Israel bewaffnet Palästinenser in Gaza - Gute Idee oder Weg zum Chaos

Netanjahu hat gestern bestätigt, dass die israelische Armee beschlagnahmte Waffen an Palästinenser Clans verteilt, die sie als Gegner der Hamas betrachtet. Hintergrund soll sein, dass diese Clans die Verteilung der Lebensmittel sichern solle.

Der Schritt scheint wohl sowohl in Israel als auch in Gaza umstritten zu sein.

Ich weiß auch nicht wirklich was ich davon halten soll. Einerseits kann man argumentieren, dass so ggf. eine wirksame Opposition zur Hamas geschaffen werden kann, die ja als Terrororganisation vom IStGH betrachtet wird.

Andererseits ist die Hamas selbst einst von Israel unterstützt worden als Konkurrent der gemäßigteren PLO. Und ist Israels Plan zur Entvölkerung des Gazastreifen nicht schon so offensichtlich, dass man kaum noch davon ausgehen kann, dass Israel sich nach einem theoretischen Ende der Hamas wirklich aus dem Gazastreifen zurückziehen würde?

Ich jedenfalls habe sehr große Zweifel an den Motiven von Israel und Netanjahu und glaube eher, das hier schlicht noch mehr Öl ins Feuer gegossen werden soll.

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Was ist dein Gegenvorschlag?

a) Israel erledigt es selbst.
b) Israel zieht sich zurück, hinterlässt eine Lücke und lässt die Hamas, die eine Wiederholung des 7.10. bereits angekündigt hat, sich in Ruhe wiederaufbauen.
c) Israel stärkt (vielleicht) weniger terroristische Palästinenser, die die Hamas beseitigen.

Zweifel an der Motivation Israels habe ich zwar auch, kann aber die Maßnahme kaum kritisieren.

Natürlich wäre es mir lieber, wenn wir eine internationale Schutztruppe auf die Beine stellen könnten, um den Gaza-Streifen nach dem Rückzug der Israelis aufzubauen und zu verhindern, dass eine extremistische Gruppe wie die Hamas wieder die volle Macht an sich ziehen kann. Problem ist: Weder Israel, noch die Hamas, sind damit einverstanden, eine einfache „Friedenstruppe“ ist daher nicht denkbar, es wäre vom ersten Tag an ein Kriegseinsatz gegen die Hamas, und dazu ist kein Staat bereit.

Also bleiben wirklich nur die Möglichkeiten, dass Israel es selbst sichert (was eine langfristige komplette Besatzung wäre), dass die Hamas wieder an die Macht gelassen wird (was nach dem 07.10.23 nur schwer denkbar ist) oder eben, wie jetzt versucht wird, eine andere Gruppe Palästinenser ausgerüstet und möglicherweise auch ausgebildet wird.

Von diesen drei Optionen ist Letztere vermutlich die sinnvollste, wenngleich ich völlig zustimme, dass das auch absolut nach Hinten losgehen kann. Die schlimmsten denkbaren Szenarien sind:

  1. Die neu bewaffneten Familienclans verbünden sich nach dem Abzug Israels mit der Hamas
  2. Die Hamas besiegt die neu bewaffneten Familienclans, erobert deren Waffen und wird dadurch noch stärker
  3. Die Hamas und die Familienclans liefern sich einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg, unter dem der Gaza-Streifen nicht wieder zur Ruhe kommt.
  4. Die Familienclans festigen ihre Macht und wenden sich, wie einst die Hamas, selbst gegen Israel.

Ebenso wichtig wie die Frage, wer nach Israels Abzug die militärische Macht dort haben wird, bleibt die Frage, wie der Gaza-Streifen wieder aufgebaut werden und ein Lebensstandard dort gewährt werden kann, der zumindest grob ähnlich zu dem in Israel ist. Wenn das nicht gelingt ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Sache wieder explodieren wird, egal, wer dann die militärische Macht hat. Wenn wir eines aus dem zweiten Weltkrieg gelernt haben ist es, dass langfristiger Frieden nur mit einem gewissen Maß an Wohlstand möglich ist. Und da sehe ich aktuell noch gar keine Bewegungen bei Israel - und Trumps Riviera-Plan soll zwar Wohlstand bringen, sieht aber keine Palästinenser vor.

Das ist übrigens der Worst Cast-Fall. Da die israelische Regierung Trumps Riviera-Plan offiziell unterstützt steht zu befürchten, dass ein Großteil der Palästinenser vertrieben werden soll und lediglich jene besagte Familienclans (als billige Arbeitskräfte) verbleiben dürfen. Das wäre natürlich absolut inakzeptabel.

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Im zweiten Weltkrieg gab es eine bedingungslose Kapitulation Deutschlands. Das war Voraussetzung für die Unterstützung und den Wiederaufbau Deutschlands. Es ist unrealistisch von Israel zu verlangen, dass sie ihre selbsterklärten Feinde unterstützen, so lang diese glaubhaft weitere Kriegshandlungen und Terrorakte gegen Israel androhen.

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Deswegen schrieb ich ja, dass die Hamas selbstverständlich nicht an der Macht bleiben darf. So lange die Hamas dort die faktische Macht hat, sehe ich auch nicht, wie es zu einem richtigen Wiederaufbau kommen könnte.

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