Indexmieten in Zeiten hoher Inflation

Wir leben seit einem Jahr “unfreiwillig” (die Situation am Berliner Wohnungsmarkt für Mieter ist bekannt) unter einem Indexmietvertrag in Berlin. Und prompt kommt die leider legale Mieterhöhung nach einem Jahr um 7,2%. Vorbei an der Mietpreisbremse!
Scheinbar erst als die Inflation begann zu steigen, wurde dieses offensichtliche (ich bin mir sicher, das freundliche Ehepaar, welches im Besitz unserer Wohnung ist, leidet nicht unter steigenden Lebenshaltungskosten) Schlupfloch für Vermieter (auch die, die es wohl kaum nötig haben) erkannt und von der Politik aufgegriffen:

Katrin Schmidberger, MdA
Sprecherin für Wohnen und Mieten
Sprecherin für Haushaltspolitik

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
im Abgeordnetenhaus von Berlin

“Das Thema „Indexmietverträge“ beschäftigt uns seit geraumer Zeit, denn dieses Vetragskonstrukt stellt eine Doppelbelastung für viele Haushalte dar. Die Inflation, die gesteigerten Lebenshaltungskosten und rasant steigenden Energiekosten bringen weite Teile der Mieter*/innen in existenzielle Notlagen. Dabei trifft es vor allem die Personen, die keine finanziellen Absicherungen haben und vor großen Unsicherheiten stehen. Die zusätzliche Erhöhung der Kaltmiete nach der Inflation stellt – wie in Ihrem Fall – eine unzumutbare Belastung dar. Leider fehlt es bisher an wirksamen Instrumenten, um dieses Fallkonstrukt zu verhindern, bzw. die Auswirkungen abzufedern. Die Ausweitung der Wohngeldberechtigen, zum Beispiel, hat hier nur unzureichend für Entlastung gesorgt, viele Mieter*innen stehen immer noch ohne Unterstützung da.”

Folgende Maßnahmen wurden z. B. seitens der Grünen Bzw. In Berlin bereits unternommen: Zitat:

“Im Abgeordnetenhaus haben wir deshalb erst kürzlich einen Antrag eingebracht, der fordert, dass der Senat sich durch eine Bundesratsinitiative dafür einsetzen soll, für bisherige Indexmietverträge eine Kappungsgrenze bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete einzuführen und den Abschluss von Neuverträgen nach der Indexmiete zu verbieten. Hier finden Sie den Antrag: https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/DruckSachen/d19-0948.pdf

Auch die neue Regierungskoalition in Berlin aus CDU und SPD hat sich im Koalitionsvertrag für eine solche Bundesratsinitiative eingesetzt. Und auf
Bundesebene haben sich Bündnis 90/Die GRÜNEN gemeinsam mit der SPD für eine Deckelung ausgesprochen (Miete: Wird "Horrorszenario" wahr? Jeder dritte Mieter betroffen - DerWesten.de). Um hier wirksame Instrumente entwickeln zu können, bräuchte es allerdings die Zusammenarbeit mit dem FDP-geführten Justizministerium, das in diesem Thema, wie auch in anderen mietrechtlich relevanten Vorhaben, z.B. Vorkaufsrecht, entsprechende Maßnahmen blockiert.“

Wann ist mit einem Ende dieses ausbeuterischen Prinzips zu rechnen, was nur weiter zur Explosion der Berliner Mieten beiträgt?

Auch eine Neuauflage des Mietendeckels ist für mich nicht absehbar.

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Ist der Vermieter nicht gleichermaßen von der Inflation betroffen wenn es um Wartung und Instandhaltung geht? Ich halte Indexmietverträge für die fairste und transparenteste Lösung oder warum sollte der Vermieter Ihnen eine Wohnung vermieten wenn die höheren Kosten an ihm hängen bleiben?

Berlin ist eine coole Stadt im der viele Menschen aus dem In- und Ausland wohnen möchten und die Mieten müssen stark steigen um Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht zu bringen. Und das Experiment Mietpreisbremse hat schön gezeigt, was passiert wenn man sie einsetzt: Rückgang des Angebotes. Und während sich Bestandsmieter freuen, leiden junge Familien, Menschen die neu nach Berlin ziehen bzw. Ihre erste Wohnung suchen. Es gibt kein Recht auf günstiges Wohnen an einem beliebten Ort! Und so lange Menschen nicht flexibel genug sind und wie Sie auch weiter Wohnraum nachfragen, werden Mieten auch nicht fallen.

Ich denke, man kann Indexmieten sowohl positiv als auch negativ betrachten. Es ist wirklich nicht so, dass sie einseitig die Mieter oder Vermieter bevor- oder benachteiligen würden.

Das Problem ist eher das Wahlrecht des Vermieters - denn dadurch, dass der Vermieter festsetzt, ob als Indexmietvertrag oder anhand der ortsüblichen Miete vermietet wird, hat er die Kontrolle darüber, jeweils die Vertragsart zu verwenden, die in der jeweiligen Situation vorteilhaft ist.

Bedeutet:
Der Vermieter einer Immobilie im ländlichen Bereich oder in einem Stadtteil, in dem nicht mit Wertsteigerungen der Immobilien zu rechnen ist, kann mit der Indexmiete eine für ihn vorteilhafte Regelung wählen, während der Vermieter, der im In-Viertel vermietet, die vollen Vorzüge der Wertsteigerung und damit der schnell steigenden ortsüblichen Mieten genießt.

Wären daher bundesweit „nur“ Indexmieten oder „nur“ Vergleichsmiete möglich, wäre beides für sich akzeptabel, keines der beiden Modelle ist inhärent unfairer für Mieter oder Vermieter. Aber wenn nur der Vermieter Einzelfallbezogen immer das für sich beste Modell rauspicken kann, geht es logischerweise immer zu Lasten des Mieters.

…und findet dann erst recht keinen Mieter. Denn wenn in der Gegend nicht mit Wertsteigerungen zu rechnen ist, dann doch einzig deswegen, weil dort keiner wohnen will. In solchen Gegenden kannst du als Mieter die Bedingungen diktieren, zu denen ein Vertrag verfasst wird, und einen Indexmietvertrag akzeptierst du einfach nicht, wenn du der Meinung bist, dass die Wohnung inflationsbereinigt an Wert verlieren wird und somit die Miete im Laufe der Zeit real günstiger werden müsste.

Als Vermieter kannst du die Konditionen eigentlich nur dann durchsetzen, wenn auch mehr Nachfrage als Angebot vorhanden ist - und wenn deine Kondition halt ein Indexvertrag ist, weil er kurzfristig vorteilhaft erscheint, dann gilt das auch dafür.

Vermutlich wird der ein oder andere, der jetzt glaubt, er sei schlau, und einen solchen Vertrag in einer „In-Gegend“ dem Mieter aufzwingt, diesen Schritt noch bereuen, wenn die Inflation erst mal wieder normale Niveaus erreicht hat und ihn der Indexvertrag dann daran hindert, potenziell mögliche deutlich größere Mieterhöhungen als 2% im Jahr durchzusetzen. Aber klar, bis dahin ist so ein Vertrag erst mal ein auf kurze Frist teures Ärgernis für den Mieter und ein Vorteil für den Vermieter.

Nein. Wartungs- und Instandhaltungskosten belaufen sich auf etwa 10% der Mieteinnahmen. Der Großteil der Miete geht vermutlich in Abzahlung von Krediten, die schon festgeschrieben sind und somit nicht von Inflation betroffen.

Hier werden jetzt verschiedene Dinge vermischt. Sollten Mietpreise steigen wegen „Angebot und Nachfrage“ oder wegen tatsächlich gestiegener Kosten, wie anfangs behauptet?

Es hilft nichts, so zu tun, als wären irgendwelche stark vereinfachten Modelle aus einem „Ökonomie für Anfänger:innen“-Buch Naturgesetze. Nein, die Preise „müssen“ nicht steigen; das ist eine gesellschaftliche Entscheidung.

Ich nehme an, das bezieht sich auf den Mietendeckel in Berlin; die Mietpreisbremse ist ein bundesweit immer noch gültiges Gesetz. Mich würde auch interessieren, inwiefern das für einen Rückgang des Angebots gesorgt hat; sind die Wohnungen auf einmal verschwunden?

Sollte es aber vielleicht. Und es gibt ja zumindest ein Menschenrecht auf angemessenen Wohnraum. Je nach Auslegung kann „angemessen“ auch bedeuten, dass die Wohnung bezahlbar und nicht stundenlang von der Arbeitstelle entfernt ist.

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Auch die müssen früher oder später refinanziert werden. Bei unserem Vermietobjekt lägen die Zinsen aktuell um den Faktor vier höher. Klar, das ist unser Risiko, aber daher haben wir ja Indexmietverträge vereinbart, da die Inflation und die Finanzierungskosten ebenfalls korrelieren. Und wir haben keinen Mieter gezwungen, bei uns eine Wohnung zu mieten. Natürlich besteht ein Bedarf an Wohnraum, sonst hätten wir ja nicht gebaut (Angebot und Nachfrage…).

Wie willst du denn den die Miethöhe für Wohnungen in begehrten lagen „fair“ festlegen? Der Markt ist relativ gut darin, knappe Güter zu verteilen, auch wenn das im VWL Grundkurs gelehrt wird. Oder soll die Miete so gestaltet sein, dass sie gerade kostendeckend für den Vermieter ist, dafür trägt dann der Mieter alle Risiken mit und finanziert diese dann auch, wenn es nötig wird?

Wer stellt denn dann geeigneten Wohnraum zur Verfügung und wer zahlt das? Man kann viel fordern, aber es muss dann ja auch irgendwie umgesetzt werden.

Aber darum gibt es doch eine Zinspreisbindung?

In Großstädten haben wir oft das Phänomen, dass die Preise für Immobilien schon längst überhitzt sind und nicht mehr weiter steigen, teilweise sogar wieder sinken. Die Mieten tun das nicht, der Preis entkoppelt sich also von den Mieten.

Daher schrieb ich ja, das früher oder später eine Refinanzierung notwendig wird und das die Zinsen bei uns um den Faktor 4 höher lägen(=konjunktiv). Da ich aber zu diesem Zeitpunkt dann nicht die Möglichkeit habe, die möglicherweise höheren Zinskosten direkt an die Mieter weiterzugeben, muss ich jetzt schon Kalkulieren, wie viel mehr Miete ich benötige. Das sind wirtschaftliche Überlegungen, die ich als Vermieter anstellen muss.

Der Preis hat sich doch schon vor vielen Jahren von den Mieten entkoppelt - und zwar wegen der niedrigen Zinsen. Die Mieten sind nicht annähernd so gestiegen wie die Kaufpreise. Deswegen ist eine gegensätzliche Bewegung (fallende Preise, stagnierende oder steigende Mieten) jetzt keine „Entkopplung“, sondern das genaue Gegenteil: eine Normalisierung.

Dass Preise selbst an sehr beliebten Orten jetzt fallen, ist aber letztlich ein temporäres Korrekturphänomen, das durch Änderungen im Zinsumfeld ausgelöst wurde. Zinsen sind schlagartig gestiegen, die Preise müssen auch bei gleichbleibend hoher Attraktivität der Gegend nun ebenso schlagartig fallen, damit die Rechnung für Käufer am Ende wieder aufgeht. Geld, das früher der Verkäufer bekommen hat, kriegt jetzt halt die Bank.

Für die langfristige Betrachtung der Wertentwicklung ist das aber relativ irrelevant, denn irgendwann ist diese Korrektur auch wieder vorbei und das neue Zinsniveau eingepreist. Für die langfristige Sicht gilt immer noch: wo viele Leute wohnen wollen, ist mit Preissteigerungen zu rechnen, die mindestens mal die Inflation ausgleichen, also mit Werterhalt, in besonders beliebten Lagen auch mit Realwertzuwächsen. Und wo nicht mal mit Werterhalt gerechnet werden kann, da will im Umkehrschluss offenbar keiner wohnen, also wird auch keiner, der trotzdem da hinzieht und die Wahl unter vielen freien Wohnungen hat, einen Indexmietvertrag akzeptieren.

Naja. Menschen müssen nunmal wohnen, und wenn der Wohnungsmarkt angespannt ist, entsteht damit eine Zwangslage. Vermieter:innenseits wird diese Zwangslage ausgenutzt, um Konditionen zum Nachteil der Mieter:innen in der Vertrag zu drücken.

Das würde ich mal grundsätzlich bestreiten. Schließlich ist es ja wohl kaum so, dass aktuell Wohnung gut (was für mich bedeutet: am Bedarf orientiert) verteilt ist. Oder anderes Beispiel: Es gibt genug Nahrung auf der Welt, um alle Menschen zu ernähren, aber hunderte Millionen Menschen hungern. Das ist ein Resultat des Wirken des Marktes.

Miete sollte maximal kostendeckend sein (inkl. Risikozuschlag, der sich meines Wissens bei etwa 1 Euro/qm bewegt). Da freuen sich Vermieter:innen wahrscheinlich nicht, aber das stört mich nicht, ich will sowieso Vermieter:innen perspektivisch abschaffen.

Wohnen ist ein Grundbedürfnis, und ich bin grundsätzlich dafür, dass die Grundversorgung in staatlicher Hand ist. Bezahlbar ist das auch, es braucht eben ein solidarisches Modell. Im Moment fungiert Vermietung als Mittel zur Extraktion von Kapital und zur Umverteilung von unten nach oben, wenn dem ein Riegel vorgeschoben wird, sinken die Mieten automatisch.

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Durch was oder wen sollen sie ersetzt werden?

Das sind auch politische Prioritäten: Eine Ausrichtung der Mietpreise am Markt ist wichtiger als bezahlbarer Wohnraum.

Scheinbar denken viele, es gäbe eine Art Recht auf die Erzielung privaten Profits aus der Notwendigkeit, dass Menschen irgendwo wohnen müssen.
Wie verwöhnt aber auch diese Menschen sind, dass sie nicht nach Marzahn oder Kleinkleckersdorf ziehen wollen, nur weil sie ihren Job in Charlottenburg und die Kita in Neukölln haben und zu faul sind, jeden Tag vier Stunden durch die Gegend zu fahren!

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Naja, zwei Optionen stellen sich für mich dar:

  • Der Staat vermietet alle Wohnungen
  • Menschen wohnen jeweils in Wohneigentum

Wahrscheinlich ist eine Mischung aus beiden Ansätzen vernünftig, damit genügend Flexibilität gewahrt bleibt und gleichzeitig administrativer Aufwand begrenzt.

Da denken sie richtig. Diese Geschäftsbeziehung wird sogar umfänglich im BGB geregelt.

Und dann verstaatlichen wir noch alle Bauunternehmen, Beton- und Stahlproduzenten, Handwerker und Küchenhersteller. Und dann haben wir einen Molloch, bei dem die besten Wohnungen an Freunde und Verwandte vergeben werden, alles doppelt so teuer wie geplant wird und alles in Büokratie untergeht.

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Wie gut, dass Imkompetenz, Klientilismus, Vetternwirtschaft, überzogene Preise und Bürokratie in der privaten Wirtschaft niemals vorkommen!

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Und was haben wir dann gewonnen?

Da lesen Sie falsch. Die Frage von @Veche war nach einem Recht auf die Erzielung privaten Profits, nicht nach einem Recht darauf, zu versuchen, privaten Profit zu erzielen! Letzteres existiert zweifellos, ersteres hingegen nicht.

Wer vermietet, ist Unternehmer. Unternehmer gehen ein unternehmerisches Risiko ein. Das Geschäft, das sie machen, kann sich für sie lohnen, aber es kann sich hinterher auch gar nicht so selten als nicht lohnenswert rausstellen. Bei „klassischem“ Unternehmertum - dem Gründen eines Betriebs etwa - ist das Common Sense, ebenso bei Geldanlagen in Firmen über Aktien. Niemand zweifelt in diesen Fällen an, dass die Akteure durch Änderungen bei den Umgebungsbedingungen, die außerhalb ihrer Kontrolle sind, mal profitieren oder mal auch draufzahlen können. Nur bei Immobilien scheint es den Anspruch zu geben, dass der Staat über Gesetzgebung, Subventionen, … bitteschön dem Vermieter seine Rendite zu garantieren habe, die er sich irgendwann, als er die Entscheidung zum Kauf seines Mietobjekts traf, mal ausgerechnet hat. Und diese Politik ist die Grundlage für die (zutreffende) Sichtweise, dass Vermietung derzeit ein Umverteilungsmittel von den weniger Begüterten zu den Wohlhabenden ist.

Sobald sich irgendwoher politisches Ungemach nähert, das dieses „Recht“ einschränken könnte, wird reflexartig damit gedroht, dass dann ja keiner mehr vermieten würde - sprich es wird von Seiten der Vermieter-Lobby ganz konkret mit der existenziellen Notwendigkeit des Wohnens gespielt und Politik gemacht! Vor diesem Hintergrund kann ich Rufe nach mehr staatlicherseits bereitgestelltem Wohnraum durchaus verstehen - gäb’s mehr davon, würde den verbleibenden privaten Vermietern (da zähl ich jetzt übrigens auch mal börsennotierte Wohnungskonzerne hinzu) dieses Drohpotenzial genommen, und wir kämen vielleicht wieder eher zu einem funktionierenden Markt ohne die ganzen Dysfunktionalitäten und Ineffizienzen, die der Mietmarkt heute hat.

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Jammern tun Mieter, Vermieter und Selbstnutzer gleichermaßen. Gehört zum Geschäft. Für den Interessenausgleich sorgt die Gesetzgebung, die man Anpassen kann.
Den Wohnungsmangel behebt man nicht, indem man Eigentum abschafft.

Nur mal so als Realitätscheck:

In Berlin lagen die durchschnittlichen Angebotsmieten 2021 bei etwas über 10€/qm (Quelle).

Die Neumieten der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften dagegen bei 7,25€/qm (Quelle).

Kommt mir irgendwie nicht doppelt so teuer vor.