Ist billiger Strom wirklich die Lösung für den Klimaschutz?

Hi,
ich habe das in vergangenen Folgen oft gehört (und auch in anderen Medien). Die Faustformel für Klimaschutz scheint zu sein: Strom billiger machen und die unsichtbare Hand löst uns das Klimaproblem schon irgendwie. So auch wieder von Fr. Grimm zu hören, inklusive sehr unkonkreter Einlassungen zum Thema Wasserstoff. Ich habe dazu 2 konkrete Bedenken, die in der öffentlichen Debatte oft untergehen:

  1. Zum Billigstrom: Strom ist aktuell absolut nicht klimaneutral. Im Gegenteil: er ist sehr co2-intensiv. Das könnte sogar noch zunehmen, wenn die AKWs vom Netz gehen. Ergo ist weder ein Elektroauto noch eine Wärmepumpe klimaneutral. Jetzt könnte man sagen: das Problem löst sich von alleine mit dem Erneuerbaren-Ausbau. Was ja auch richtig ist. Es gibt aber ein großes aber, wenn man auf das Gesamtsystem schaut: Selbst klimaneutralen Strom können wir nicht verschwenden. Die Annahme ist also: wenn wir den Strom einfach billiger machen, steigt der Verbrauch da der Anreiz zum Strom sparen geringer wird. Das gilt natürlich insbesondere für große Unternehmen mit riesigen Verbräuchen. Dieser Aufwuchs käme noch zu dem eh schon steigenden Bedarf (Elektroautos, Wärmepumpen, Elektrifizierung in der Industrie) dazu. Das heißt: wir bräuchten noch mehr erneuerbare Erzeugung und damit auch Netze, Leitungen, Speicher etc. Kurzum: die Kosten für die Energiewende könnten uns um die Ohren fliegen. Mir ist es schleierhaft, warum weder in der Öffentlichkeit noch in der Politik die Verbrauchsseite vernünftig diskutiert wird. Eine systemische Betrachtung der Energiewende wird nur sehr selten angelegt. Dabei gehen alle großen Studien (dena, Ariadne etc) von ca. einer Halbierung des Energiebedarfs bis 2045 aus. Von unsichtbarer Hand gesteuert wird das aber nicht passieren und mit Anreizen zur Stromverschwendungen (EEG-Ausnahmen für Industrie z.B:) konterkarieren wir das sogar.

  2. Der gute alte Wasserstoff: Es gibt meines Wissens nach kein Land auf der Erde, dass seinem Energiebedarf zu 100% aus Erneuerbaren deckt. Das wäre ja die Grundlage dafür, dass man von dort grünen Wasserstoff exportiert. Ansonsten macht es aus globaler Perspektive ja null sind, in Marokko Grünstrom zu produzieren, diesen unter enormen Energieverlusten nach Deutschland zu schippern um hier damit zu heizen. Das ist Irrsinn weil a) Sollte man den Grünstrom direkt vor Ort einsetzen und b) gibt es für die meisten vermeintlichen Anwendungen hierzulande schon effizientere Lösungen (Gebäudesanierung + Wärmepumpen für Gebäude, Elektroautos statt Brennstoffzelle etc.)

Und: auch beim Thema steigende Heizkosten fehlt mir diese Diskussion vollkommen. Es ist sinnvoll, kurzfristige Härten durch z.B: eine Erhöhung des Wohngeldes auszugleichen. Aber das ist nur Symptonbekämpfung. Die Ursache ist die ernorme Abhängigkeit von importierten fossilen Energieträgern. Künstlich die Preise zu drücken wäre ineffiziente, nicht nachhaltig und extrem teuer. Stattdessen sollten wir mit dem Geld Bürgerinnen und Bürger (und Unternehmen) dabei unterstützen ihre Gebäude zu sanieren umd den damit den Verbrauch zu senken und auf der anderen Seite die Erneuerbaren schnell auszubauen und erneuerbare Heizungen auch im Bestand in die Breite bringen. Warum nicht große Wohnungsunternehmen zu warmmietenneutralen Sanierungen im Sinne der Klimaziele verpflichten statt sie zu enteigenen? Aktuell zahlen leider die Mieterinnen und Mieter die Zeche für die verfehlte Energiepolitik der Bundesregierung.

Was meint ihr?

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Ich bin der Meinung, dass wir uns in dieser Debatte seit Jahren in eine falsche Richtung entwickelt haben. Zahlen und Argumente werden von allen Seiten so „aufgehübscht“, dass diese zu den eigenen Zielen passen. Wenn man das gut genug macht, kann es ja auch niemand kontrollieren, da das Thema viel zu komplex ist.
Ich bin auch absolut kein Fan davon (lebens) notwendige Dinge zu verteuern ohne eine alternative anzubieten, da der Konsum ohnehin stattfindet.

Am Ende muss es auch der Mieter/in oder der Steuerzahler/in zahlen. Warum sollten es nicht die Vermieter zahlen? Meine Meinung: entweder kann der Vermieter die Kosten weiter geben oder ein Hausbau rentiert sich irgendwann nicht mehr. Zur Zeit muss ich ein Haus 30-40 Jahre abbezahlen. Wenn alle neu entstehenden Klimaschutzkosten dazu kommen, würden nochmal x-Jahre dazu kommen. Ich kenne nicht so viele Menschen, die bereit wären, dieses Risiko zu tragen.

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