin sieht.

1 „Gefällt mir“

Gelöscht, da kein sinnvoller Debattenbeitrag

Du hast mir unterstellt, dass ich sage man müsse nicht schauen ob da ein Kind ist. Ich sage hier man müsse nicht annehmen, dass sich ein kleines Kind unbegleitet im toten Winkel befindet.

Davon ist auszugehen, wenn er danach das Verfahren eingestellt hat :wink: Das ändert aber nichts daran, dass wir weder wissen, was da drinstand, noch warum der StA das plausibel fand, noch ob und wie die Nebenklage darauf reagieren wird.

1 „Gefällt mir“

Dass es eine Rolle spielen soll, dass es ein kleines Kind war, verstehe ich noch immer nicht. Es gibt auch kleine Erwachsene. Die wären auch unbegleitet.

1 „Gefällt mir“

Die höhe eines Kindes mit 3 Jahren auf einem Laufrad ist unter einem Meter. Wenn das Kind direkt vor der Motorhaube läuft kann es bereits bei kleinen Fahrzeugen nicht gesehen werden. Kleine Erwachsene (unter einem Meter ist aber wirklich höchst selten) würden wohl bewusst nicht im Toten Winkel laufen.

Noch mal ein anderer Fall:

https://www.ra-kotz.de/verkehrsunfall-mit-einem-die-fahrbahn-bei-gruen-ueberquerenden-fussgaenger.htm

Das Gericht stellte fest, dass der Lkw-Fahrer, trotz der grünen Ampel, verpflichtet gewesen wäre, sich zu vergewissern, ob der Fußgängerüberweg frei ist. Diese Pflicht zur erhöhten Aufmerksamkeit ergab sich insbesondere aus der unzureichenden Einsehbarkeit des Bereichs.

Das ist im Wesentlichen auch meine Auffassung.

2 „Gefällt mir“

Meine ja durchaus auch. Deshalb gehe ich ja davon aus, dass dieser spezielle Fall eben sehr spezifische Ursachen hatte die eben in ihrer Kombination dazu führten dass im ersten Schritt das Gutachten ausfiel wie es eben ausfiel und im zweiten Schritt die Staatsanwaltschaft dieses Gutachten auch als Grundlage für die Einstellung des Verfahrens genommen haben.

Denn grundsätzlich teile ich ja eure Auffassung, dass man, wenn man ein Fahrzeug fährt welches eben spezifisch größere nicht einsehbare Bereiche hat, dies auch bei der Fahrt berücksichtigen muss. Das hieße z.B. auch weiter entfernt stehen zu bleiben. Aber vielleicht war das Kind ja auch außerhalb des markierten Überwegs unterwegs. Mir sind es einfach zu wenige Informationen um hier zu sagen der Gutachter hat unrecht und hat keine Ahnung oder hasst Kinder oder Fußgänger oder was auch immer und die Staatsanwaltschaft folgt dem dann auch noch obwohl das Gutachten Quatsch ist.