Kann (und will) sich Deutschland verteidigen?

Das war ja meine Frage an anderer Stelle bezüglich Automatisierung von Militär. Nicht unbedingt KI autonom, aber ki unterstützt ferngesteuert.
Ganz ohne Menschen geht das nicht.

Ist das eine Option? Technisch, militärisch, moralisch,politisch?

Also als Drohkulisse zb an Russland:“ Greift ihr uns an, verschwindet der Kreml in einer Wolke aus Schutt und Asche!“ ?
Reicht das als Abschreckung?
Plus Luftverteidigung auf unserem Biden?

Würde Putin das beeindrucken? Keine Ahnung. Aber aktuell lässt man sich von Russland die Bedingungen diktieren und zieht vor Drohungen zurück, also funktioniert die Abschreckung aktuell nicht. Da braucht es hinreichend ruchlose Entscheider, die Putin da abschrecken, wo es wirkt. Ich vermute, dem sind die meisten Russen ähnlich egal, wie irgendwelche Baudenkmäler. Aber müsste sich doch rauskriegen lassen, wo bei ihm die Schmerzpunkte sind und dann darf man keine falsche Scheu haben, auf die zu zielen. Wenn er nur an seinen Töchtern und seinem Palast hängt…

Nö. Aber man könnte mal „Abstriche“ bei den viel zu niedrigen Steuersätzen auf Vermögen und hohe Einkommen machen, bei der kaputten Erbschaftssteuer, mehr Steuerfahnder einstellen, klimaschädlichen Subventionen streichen. Das wären Maßnahmen, die überfällig und hilfreich wären.

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Zum einen löst das maximal den ersten Teil meiner Frage und zum zweiten würde ich dann schon gerne wissen, wie Du Dir das vorstellst. Ich hätte überhaupt keine Probleme damit, wenn jemand Putin und seine Schergen ausradiert, mal von der Nachfolgefrage und ob es dann besser wird, abgesehen.
Aber wie soll das denn von statten gehen? Das Ziel soll ja sein, dass zu tun, bevor es zu einem Krieg kommt. Aber präventiv in einem Staat wie Russland die Führung auszutauschen? Wer sollte das beschließen dürfen und wer macht das dann?

Wir müssten dahin kommen, dass solche Knallchargen in der eigenen Bevölkerung keine Unterstützung mehr kriegen. Ich habe leider auch noch keine Ahnung wie. Vielleicht hätten wir mit den Unsummen, die wir jetzt für Rüstung ausgeben, mal versuchen sollen die russischen Soldaten zu kaufen. Da müssten doch pro Kopf mittlerweile ordentliche Summen zusammengekommen sein.

Ansonsten würde ich dann sagen, angesichts der klimatischen Aussichten, sollten wir effizient aufrüsten und auf Massenvernichtungswaffen setzen. Das Ziel des lebenswerten Planeten haben wir in der Mehrheit ja eh aufgegeben. Es muss nur klar gemacht werden, dass wir die auch einsetzen.

Verständlich fatalistisch.

Die Atomkarte finde ich als Joker eher ungeeignet, schwingt immer sowas finales mit.

Aber Ländern wie Russland klar zu machen das Diktatur kacke ist? Nur wie?

U-Boote haben wir und es geht ja in der Diskussion darum ob wir uns auf die anderen noch verlassen können wenn wir unseren Teil zur z.b. Nato nicht mehr beitragen (können). Und Abschreckung funktioniert denke ich schon ganz gut insofern man auch suggeriert das man es auch durchzieht wenn es soweit kommt. Heißt Atomwaffe/Raketen in verschiedener Größe. Atomuboote die den Zweitschlag machen können usw. Maschiert ihr ein attackieren wir euch. Nicht das Militär vor Ort. Putin ist vielleicht für uns schwer nachvollziehbar aber möchte auch keinen Atomkrieg weil dann hätten sie China nicht mehr auf ihrer Seite.

Statt auf noch mehr Atomwaffen in der Welt zu setzen, könnte man sich auch an die NATO-Vereinbarungen halten und das Bündnis so am Leben halten. Wenn die NATO wegfällt, ist es illusorisch, dass durch eigene (Atom-)Waffen ausgleichen zu wollen.

Wieso illusorisch? Und für die Nato Vereinbarungen sind halt die 2% einzuhalten…

Naja:

Ich halte es für illusorisch als Deutschland zu glauben, die NATO-Kräfte ganz Europas + ~200.000 an Truppen und Waffen aus den USA auch nur ansatzweise selbst ersetzen zu können.

Das ist doch die viel einfachere und realistischere Alternative.
Wieso genau sollte man das NATO-Bündnis aufgeben wollen?

(Dazu kommt natürlich theoretisch noch das Verteidigungsbündnis der EU, das aber noch nie wirklich erprobt wurde.)

Gebiete halten bzw. besetzen kann man schlussendlich nur mit dem Infanteristen am Boden. Diese Idee dass System XY den Soldaten und sein Gewehr ersetzen könnte, gab es interessanterweise mehrmals in der Geschichte: zb. mit dem Aufkommen des Panzers, Flugzeuge oder eben Atomwaffen. Die Realität zeigte aber immer und immer wieder dass es am Ende immer den Soldaten am Boden braucht. Das wird auch heute nicht anders ausgehen.

Auch wenn man irgendwie den Atomwaffensperrvertrag umgehen könnte, kann ich mir die politische Transformation nicht wirklich vorstellen, die Deutschland zu einer expliziten und glaubhaften Erstschlagdoktrin führt. Hilft auch nicht bei hybriden Strategien wie Russland 2014 in den Grenzgebieten zur Ukraine. Konventionelle ballistische Raketen und Marschflugkörper sind wichtige Fähigkeiten, helfen aber auch nur bedingt wenn sich der Gegner gut auf der Fläche verteilen kann.

Drohnen sind da jetzt immer so ein undefinierter Mischbegriff seit dem Ukrainekrieg. Von den kleinen Kamikazedronen und Mavics, über die ‚Baba Yagas‘ und westlichen Aufklärern bis zu den umgebauten Sportflugzeugen läuft da jetzt irgendwie alles drunter. Die meisten repräsentieren aber keine wirklich neuen Fähigkeit für NATO Armeen - oft nur welche, die aus Geldmangel, gerade in Deutschland, kaum verfügbar sind.

Ihr geht hier von einer falschen Kriegsführung aus. Ich möchte weder gegnerisches Gebiet erobern noch möchte ich die Soldaten am Boden angreifen. Um eine Stellung zu verteidigen brauche ich viel weniger Soldaten als um eine Stellung einzunehmen. Und der Punkt ist ja das ich nicht angreifen möchte. Falls jemand jedoch so blöd ist mich anzugreifen dann muss er wissen das ich bereit bin eine Atombombe zu zünden bzw. Die Kosten so extrem hoch zu machen das er dies bereuen wird. Abschreckung ist hier das Wort. Und ich denke wenn das glaubwürdig vermittelt wird, überlegt sich der Gegenüber zweimal ob er angreift. Zumindest bei konventionellen Kriegen zwischen zwei Ländern ist diese Form der Abschreckung eine Option.

Ansonsten hat Deutschland zum ersten Mal seit langem wieder die 2% Natovorgabe erfüllt mit (73 Milliarden Euro) und das ist doch der ganze Punkt dieses Threads. Ist Deutschland bereit das zu bezahlen. Und was sind die günstigeren Alternativen?

Das ist die Frage.

Ich schrieb ja explizit davon Gebiete einzunehmen und (!) zu halten. Und auch in einem defensiven Krieg muss man zwangsläufig Gebiete zurückerobern (die man verloren oder absichtlich aufgebeben hat), Gegenangriffe durchführen können, Scheinangriffe zur Entlastung andere Gebiete durchführen etc.

Zur Finanzierung:
Deutschland hat zwar im Rahmen de Sondervermögens kurzfristig das 2% Ziel erreicht, allerdings ist es fiskalisch unmöglich all die neuen bzw. wiedereingeführten Fähigkeiten ohne eine signifikante permanente Steigerung des Wehretats weiter zu finanzieren (das wurde mal im Podcast Sicherheitshalber https://sicherheitspod.de/ besprochen, leider erinnere ich mich nicht mehr an die exakte Folge, dennoch sehr empfehlenswert). Das heißt konkret. Es wird entweder Konflikte mit der Schuldenbremse geben oder anderen Ministerien.

Es wird mit Sicherheit Konflikte mit der Schuldenbremse geben. Auch ohne mehr Arbeit an der reinen militärischen Verteidigung. Auch die konservativen Briten wundern sich über unseren Mangel an Investitionen in die Wirtschaft. Das letzte Interview in der Lage war interessant zu dem Thema.
Das wird so oder so reformiert werden müssen.

Aktuell finde ich die Gemengelage schon recht „bunt“.

Auf der einen Seite die eher russlandfreundlichen Gruppen um AfD und BSW, die primär wieder russisches Gas billig wollen und sich auch eher im russischen Einflussbereich sehen, also eher autokratisch.

Dann konservative Gruppen um CDU und CSU, die recht vehement für eine Wehrpflicht, mehr Aufrüstung und eine eher unbeschränkte Unterstützung der Ukraine eintreten.

Dann die Unentschlossenen wie SPD und FDP, die zwar auf Völkerrecht und Hilfe der Ukraine pochen, Russland aber nicht ganz den Rücken kehren wollen und das Thema Frieden eher uninspiriert in den Raum werfen.
Der FDP ist das eigentlich alles zu teuer, aber irgendwie können sie sich da nicht querstellen, zudem die Rüstungsindustrie samt Zulieferer profitiert.

Am anderen Ende die eher radikalen Friedensaktivisten, die sofort Frieden, Waffenstillstand und Abrüstung wollen, aus durchaus hehren Motiven, aber ohne jegliche Folgen und politische und völkerrechtliche Konsequenzen zu durchdenken.

Dazu eine signifikant große Gruppe, die eigentlich nur ihren Wohlstand genießen will und die das Thema nicht interessiert.

Wie groß diese Gruppen sind, kann ich allerdings nicht einschätzen.

Würde aber zur Beantwortung der Ausgangsfrage beitragen.

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Klar, das wäre das Ziel. Aber weil das eben nicht immer klappt, braucht es militärische Mittel, die zumindest die anderen Bevölkerungen vor dem Irrtum der einen Bevölkerung schützen können. Um es ganz konkret zu halten: Das deutsche Parlament hätte schon 2022 beschließen können, dass Deutschland wirklich liefert, was möglich ist. Ohne Beschränkungen auf irgendwas. Zusätzlich hätte man irgendeinen seelenlosen Technokraten nach Moskau schicken müssen, der die Abschreckungswirkung gegenüber Putin, was den Schritt zu nuklearer Eskalation betrifft, mal etwas instand setzt. Wenn dem Mann egal ist, ob ein russisches Bevölkerungszentrum getroffen wird, muss man ihm eben verdeutlichen, dass man als erstes dahin zielen wird, wo es ihm weh tut (Der Satz „Mit dem Taurus kann man auch Ziele in Moskau treffen“ hätte dann eher Argument für als gegen eine Lieferung sein müssen). Ohne moralische oder rechtliche Schranken. Familie, persönlicher Palast, was auch immer…, damit der Konflikt ein konventioneller zwischen der Ukraine und Russland bleibt. Wenn allein Deutschland und die USA das gemacht hätten, wäre der Krieg schon seit einem Jahr vorbei, wenn es überhaupt so lange gedauert hätte. Man sieht ja, wie massiv die limited edition Lieferungen von (teilweise) Museumsmaterial mit eng begrenzter Munition gewirkt haben. Hätte man das nicht ständig zu wenig und zu spät, sondern alles auf einmal bereit gestellt… Deutschland wäre trotzdem vom russischen Gas losgekommen und nachdem man bewiesen hat, dass man im Bedarfsfall fähig und bereit ist, dafür zu sorgen, dass Aggressoren verlieren, muss man weniger „overkill“ betreiben, damit die Abschreckung funktioniert, der Anreiz für revisionistische Akteure, ihre Politik mit Gewalt durchzubringen wäre erstmal näher an 0, sodass auch die weniger Anreiz hätten, in Rüstung zu investieren.

Klingt für mich nicht überzeugend (selbst wenn man mal die praktischen Herausforderungen ausklammert): Einer Bande undisziplinierter, bis auf die Knochen korrupter Massenmörder Geld geben, damit sie etwas tun oder lassen, stellt nur sicher, dass sie nach einer Weile mehr Geld erpressen wollen. Das ist keine gute Lösung.

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Genau das ist die Haltung, die mir vorzuherrschen scheint: Weil das Einzige, was wir offensichtlich tun können (Aufrüsten im Falle Russland, fossile Technologien ersetzen im Falle Klima) uns nicht gefällt (durchaus begründet), postulieren wir „es muss eine andere Lösung geben“.

Und meinen dann, wir können unsere Hände in den Schoß legen und auf die Wunderwaffe warten.

Woher kommt dieser Glaube, dass uns irgendwann die magische Lösung zur Verfügung stehen wird? Ich beobachte das durchaus auch bei mir selbst, und frage mich, ob wir durch Hollywood-Filme so verdreht denken. Egal, wie verfahren da die Situation ist, irgendein Held oder glücklicher Umstand wird es schon richten.

Leider sehe ich nicht, dass das in die Realität übertragbar ist.

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Ich glaube, das wird vielen in Russland schon bewusst sein. Nur: Wer soll dagegen aufbegehren? Das ist doch das Problem - wenn alle aufstehen, wäre Putin schnell Geschichte. Aber irgendjemand müsste anfangen, und der wird in Putin-Russland noch schneller verunfallt sein.

Offen gestanden, ich würde da auch nicht der Erste sein, solange mein Leben noch im geringsten lebenswert ist. Und so weit wird es die Regierung da vermutlich nicht kommen lassen, dass jemand das eigene Leben als so wertlos erachtet, dass er es mit unbekannter Erfolgsaussicht in die Waagschale wirft.

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Bei der FDP nennt sich das dann „Technologieoffenheit“ und wird aus guten Grund belächelt.

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