Junta in Myanmar: Ein Fall für den Internationalen Strafgerichtshof?

Lieber Philip und Ulf,
eine Frage zu Myanmar: was müsste passieren, damit das Militär und seine Führer am Internationalen Strafgerichtshof der UN in Den Haag angeklagt werden würden? Wer kann Anklage wegen Terror gegen die friedliche Zivilgesellschaft in Myanmar erheben? Könntet ihr das Thema in einem eurer Podcasts aufnehmen, welche Möglichkeiten es im Bereich des internationalen Rechts gibt, gegen diese Junta vorzugehen?
Vielen Dank und LG Steffi

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Hallo,

der Internationale Strafgerichtshof hat schon Ermittlungen aufgenommen (Bangladesh/Myanmar), erschwert wird die Situation aber dadurch, dass nur Bangladesch, nicht aber Myanmar, das Rome Statute ratifiziert haben.

@vieuxrenard – dazu böte sich vielleicht ein Gespräch mit Heike Krieger oder Dominik Steiger an. Sonst kann ich auch hier noch etwas mehr dazu schreiben.

Viele Grüße

Konstantin

Wenn ich es richtig lese, hat der Strafgerichtshof „nur“ Ermittlungen zur Behandlung der Rohingya aufgenommen. Dass die aufgeklärt und vor allem verbessert wird, ist natürlich auch sehr wichtig.

Aber wenn Myanmar nicht Mitglied ist, wird der Putsch von dieser Seite aus wohl keine Verfolgung erfahren.

Der Internationale Strafgerichtshof kann nur ermitteln, wenn es um Straftaten geht, für die er nach seinem Statut zuständig ist. In Frage kommt hier für die Situation nach dem Putsch nur Crimes against Humanity (Art. 7), und das setzt voraus, dass die Einzelhandlungen als Teil eines „ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung“ begangen werden. Und da weiß ich zu wenig über die Situation vor Ort, ob diese hohe Schwelle erreicht wird. Entsprechend ging ich erstmal davon aus, dass es Steffi um die Situation mit den Rohingya ging.

Nochmal zum Verständnis: Myanmar müsste Mitglied sein bzw. irgendwas ratifiziert haben, damit die Junta strafrechtlich verfolgt werden könnte? Auf welcher Grundlage wird denn gegen Myanmar ermittelt wg. der Verbrechen gegen die Rohingyas? Konstantin, weißt du das? Oder trifft das mit der Ratifizierung doch nicht zu?
Danke und liebe Grüße, Steffi

Grundsätzlich basiert der ICC wie fast alles im Internationalen Recht auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit. Staaten sind nur an Normen gebunden, soweit sie diesen zugestimmt haben (oder bei Gewohnheitsrecht nicht widersprochen haben). Konkret heißt das, dass der ICC eigentlich nur ermitteln kann, wenn es um Vorkommnisse auf dem Gebiet eines Staates, der das Rome Statute ratifiziert hat geht, oder wenn der/die Angeklagte/n Staatsbürger eines solchen Staates sind. Es gibt auch die Möglichkeit, für einzelne Situationen die Jurisdiktion des ICC zu akzeptieren, ohne das Rome Statute zu ratifizieren, und ein Security Council Referral (aber das führt hier etwas zu weit). In der Rohingya-Situation geht es um ein grenzüberschreitendes potentielles Verbrechen, Bangladesch hat das Rome Statute ratifiziert, und der ICC kann mit den Vorkommnissen in Bangladesch direkt zusammenhängende Ereignisse auch in Myanmar in die Ermittlungen einbeziehen. Ob Myanmar aber einem möglichen Auslieferungsersuchen nachkommen würde, ist wieder eine andere Frage.

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