(Kaum) Recht am eigenen Bild?

Moin zusammen,

ich war bisher davon ausgegangen, dass man Leute privat und in der Öffentlichkeit grundsätzlich nur mit deren Einverständnis fotografieren darf. Klar gibt es Ausnahmen bei Veranstaltungen, Personen von öffentlichem Interesse etc. Aber wenn ich im Park chillen, hätte ich angenommen, dass man mich nicht einfach ohne mein Einverständnis fotografieren darf.

Nun scheint es so zu sein, dass mein Verständnis falsch war. Sofern die Aufnahme nicht, oder nur so veröffentlicht wird, dass ich nicht zu erkennen bin, ist das erlaubt. Zumindest ziehe ich diese Erkenntnis aus der Infomail, die ich gestern vom Kulturkosmos (die das Fusion Festival veranstalten) bekommen habe. Auf der Fusion wurden Menschen heimlich beim Duschen fotografiert und die haben das angezeigt. Das Verfahren wurde nun eingestellt, obwohl der Täter ermittelt wurde, weil wohl nicht gegen geltendes Recht verstoßen wurde.

Die Mail als Zitat:

#egal wo – Spanner abschalten!

Übt mit uns Druck aus und unterzeichnet unsere Petition unter:

innn.it

Heimliche Nacktaufnahmen sind in Deutschland nicht verboten und die Täter haben meistens nichts zu befürchten – ist zwar unglaublich scheiße aber wahr.

Wir als Kulturkosmos mussten es selbst erleben: Im Jahr 2019 wurden auf dem Fusion Festival heimlich Festivalteilnehmer:innen im Duschbereich mit einer versteckten Kamera gefilmt. Der Täter veröffentlichte die Aufnahmen später auf einer Pornoplattform. Als wir hiervon wenig später erfuhren, stellten wir sofort Strafanzeige. Es gelang sogar, den Täter zu ermitteln. Aber die Staatsanwaltschaft musste das Verfahren einstellen. Der Täter hatte nichts getan, das nach deutschem Recht strafbar wäre!
Weiblich gelesene Personen werden jährlich zu tausenden auf Toiletten, im Freibad oder beim Sonnen am See gegen ihren Willen fotografiert. Viele der Aufnahmen landen danach im Internet.

Es darf nicht ohne strafrechtliche Folgen bleiben, wenn meist weiblich gelesene Personen durch unbefugte Nacktaufnahmen für die sexuelle Befriedigung der Täter missbraucht werden!

Sowohl das heimliche Fotografieren als auch das Verbreiten der Aufnahmen muss konsequent verfolgt werden können! Die Strafbarkeitslücke schließen ist unsere Forderung!

“Geschützt” zu sein heißt für uns nicht, dass wir(!) uns in abgesperrte, gekennzeichnete Räume begeben müssen. Wir haben ein Recht an unserem Körper, egal wie wir uns kleiden und wo wir uns befinden. Alle Räume müssen rechtlich gleichermaßen „geschützt“ sein. Kein Raum darf den Tätern gehören!!

Unser Körper gehört uns, egal wo.

Dein Kulturkosmos

Ich würde mich über eine Diskussion dieses Themas freuen.

Dazu muss man sagen, dass der § 184k StGB im Juli 2020 neu eingeführt wurde.

Daraus:

Dieser Straftatbestand wurde explizit gegen das sogenannte Upskirting (also Filmen unter dem Rock) geschaffen, soll aber auch grundsätzlich heimliche Nacktaufnahmen in geschützten Bereichen (zu denen eine Dusche ebenso wie eine Toilette zählt) strafbar machen.

Das Problem ist: Es geht im vorliegenden Fall um eine Situation aus dem Jahr 2019, bevor dieses neue Gesetz in Kraft getreten ist. Nach dem Grundsatz nulla poena sine lege (keine Strafe ohne Gesetz), kann dieses Gesetz nicht auf vergangene Taten angewendet werden, ein Urteil nach § 184k StGB in einem Fall aus 2019 wäre ein eklatanter Verstoß gegen Art. 103 II GG (der in § 1 StGB auch nochmal niedergeschrieben ist).

Deshalb ist diese Sache so ausgegangen, wie sie ausgegangen ist. Der Gesetzgeber hat diese Strafbarkeitslücke aber in der Tat zwischenzeitlich geschlossen.

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Davon abgesehen war die Verbreitung (auf der Pornoplattform) sicherlich auch damals schon strafbar, aber da es sich dabei um Antragsdelikte handelt, hätten nur die abgebildeten Personen dagegen Strafantrag stellen können, wozu man diese natürlich erstmal hätte ermitteln müssen. Eine Strafanzeige der Festivalveranstalter genügt leider nicht. Hinzu kommt, dass die Einzelstrafe dafür recht gering ausfallen dürfte, so dass sich schon etliche Geschädigte hätten zusammentun müssen, damit da insgesamt eine Strafe bei herauskommt, die sich „lohnt“.

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Stimmt, letztlich liegt auch ein Verstoß gegen § 201a StGB („Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen“) vor, der nach § 205 StGB jedoch einen Strafantrag erfordert. Andererseits dürften hier auch ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung zu bejahen sein, da es um eine große Zahl von Fällen geht.

So gesehen ist das Verhalten der Staatsanwaltschaft hier schon fragwürdig. Gegen den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft kann hingegen tatsächlich nur der Geschädigte Beschwerde einlegen (§ 172 StPO).

Ist wirklich etwas dumm gelaufen.

Also erstmal müsste man klären, ob das Aufnehmen und Hochladen eine fortgesetzte Dauerhandlung ist (Tateinheit) oder jede einzelne Aufnahme eine eigene Strafbarkeit begründet (Tatmehrheit). Dazu müsste man mehr über den konkreten Fall wissen (wurde nur 1x eine Kamera installiert und die lief durch oder wurde häufiger eingegriffen; wurden die Uploads alle am Stück getätigt oder über mehrere Tage verteilt mit jeweils neuem Tatentschluss…).

Selbst wenn wir zu einer Tatmehrheit kommen würden, würde sich dies dennoch nicht maßgeblich auf die Strafe auswirken. Es gäbe halt eine Verurteilung zur Gesamtstrafe (§ 53 StGB), die i.d.R. nur geringfügig höher liegt als die Verurteilung wegen einer einzelnen Tat. Da auf § 201a StGB ohnehin nur „bis zu zwei Jahren“ stehen, wäre unabhängig von der Anzahl der Taten nur eine Verurteilung zu einer Geldstrafe oder Haftstrafe auf Bewährung denkbar, allenfalls im Wiederholungsfall oder wenn der Täter schon vorbestraft ist wäre an eine Haftstrafe ohne Bewährung zu denken.

Kurzum: Allzu viel erwarten sollte man hier ohnehin nicht. Wobei es wohl in jedem Fall zu einer Verurteilung zu mindestens 90 Tagessätzen kommen würde, sodass der Täter in jedem Fall vorbestraft wäre.

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Moin,

was die heimlichen Aufnahmen beim Duschen angeht würde ich hier auf den §184k StGB verweisen. Dieser ist relativ neu eingeführt worden. Daher kann es sein, dass dieser zum Zeitpunkt der Tat noch nicht rechtskräftig war und daher das Verfahren eingestellt werden musste. Hintergrund für die Einführung war wohl eine Zunahme sogenannter Upskirting-Aufnahmen.

§ 184k StGB - Einzelnorm

Auf das Thema 184k wird im Petitionstext ausführlich eingegangen. Ich habe die Passage kopiert. Gibt es denn aus eurer Sicht Gründe, die gegen eine solche Verschärfung sprechen?

Warum reicht der Upskirting Paragraph § 184k StGB nicht?
Der zwischenzeitlich eingeführte und als „Upskirting-Paragraph“ bekannte § 184k StGB hat einiges nach vorne gebracht und war ein elementarer Schritt um hier Veränderung herbeizuführen - aber stellt unbefugte Nacktaufnahmen nicht umfassend unter Strafe:
Denn § 184k StGB stellt die Herstellung und Verbreitung unbefugter Aufnahmen der Genitalien, des Gesäßes, der weiblichen Brust oder der diese Körperteile bedeckenden Unterwäsche nur dann unter Strafe, soweit diese Bereiche gegen Anblick geschützt sind. Täter, die unbefugte Nacktaufnahmen außerhalb besonders gegen Einblick geschützter Räume „nur“ zur eigenen Befriedigung herstellen, können also weiter nicht dafür bestraft werden. Aber auch hinsichtlich der Verbreitung solcher Aufnahmen können Täter der strafrechtlichen Verfolgung leicht entgehen. Nicht nur bleiben den Strafverfolgungsbehörden für eine Verfolgung nach dem Kunsturhebergesetz die Hände gebunden, solange nicht eine betroffene Person einen entsprechenden Strafantrag gestellt hat. Der § 22 des Kunsturhebergesetze betrifft außerdem nur unbefugte Aufnahmen von Personen, die auch als die Abgebildeten erkennbar sind. Somit müssen sich Täter lediglich entscheiden, ob sie z.B. „nur“ eine unbefugte Nahaufnahme des Intimbereichs verbreiten wollen oder mit einem geringen technischen Aufwand die Betroffenen auf den Aufnahmen vor deren Verbreitung auf andere Weise unkenntlich machen, um das bereits geringe Risiko einer Strafverfolgung noch weiter zu minimieren.
Der Gesetzeswortlaut des § 184k StGB muss auf alle unbefugten Aufnahmen des unbekleideten Intimbereichs (Genitalien, Gesäß, weiblich gelesene Brust) ausgeweitet werden, unabhängig davon, ob diese gegen Anblick geschützt sind oder nicht. Der Aspekt heimlicher Aufnahmen mittels Voyeur-Cams erregt immer wieder die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit. Sowohl das Angebot als auch die Nachfrage nach solch voyeuristischen Inhalten ist insbesondere im Internet gewaltig. Dabei gilt: Je authentischer der Inhalt, desto beliebter ist er. Meist weiblich gelesene Personen werden heimlich oder sonst unerwünscht unbekleidet fotografiert oder gefilmt. Teilt der Täter seine Aufnahmen mit Anderen, zum Beispiel indem er diese auf Porno-Plattformen hochlädt, ist es nahezu unmöglich, solche Inhalte aus dem Internet wieder zu entfernen. In der Regel werden die Inhalte auch von weiteren Plattformnutzern gespeichert und auf anderen Plattformen erneut, oft sogar automatisiert durch die Plattformen, geteilt. In vielen Fällen müssen Täter jedoch weder für die Herstellung noch für die Verbreitung eine Bestrafung befürchten