Jahres-Abo und Stilkritik

Hallo Philip, hallo Ulf,

es flattert eine Mail herein, die die Verlängerung des Jahres-Abos ankündigt - und ich überlege, ob es weiterlaufen soll. Die vorletzte „Lage“ habe ich sogar verpasst, will sagen: nicht gehört. Was hat sich da in den letzten 12 Monaten so bewegt, wie ich es nicht erwartet hätte?

Um den Zusammenhang deutlich zu machen, vorab ein paar Sätze zu meinen Erfahrungen mit der „Lage“.

Die „Lage“ sammelt, bündelt, informiert, liefert Hintergründe, ordnet ein und liefert Meinung zu den Themen. Zuverlässig, hochwertig und inklusive nachgetragener Korrekturen in einer Qualität, die zumindest ich sonst so nicht finde. Um mal ein Stilmittel von Euch aufzugreifen: Ist die „Lage“ unverzichtbar? Ja, das ist sie für mich. Die Sommerpause war ein ziemliches Sommerloch ohne die „Lage“. Es fehlte ein Fixpunkt in jeder Woche und eine Orientierung für diese ver-rückte Welt.

Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine entwickelte sich die „Lage“ jedoch in einer Art und Weise, wie ich sie weder kannte, noch schätzte noch bedenkenlos weiterempfahl.

Eure Moderation strahlt beim Thema Ukraine-Krieg eine Selbstgewissheit aus, der Abwägen fremd ist. In der LdN 324 etwa höre ich zum Thema „Ein Jahr Ukraine-Krieg“ markige Worte gepaart mit hohem Redetempo und sich ins Wort fallen. Ihr redetet dort über den Einsatz von Atomwaffen, als handele es sich um bedauerliche Kollateralschäden.

Es ist gar nicht so, dass ich Euren Einschätzungen grundsätzlich widersprechen würde: ja zur Unterstützung der Ukraine mit militärischen Mitteln, zu einer Grenzziehung gegenüber Putins imperialem Gewaltausbruch.

Aber wo ist die "Lage geblieben, die sich ruhig und argumentativ zeigte? Die erst die Fakten und dann die Meinung präsentierte. Dieses Konzept hat mich über viele Monate hinweg überzeugt, so dass ich keine Sendung verpassen mochte. Dieser Stil gehörte m.E. zur Kernkompetenz der „Lage“.

Dieser Stil aus der Vorkriegszeit wäre angesichts von Russland Aggression bitter nötig, denn wer weiß schon Antworten, die über den Tag hinaus reichen? Wir erleben ein für Europa erdstürzendes Verbrechen: Angriffskrieg und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. In diesen Zeiten von Unsicherheit, Neuorientierung und Gefahr würde das alte Markenzeichen der „Lage“ dringender gebraucht denn je.

Viele Grüße

Heiner

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