Justizminister Marco Buschmann (FDP)

Auch wenn von Arm und Reich die Rede ist, wird der Mittelstand dennoch ärmer im Verhältnis zu Kaufkraft von früher und ganz besonders im Verhältnis zu den Reichen. Er gehört zur Schere dazu.

Der Mittelstand (oder alle, die in der Lage sind, jeden Monat 50+ Euro über zu haben), kann sich dadurch zumindest ein bisschen retten, indem er investiert. Und um den gehts.

Arme Menschen dagegen werden idR nicht einmal in der Lage sein, den Notgroschen zu bilden. Selbst bei größter Sparsamkeit bleibt bei Hartz IV nichts und auch dann, wenn man Kinder (allein) erzieht, ist das schwieriger. Freilich brauchts da andere Lösungen, investieren wäre hier schlicht ein falscher Ansatz

Sich aber bloß auf die wirklich bitterarmen zu konzentrieren, ist hier wie auch in vielen anderen Themen mMn ein Ablenkungsmanöver. Denn Fakt ist, was man auch von ETF halten mag, die Schere ginge zumindest nicht so schnell auseinander, wenn die 70% in der Mitte, das was sie anlegen, sinnvoller anlegen würden als in Girokonten, Bausparer & Riester.

Insofern hat Buschmann auch recht. Und auch wenn ich das nicht in den Tweet reinlesen würde, würde ich zumindest für mich in Anspruch nehmen, hier zusätzlich ein wenig Konsumkritik zu üben. Denn selbst ich habe als Bafög-Empfänger geschafft, jeden Monat einen niedrigen dreistelligen Betrag zu investieren - zuerst in den Notgroschen, mittlerweile in ETF. Dabei habe ich ein Netto-Gesamteinkommen von teils unter 800-900 Euro, von denen nochmal 400 für Miete und 150 für sonstige Fixkosten draufgehen, bevor ich zu konsumieren beginne. Und ich spare mir dennoch nichts vom Munde ab, sondern konsumiere einfach etwas bewusster und überlege 3x, ob es die neue Anschaffung wirklich braucht. Andere kaufen sich halt den Hometrainer einfach, den sie prognostisch 3x nutzen. Ich nutze das Geld zum Vermögensaufbau. 1000 Euro für nen Hometrainer sind zur Rente für mich inflationsbereinigt dann halt das Vierfache geworden. So werde ich nicht reich, aber auch nicht so arm wie die meisten Anderen…

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Ich finde das viel zu einfach gegriffen und entbindet mal wieder Politiker vom Handeln. Es muss erst einmal etwas gegen die Armutsfalle Miete getan werden. Mieten sind die größte Umverteilung von unten nach oben und verhindert den Erwerb vom eigenen Immobilien um selbst darin zu leben. Außerdem ist Besitz ein Wohlstandsmehrer. Meine Frau und ich hatten Glück etwas zu bekommen dank meiner Schwiegereltern die uns die Miete erspart haben. Anders müssten wir wohl weiterhin für den Wohlstand anderer arbeiten.

Wir sind übrigens nicht die Unterschicht sondern beide normal verdienende Angestellte deren Gehalt leider nicht so schnell wächst wie die unregulierte Immobilienblase.

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Wäre sehr froh gewesen, Buschmann hätte ähnlich differenziert. Er sagt aber, dass die Schere aus einem Grund auseinander geht.

Und das tut sie nicht. Schon gar nicht aus dem von ihm genannten. Und selbst wenn man „in der Mitte“ versuchen würde so (mit weitaus bescheideneren Beträgen) zu investieren wie „oben“, würde sie sich weiter öffnen. Denn für die Ausprägung und Spreizung Schere sind nun mal die „oben“ und „unten“ verantwortlich. Nicht die „mitte“. Profitiert man oben von guten Zeiten am Aktienmarkt, dann doch zwangsläufig in größerem Maßstab als in der Mitte. Die Folge: auch dann ein weiteres Auseinanderdriften.

Und in den letzten Jahrzehnten haben sich die Vermögen und damit Gestaltungsspielräume „oben“ vervielfacht. An diesem Grat wird sich nichts ändern lassen. Und Buschmann offenbart mit seinem Begründungsversuch auch keine Kreativität oder Interesse zu haben, daran etwas zu ändern. Ist sein gutes Recht und durchaus auch erwartbar.

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Ich verstehe deinen Punkt und teile ihn sogar, aber warum immer diese entweder-oder-Dogmatik?

Dass die Mieten schneller steigen, als man sich jemals zusammensparen kann, ist verrückt - ja! Niemand kann heutzutage mehr ohne Erbschaft in halbwegs passabler Lage ein Grundstück erwerben, ohne sich bis ans Ende des Lebens zu verschulden und gleichzeitig top zu verdienen. Das ist verrückt!

Aber warum kann ich nicht deshalb Kritik am Konsum der allermeisten Deutschen üben und Kritik an den schlechten Investitionsentscheidungen? Wenn ich mit einem schmalen Einkommen 100 Euro im Monat weglegen kann, warum kann jemand mit doppelt oder dreimal so viel netto nicht die 50 Euro weglegen - und zwar sinnvoll.

Die ETF werden uns nicht retten, aber wie beim Klimawandel auch sind ETF bei der Schere zwischen Arm und Reich EINES von vielen sinnvollen Instrumenten. Dieses konkret bremst zum Beispiel das Auseinanderklaffen, während Umverteilungsinstrumente dann eben woanders wirkt

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Ich gebe dir recht dass es nicht entweder oder ist. Allerdings kann ich nichts sparen wo nichts ist. Es muss zuerst das dringende Problem des Spekulationsobjekts Wohnraum gelöst werden ehe wir dort wieder in Zustände der Lehensherrschaft des Mittelalters zurück fallen.

Anschließend oder während dieses Prozesses kann der Staat gerne seiner Bevölkerung helfen eine würdige Rente zu bekommen. Ich sehe hier nämlich weiterhin unseren Sozialstaat in der Pflicht seine Bürger zu versorgen.

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Warum muss das zuerst gelöst werden?
Es kann doch parallel an beiden Problemen gearbeitet werden.

Ich habe lediglich priorisiert da es dort gerade am schlimmsten ist und Menschen dort eben ausgenommen werden.

Dem habe ich grundsätzlich nichts hinzuzufügen. Ich glaube aber, dass die Diskussion sich von diesem mageren Tweet etwas entfernt hat und erheblich vielschichtiger geworden ist - unter allen Beteiligten.

Ich stimme Buschmann auch nur insoweit zu, als eine Investition seitens der Mitte zumindest das Auseinanderklaffen bremst, da die Mitte nicht so schnell ärmer würde wie ohne Investition.

Hinsichlich der Ursachen, Umverteilungsinstrumente und des Gewichts des Investistierens als Mittel gegen das Auseinanderklaffen bin ich anderer Meinung, das habe ich aber glaube ich auch dargestellt.

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Das war bereits in der zweiten Antwort durch @lib
Die Formulierung war eben so nicht richtig - und das lässt sich auch nicht schönreden.
Er hätte halt schreiben müssen:
„Die Schere zwischen Arm und Reich geht aus einem Grund auseinander:
Die einen sparen in Häusern und Aktien. Die werden immer wertvoller.
Die anderen leben von HartzIV, Witwenrente oder Mindestlohn, die nicht in dieser Geschwindigkeit steigen. Also HartzIV, Witwenrente und Mindestlohn jährlich um 7% rauf.“
Wäre halt beim FDP-Wähler nicht so gut angekommen.

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Ich sag ja auch, dass seine Aussage zu vereinfacht und so nicht richtig ist. Gleichzeitig ist dein Verbesserungsvorschlag genauso wenig richtig, weil es eben nicht nur bitterarme Menschen und Reiche gibt, sondern 70% der Bevölkerung irgendwo in der Mitte, wo die Aussage zumindest tendentiell zutrifft, wenn auch mit der Einschränkung - ich zitiere und wiederhole mich selbst:

Aber die Schere interessiert nun mal nur oben und unten.
Der HartzIV-Empfänger profitiert nicht von einer besseren Situation des Mittelständlers (erst wenn die dadurch entstandenen Steuereinnahmen zu entsprechenden Änderungen führen), genauso ist es dem obersten 1% egal, ob der Mittelstand jetzt ein paar Hundert Euro mehr oder weniger zur Verfügung hat (erst, wenn er dieses Geld verkonsumiert/investiert und Anlagen/Unternehmen des obersten 1% davon profitieren)

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Es wird nicht von der Oberschicht zur Unterschicht umverteilt sondern von der Mittelschicht zur Unterschicht. Daher muss, damit die Unterschicht relativ zur Oberschicht mehr Vermögen hat, zuerst die Mittelschicht vermögender werden.

Warum läßt sich nicht von der Oberschicht zur Unterschicht verteilen?
Wäre doch im ersten Blick viel logischer und sozial gerechter.
Wenn das in unserem System nicht geht, worin liegt der Systemfehler?

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Der Systemfehler liegt meines Erachtens in der Annahme, dass der Staat seine Bürger unterstützen muss und nicht andersherum.
Sobald der Staat Versprechungen macht, muss er Steuern erheben und wieder ausschütten und einen größeren Staat finanzieren. So ist die Einkommensteuer entstanden.
Mit der Einführung der Einkommensteuer wurde Einkommen unattraktiver für Vermögende - und heute wird entsprechend der Staat nur von denen die Einkommen erhalten, finanziert. Es wird also von der Mittelschicht an die Mittelschicht und Unterschicht umverteilt - die Vermögenden haben kein Interesse an Einkommen.
Die Lösung wäre eine Reduzierung der Staatsgröße und eine Reduzierung der Steuern auf nahe 0.

Eine Lösung wäre eine Erbschaftssteuer und eine Vermögenssteuer auf Besitz. Diese dann europaweit bitte mit sehr hohen Transaktionssteuern aus Steueroasen.

warum sollte man Europa noch mehr Kapital entziehen wollen? Seit 2009 ist der Anteil des Euro an den Weltwährungsreserven bereits von 27% auf 21% gefallen und der Schweizer Franken und Japanische Jen haben ihre Anteile verdoppelt. Klar kann man den Niedergang des Euroraums auch beschleunigen - aber warum sollte man?

Nur dass mit Steuern nahe 0 auch nahe 0 umverteilt werden kann. Oder sagst du, dass die Ungleichheit ausschließlich auf den von dir beschrieben Effekt (ob er nun stimmt oder nicht) zurückzuführen ist?

Netto sollte das für die meisten sogar einer Besserstellung gleichkommen, da gleichzeitig ja Stern und Abgaben reduziert würden und insbesondere wenn die für den öffentlichen Sektor arbeitende Bevölkerung dann für die Privatwirtschaft zur Verfügung stehen würde.

Man muss eben ernsthaften Druck auf Staaten wie die Schweiz ausüben wenn sie Steuerflucht ermöglichen. Europa schwächt sich durch Kleinstaaterei anstatt gemeinsamer Lösungen und zu vielen Kapitalismusanhängern. Ein geeintes Europa hätte genug Macht um diese Kapitalflucht unrentabel zu machen.

Das halte ich persönlich einfach für nicht richtig. Faktisch wird die Mittelschicht tendentiell am stärksten und schnellsten ärmer in unserer Gesellschaft. Damit öffnet sich eine Schere von der Mittel- zur Oberschicht. Ja, die Unterschicht entfernt sich auch von der Oberschicht, aber nicht (zumindest nicht erheblich), weil sie ärmer wird, sondern weil die Oberschicht reicher wird. Dagegen nähert die Mittelschicht sich der Unterschicht an, das Auseinanderklaffen geht schneller.

Aber damit wären wir ohnehin wieder bei dieser unsäglichen entweder-oder-Dogmatik. Man kann keine Maßnahmen für die Mittelschicht fordern, ohne dass irgendwer mit Sozial-Whataboutism ankommt. Das macht Maßnahmen für die Unterschicht nicht falsch, nein diese sind sogar unumgänglich!

Aber genausowenig delegitimiert das, für die weite (noch) Mehrheit in der Mittelschicht sinnvolle Investitionen und möglicherweise ebenso Förderung zu fordern, um deren Abstieg zu bremsen. Ganz besonders wenn diese nichts kosten, sondern - wie hier - in Form einer bloßen Reallokation deren EIGENEN Geldes in Form von etwas bewussterem Konsum und gescheiter Anlage kostenlos sind. Darüber hinaus halte ich auch Förderungen für sinnvoll, da man mit einem Euro in der Mittelschicht die Schere weit einfacher schließt als mit einem Euro in die Unterschicht. Wieder, damit will ich nicht sagen, man sollte weniger für die Unterschicht tun.

Man kann schlicht beides machen.

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