Hi liebes Lage-Team,
ich habe vor ein paar Tagen in einem anderen Forum einen Thread verfolgt, der sich genau mit diesem Thema beschäftigt hat und es hat sich eine Person beteiligt, welche beruflich mit Geflüchteten zu tun hat.
Diese Person hat ein Argument vorgebracht, dass mich seitdem nicht so richtig loslässt, weil es das einzig gute Argument gegen eine „fiktive Arbeitserlaubnis“, also die Umkehr der aktuellen Praxis ist, das ich bisher gehört habe:
Es schützt die Geflüchteten/potentiellen Arbeitnehmer davor, durch Unkenntnis von ihren Arbeitgebern ausgenutzt zu werden und in Abhängigkeit gebracht werden. Ich habe die Einverständnis eingeholt, die Person zitieren zu dürfen:
„Schließlich noch ein Wort zum Schutz der Asylbewerber bei mangelnden Deutschkenntnissen in einer Arbeit: Das ist ein richtiges Problem! Es gibt mittlerweile ganze Branchen - Brandsanierung, Gebäudereinigung u.a. -, die berüchtigt dafür sind, dass sich dort viele Firmen klumpen, die die prekäre Lage von Asylbewerbern ohne ausreichende Deutschkenntnisse schamlos ausnutzen. Oft (nicht notwendigerweise, aber es macht es ihnen einfacher) haben die Chefs selbst einen passenden Migrationshintergrund, sodass die Kommunikation mit den Mitarbeitern klappt. Die Arbeitsverträge sind allerdings oft nicht mal mehr an der Grenze der Legalität (z.B. beliebig viele unbezahlte Überstunden), aber da der Mitarbeiter nicht ausreichend Deutsch kann (und seien wir ehrlich, Juristendeutsch ist auch für Muttersprachler manchmal eine Herausforderung), unterschreibt er halt. Ist schließlich Arbeit, und warum sollte ihn ein Landsmann übers Ohr hauen?“
Das ist durchaus richtig, das könnte aber durch eine begleitende Behörde geregelt werden. Eine Behörde oder ähnliche der Asylbewerber in Sprachkurse bringt und für einen gewissen Zeitraum begleitet bis er wichtige Wissenstrasfer abgeschlossen ist.
Wenn ich die Argumente der Lage bisher richtig verstanden habe, dann funktioniert die Genehmigungsfiktion so, dass die Behörde erstmal nicht zustimmen muss, aber doch eine gewissen Zeit hat (3 Monate oder so) um doch noch Einspruch zu erheben. Das könnte sie in solchen Fällen tun. Der Arbeitsvertrag muss ja trotzdem vorgelegt werden.
Es gibt da ein Korrektiv, das dauert nur etwas und erfordert, dass der Staat die negativen Schlagzeilen dann aushält:
Irgendwann können sie die Sprache besser und stellen fest, dass sie ausgenutzt werden. Im Internet wird ihnen dann geraten, sich an pro Asyl zu wenden und die verklagen dann den Arbeitgeber.
Der wird sich dann an die Lokalpresse wenden und sein Leid klagen, dass er extra Flüchtlingen eine Chance gegeben habe und nun werde er von denen als Dank vor Gericht gezerrt. Das muss man dann aushalten, denn das Urteil wird ihn trotzdem lehren, dass er so was besser nicht mehr macht. Und der ausgenutzte Arbeitnehmer wird nachträglich entschädigt.
Sorry, aber das ist doch ein reines Feigenblatt. Wenn es darum ginge, könnte man es auch begleitend machen. Besser sogar, da man den Geflüchteten zu den tatsächlichen Umständen vor Ort befragen könnte.
Davon hat der Arbeitnehmer aber dann nichts, sondern wird zum Mittäter.
Tatsächlich gibt es Strukturen, um Missbrauch zu verhindern. Diese sind aber immer nur so gut, wie sie auch mit Mitteln und Rechten ausgestattet werden.
Auf jeden Fall halte ich es für den falschen Weg, Arbeitserlaubnisse zu verweigern oder einzuschränken, weil der Staat nicht fähig oder gewillt ist, diese entsprechend zu überwachen und zu kontrollieren.
Ich bin da jetzt nicht so der Jurist, aber wenn ein Arbeitgeber den Mindestlohn durch unbezahlte Überstunden unterläuft, wie macht sich der Arbeitnehmer denn da zum Mittäter?
Wie will er beweisen, dass er nicht schwarz bezahlt wurde? Denn das ist das naheliegendste. Darum ist es auch verboten, die Arbeitskraft ohne Gegenleistung zur Verfügung zu stellen, es sei denn, es handelt sich um ein unbezahltes Praktikum (auch das ist strengen Regeln unterworfen), Ehrenamt (das man nicht in einer Organisation erbringen darf, in der man parallel beschäftigt ist) oder Nachbarschafts-, Verwandschafts-, Freundschaftsdienst.
Außerdem geht es doch darum, dass der Arbeitsvertrag so unvorteilhaft ist, dass das Amt den Migranten davor schützen muss. Also ich finde es wird immer konstruierter…
Stimmt. Ich denke da immer an den Standardfall, dass Arbeitnehmer zu unbezahlten Überstunden gedrängt werden und damit der Mindestlohn unterlaufen wird. Bei unzulässigen Verträgen kann es anders aussehen.
Wenn wir schon beim Thema sind:
Gibt es Statistiken dazu, wie viele Menschen/Geflüchtete in Deutschland arbeiten können/wollen, es aber aus rechtlichen Gründen nicht dürfen? In der Lage wurde mehrmals erwähnt, dass es sinnvoll wäre, diese Menschen stärker in den Arbeitsmarkt einzubinden, sowohl zur Erleichterung der Integration als auch zur Entlastung beim Fachkräftemangel. Ich habe aber leider keine Quellen gefunden, die zeigen, um wie viele Menschen es dabei tatsächlich geht.
Ja, aber um das Argument überzeugend zu machen, brauchen wir eine belastbare Datengrundlage. Ein Problem lässt sich deutlich wirkungsvoller kommunizieren, wenn es quantifiziert wird.
Gerade weil das moralische Argument („Geflüchtete sind auch Menschen und sollten arbeiten dürfen“) leider oft weniger Gehör findet als das wirtschaftliche Argument („Wenn X Geflüchtete arbeiten dürften, könnten wir Y an Sozialausgaben einsparen“), wäre eine belastbare Statistik hilfreich.
Ohne konkrete Zahlen bleibt die Diskussion abstrakt, und es ist schwieriger, die tatsächlichen Auswirkungen der aktuellen Gesetzeslage auf Fachkräftemangel und Integration zu bewerten. Falls jemand Studien, Berichte oder offizielle Daten dazu kennt, würde mich das sehr interessieren.