Ich habe noch keine Diskussionen über dieses Szenario mitbekommen und würde mich daher für eure Einschätzungen interessieren:
Angenommen, das Klimageld erfüllt ihren Zweck und es gibt mehr Nachfrage nach CO2-freien Produkten, wodurch sich auch das Angebot verändert. Als Konsequenz gibt es weniger Produkte mit hoher CO2 bepreisung, und weniger Menschen, die solche Produkte kaufen. Also fließt weniger Geld in den Topf, und dadurch wird wiederrum auch weniger ausgezahlt.
Hebt sich mit dem Gesellschaftlichen Wandel der Sinn des Klimagelds also gewissermaßen selber auf? Und ist es dann nicht im Interesse von Menschen, die wenig CO2-Steuern zahlen, dass es viele andere Konsument gibt die besonders viel in den Topf einzahlen?
Ich bitte um entschuldigung, wenn ich etwas sehr offensichtliches nicht bedacht habe, und freue mich auf eure Antworten!
Ziel des CO2-Preises ist es, die relativen Preise von Güter und Dienstleistungen so zu verändern, dass klimaschädliche Produkte und Dienstleistungen unattraktiver und klimaschonende Produkte attraktiver werden. Die Nachfrage nach klimaschonenden und Dienstleistungen Produkten steigt, die nach klimaschädlichen sinkt. Im Idealfall fragt irgendwann niemand mehr Produkte oder Dienstleistungen nach, deren Bereitstellung für eine relevante CO2-Emission verantwortlich sind. Ziel erreicht.
Mit zurückgehender Nachfrage nach klimaschädlichen Produkten und Dienstleistungen sinken die Einnahmen aus dem CO2-Preis. Und wenn der CO2-Preis 1:1 als Klimageld ausgeschüttet würde sinkt auch das Klimageld, das pro Kopf an jeden Bürger ausbezahlt wird.
Im Sinne des Ziels des CO2-Preises macht das aber nichts. Denn das Klimageld hatte ja nicht das Ziel, der Bevölkerung Einnahmen zu bescheren, sondern den sozialen Auswirkugnen des CO2-Preises entgegen zu wirken. Nachdem im Idealfall niemand mehr den CO2-Preis zahlt, muss das auch nicht mehr ausgeglichen werden.
Unabhängig davon stellt sich die Frage, ob man die Einnahmen durch den CO2-Preis als Klimageld ausschütten oder direkt in den Klimaschutz investieren sollte.
Ich bin für Zweiteres, wegen ökologischen und sozialen Aspekten.
Gerade wegen der „sozialen Aspekte“ und für die notwendige breite Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen ist das Klimageld aber doch wichtig. BezieherInnen kleiner Einkommen, die durch eine steigende CO2-Abgabe immer mehr unter Druck geraten, benötigen diesen Ausgleich. Das entbindet die Politik nicht von der Aufgabe, mehr für Klimaschutz zu tun, aber wenn man die Bevölkerung mitnehmen will (und das ist in einer Demokratie nun mal zentral), muss man sich schon überlegen, wie man die Lasten der Transformation halbwegs gerecht verteilt und Härten abfedert.
Die eigentliche Frage für mich ist, ob die erhoffte Lenkungswirkung wirklich eintreten würde, oder ob die Mehrzahl es schlicht als „Benzingeld“ ansehen würde, dass die höheren Preise etwas kompensiert.
Beides - und beides ist sinnvoll: Menschen mit wenig Geld eine Kompensation für die stetig steigenden Preise zu geben und zugleich eine Lenkungswirkung zu erzielen, einerseits auf der Produktionsseite, andererseits auf KonsumentInnenseite.
Der Mechanismus wurde schon gut beschrieben. Ergänzen würde ich auch, dass die Ausschüttung des Klimageldes an die Bevölkerung verhindert, dass der Staat sich darauf als Finanzierungsquelle stützt, obwohl Ziel eigentlich ist, dass dieser Geldfluss versiegt (das aktuelle Beispiel KTF ist da sehr eindrücklich ).
Das ist eine interessante Beobachtung. Tatsächlich profitiere ich ja dann ökonomisch stärker vom Klimageld, wenn ich selbst CO2 spare, aber eben auch, wenn andere mehr CO2 verbrauchen.
Theoretisch gäbe es also schon einen Anreiz, dafür zu sorgen, dass letzteres passiert. So ähnlich, wie Unternehmen in manchen Branchen nicht nur vom eigenen Erfolg, sondern auch vom Misserfolg ihrer Konkurrenz profitieren und auch entsprechend handeln.
In der Praxis dürfte es allerdings so sein, dass es sich mehr lohnt, Energie darin zu investieren, den eigenen Verbrauch zu reduzieren als zu versuchen den aller anderen (gegen deren Anreize) zu steigern. Da fallen mir kaum effiziente Maßnahmen ein. Entsprechend würde ein Klimageld bei ökonomisch orientierten Verbrauchern m.E. schon dazu führen, dass tendenziell alle ihre Verbräuche stetig senken - gerade dann wenn andere dies auch tun.
Das Klimageld ist ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE). Das Spezielle an dieser Umsetzung eines BGEs liegt darin, dass die Höhe dieses BGEs ausschließlich durch die Einnahmen aus der CO2-Abgabe bestimmt werden würde. Eine naheliegende Alternative besteht darin, dass die Höhe des BGEs zyklisch von einer Expertenkommission festgelegt bzw. empfohlen wird (das könnte die gleiche Kommission machen, die bereits heute das Existenzminimum errechnet).
Bei einem solchen „Experten-BGE“ kann durch die gemeinsame Betrachung aller Preistrends eine „optimale“ Anpassung des BGEs vorgeschlagen werden (wobei politisch auszuhandeln ist, was eigentlich optimiert werden soll). Das Klimageld hingegen wäre nicht sensitiv für Preisänderungen, die nicht auf den CO2-Preis zurückzuführen sind.
Daher bin ich für diese flexiblere Alternative zum Klimageld.
(Außerdem plädiere ich dafür, dass die Einnahmen durch „CO2-Verschmutzungsrechte“ zweckgebunden zur physischen Beseitigung dieser Verschmutzung eingesetzt werden.)
Ergänzung: Diese Anreize bestehen sowieso nur, wenn das Klimageld aus einer Quelle finanziert wird, die selbst von der Höhe des THG-Ausstoßes abhängt, zB aus der CO2-Steuer.
Bei einem Emissionshandelssystem (Cap & Trade) hingegen begrenzt man die Menge an THG, die insgesamt ausgestoßen werden darf und vergibt (verkauft) für die Priorisierung Zertifikate. Hier kann ein Einzelner nicht den Verbrauch Dritter durch Einwirkung auf diesen erhöhen, er müsste auf eine (staatliche) Erhöhung der Anzahl an Zertifikaten hinwirken. Einnahmen für die Finanzierung eines Klimageldes hat man durch den initialen Verkauf der Zertifikate ggf. trotzdem (weiß nicht, wie hier der EU ETS genau funktioniert).
Danke, dies war tatsächlich worauf meine Frage gerichtet war. Ich teile die Einschätzung und würde ergänzen, dass Menschen die CO2 freie Alternativen verwenden zusätzlich vermutlich nicht nur die ökonomischen Interessen im Sinn haben, sondern auch das Klima und die Verbesserung und Förderung der Alternativem die sie nutzen. Dies lässt eine absichtliche Förderung CO2-lastiger Angebote für andere Konsumenten auch unwahrscheinlich erscheinen.
Beim EU ETS ist tatsächlich die Menge der THG begrenzt. Nach meinem Verständnis wäre der Mechanismus der Anreize allerdings vergleichbar. Je höher die Nachfrage nach Emissionenszertifikaten, desto höher der Preis und desto höher die Einnahmen aus der Versteigerung und entsprechend die Ausschüttung als Klimageld.
Beispiel: für jemanden, der relativ problemlos CO2 sparen kann, wäre es dann sogar (rein ökonomisch) ein Vorteil, wenn ein paar Superreiche die Zertifikate aufkaufen und dafür immer höhere Preise zahlen.
Ich hab vielleicht etwas in deinen Beitrag gelesen, das nicht drin stand, nämlich dass sich durch diese Anreize auch die THG-Emissionen erhöhen könnten. Mein Fehler.
Die höheren Preise können in dem Fall zwar nicht den THG-Ausstoß (über den Cap hinaus) erhöhen, aber schon den Geldumsatz im Emissionshandel.
Meine Frage auf den EU ETS bezog sich darauf, wie die EU die Zertifikate anfangs zuteilt, denn nur in dem Moment kann man ja bei einem solchen System Einnahmen für ein Klimageld erzielen - später findet der Handel zwischen Privaten statt, sodass die dann gezahlten Preise gar keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe des zu verteilenden Klimageldes haben können. Ich erinnere mich, dass im EU ETS bislang die Zertifikate allerdings teilweise kostenlos vergeben wurden.
Das erfolgt zum Teil durch kostenlose Zuteilung (z.B. für energieintensive Industrie) und zum Teil durch Versteigerung. Letztere erlaubt dann einen Anstieg der Einnahmen des Staates bei steigender Nachfrage. Details werden in den nationalen Zuteilungsplänen geregelt. Tendenziell ist die Quote der Versteigerungen in den letzten Jahren gestiegen z.B. weil kostenlose Zuteilungen für den Flugverkehr reduziert wurden. Beliebig kann der CO2 Preis aufgrund der Stabilitätsreserve allerdings auch nicht steigen oder fallen.
Alles richtig, aber ein wichtiger Punkt ist m.E. noch nicht ausreichend beleuchtet.
Wenn man das Klimageld konsequent umsetzt, werden wir als Menschheit nie auf Null-CO2 Emissionen kommen. (Was es geben wird, ist Netto-Null-Konsum).
Aber da die Menge an ausgestoßenem CO2 wahrscheinlich immer weiter sinkt, wird mein persönliches Klimageld immer weiter sinken, bei gleicher Lebensweise. Nun kann ich den CO2 Ausstoß versuchen weiter zu reduzieren, aber irgendwann wird mein Grenznutzen erreicht sein.
Aber nun kommt die Politik ins Spiel: die definiert den Preis pro Tonne CO2 und kann darüber mittelbar die insgesamt ausgestoßene Menge CO2 regulieren. Ist die höher als erwünscht, wird der Preis erhöht, sodass der Grenznutzen bei vielen Menschen doch wieder weiter in Richtung Sparen geht. Das ganze bis der Preis einer wirklichen Kompensation erreicht ist.
Tolles Werkzeug, weil es sich anpassen lässt. Wenn, ja wenn man dafür Zeit hat bzw. sie sich nehmen kann