JdN388 "Desinformation" zum Gebäude-Energie-Gesetz

Zu euere Einschätzung über die Wärmepumpen-Berichterstattung und dem Gebäude-Energie-Gesetz habe ich einen anderen Eindruck. Ich glaube, eure Bewertung, dass sich die Betroffenen durch zu viel und zu ausgewogene Informationen verwirrt fühlen und das Ganze dann noch in den Kontext der Desinformation zu setzen hat schon ein gewisses Geschmäckle.
Die Menschen, die es betrifft, sind ja in der Regel keine Spontankäufer, die morgens einen verwirrenden Artikel in der Bild gelesen haben und dann bei ihrem Heizungsbauer anrufen und mal eben ihre Heizung umbestellen. Menschen, die eine Entscheidung über eine neue Heizung treffen, müssen mit spitzem Bleistift rechnen. Es sind entweder Junge Familien, die gerade ein Haus bauen, bei denen sitzt das Geld nicht unbedingt locker. Oder es handelt sich um Eigenheimbesitzer, deren Heizung nach den ersten 15–25 Jahren getauscht werden muss. Die erste Gruppe hat nicht unbedingt Geld übrig, um sich für eine Wärmepumpe zu entscheiden. Die zweite Gruppe hat vielleicht gar nicht vor noch 20 Jahre in dem Haus zu wohnen, damit sich der Umbau lohnt.

Außerdem haben beide der potenziellen Käufergruppen inzwischen gelernt, dass Prognosen zu den Strom-, Gas- und Ölpreisen in der Vergangenheit so oft daneben lagen, das man am besten damit fährt sich den aktuellen Markt anzuschauen und sich danach zu entscheiden. Angeblich sollten wir jetzt doch schon wahnsinnig billigen Strom haben.
Hier ein Artikel von vor 18 Jahren. Ist das besprochene Buch etwa auch Desinformation:

Ich finde euren Podcast sehr informativ, aber manchmal habe ich das Gefühl, ihr verbringt ein bisschen zu viel Zeit in Berlin.

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War nicht die Einschätzung im Podcast, dass es sich nicht um Desinformation sondern Irreführung handelt?

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Also hier im Forum gab es gerade erst einen Beitrag von jemandem, dessen Vater eine sehr unreflektierte und auf Falschinformationen aufbauende Entscheidung für eine neue Heizung getroffen hat: Flüssiggasheizung und Wärmepumpe

Ich glaube, dass selbst bei solchen finanziell anspruchsvollen Entscheidungen viele Menschen sehr irrational handeln (wenn man ihnen die falschen Informationen/Anreize gibt). Viele werden sich zum Beispiel sehr vom Heizungsbauer beeinflussen lassen, weil der ja ein „Experte“ ist. Wenn aber der Heizungsbauer (wie zumindest anekdotisch oft berichtet wird) aus opportunistischen oder betrieblichen Gründen kein Fan der Wärmepumpe ist, dann lässt sich das für einen Laien schwer von einer sachlichen Argumentation unterscheiden.

Die Prognose, dass fossile Brennstoffe deutlich teurer werden, war ja rückblickend korrekt. Der Index für den Erzeugerpreis von Erdölprodukten ist von 86,7 im Januar 2010 auf 133,2 im April 2024 gestiegen. Bei Erdgas war der Preisanstieg sogar noch drastischer: Statistischer Bericht - Daten zur Energiepreisentwicklung - April 2024 - Statistisches Bundesamt

Auch, dass Strom aus erneuerbaren Energien deutlich im Preis sinkt, war eine extrem zutreffende Vorhersage. Die Stromgestehungskosten bei freistehenden Solaranlagen liegen inzwischen bei unter 4 Cent/kwH. Das ist billiger, als jede Form der fossilen oder nuklearen Energieerzeugung. Das gleiche gilt für Windkraft. Das sich der Strompreis zwischen 2008 und 2023 etwa verdoppelt hat, liegt in erster Linie am Preis für Erdgas und steigenden Abgaben (aber nicht der EEG-Umlage, denn die wird ja inzwischen steuerfinanziert). Ein stärkerer Ausbau der Erneuerbaren Energien zwischen 2010 und 2022 hätte vermutlich zu einem heute niedrigeren Strompreis geführt.

Insofern macht es total Sinn, Handlungsentscheidungen aufgrund fundierter Prognosen zu treffen – solange man auch versteht, was die Prognosen tatsächlich sagen und welche Unsicherheiten sie enthalten. Und das ist für „Laien“ eben oft nicht so einfach zu verstehen. Was wiederum eine fundierte, unaufgeregte und qualitativ hochwertige Berichterstattung und Kommunikation umso wichtiger macht.

Ich habe das Buch nie gelesen. Aber wenn diese Besprechung von 2006 den Inhalt ansatzweise richtig wiedergibt, dann hätte uns eine konsequente Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen sehr viel Ärger und Geld gesparrt. Das Problem ist nicht, dass der Autor damals Unrecht hatte – Das Problem ist das er Recht hatte und die Politik (maßgeblich CDU/CSU/SPD/FDP) nicht auf ihn gehört hat.