Implementierung und Stand der Funkzellenabfrage in Berlin

Moin!

Habe gerade wie jede Woche den Podcast gehört und fand spannend wie der aktuelle Stand der Funkzellenabfrage in Berlin ist.

Vielleicht irre ich mich hier, aber als Ulf erzählte wie die Software Zustande kam konnte ich nicht umhin das Ganze etwas komisch zu finden. Finde toll, dass es jemanden gibt der sowohl die technische als auch die rechtliche Expertise vereinet, und so ein Projekt umsetzt. Aber sollte nicht eine Stadt wie Berlin einen IT-Dienstleister haben der sowas umsetzt? Dann ist das Wissen um die Anwendung institutionalisiert und geht nicht verloren, wenn der Umsetzende sich anderen Aufgaben widmet.

Wenn jemand tiefere Einblicke hat wie andere Städte, Länder, der Bund etc sowas handhaben würde mich das brennend interessieren!

Grüße aus Slowenien

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Müssen solche Softwareprojekte nicht eigentlich ausgeschrieben werden? Ich kann mir nicht vorstellen, dass der offizielle Prozess einfach durch einen Anruf des Entscheiders (wie von Ulf geschildert) ersetzt werden kann :thinking:

Naja, nach allem was man so hört, ist das Anheuern eines IT-Dienstleisters so ziemlich das Gegenteil von Institutionalisierung. Denn das Wissen über die Software liegt dann bei dem Unternehmen. Und das will wahrscheinlich laufend mehr Geld damit verdienen.

Die Stadt Berlin hätte eher einen Mitarbeiter einstellen sollen, der sich mit der Software vertraut macht und sie pflegt. Das wäre eher „Institutionalisierung“ von Wissen/Fähigkeiten gewesen.

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Das meine ich ja. Eine eigene Behörde, die solche IT Projekte für das Land umsetzt und betreibt. So kann dann ja auch in-house expertise aufgebaut werden.

Man könnte es auch noch weiter treiben: Warum soll das jedes Bundesland einzeln machen? Es gibt sehr viele Aufgaben - von der Ausstellung von Personalausweisen über die Erstellung von Stundenplänen in Schulen, die Sammlung und grafische Aufbereitung von Wahlergebnissen bis hin zu polizeilichen Aufgaben, wie Funkzellenabfragen, für die spezielle Software benötigt wird (beliebige andere Beispiele lassen sich hier ergänzen). Diese Aufgaben werden nicht in jedem Bundesland und in jeder Kommune identisch, aber doch häufig sehr ähnlich sein. Warum gibt es nicht eine Organisation in öffentlicher Hand, die Menschen mit entsprechendem Know-How versammelt und die entsprechende Software entwickelt - und zwar in Zusammenarbeit mit den Nutzenden und open source, so dass die Software bei Bedarf angepasst und weiterentwickelt werden kann. Das könnte auch dezentral erfolgen (also beispielsweise macht Hessen die Schulsoftware, NRW die für die Polizeien etc.) und entsprechende Stellen in anderen Ländern können sie dann übernehmen. Für neue Projekte kann ja auch zusätzliche Expertise eingekauft werden. Gegenüber der heutigen Situation, in der oftmals ähnliche Institutionen für ähnliche Aufgaben öffentliche Aufträge an private Anbieter vergeben und mitunter noch Lizenzgebühren für propietäre Software zahlen, dürfte das auf lange Sicht sehr viel Geld sparen.

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In UK gibt es mit „Government Digital Services“ eine Behörde die genau sowas macht, glaube ich.
Sie baut nicht einfach nur Software sondern stellt digitale Services bereit. Die widerrum von Behörden genutzt werden können um darauf basierend eigene Anwendungen zu bauen.

So unteranderem: Eine einheitliche Design Sprache, konfigurierbare Formular, ein SSO, Notifications und Bezahlsystem.

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Ich sag ja mal so, so etwas hat Deutschland ja auch:

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Interessant! Kannte ich gar nicht.

Mir scheint der Unterschied zu dem von mir geposteten Link jedoch darin zu liegen, dass das ITZ Bund sich mit dem technischen Betrieb zu befassen scheint, während die Digital Services Divison eine Eben näher am User angesiedelt ist und sich eben mit Services befasst.

Das ist ja erschreckend, dass das Projekt nun eingestellt wird.

Was mich aber noch mehr erstaunt ist wie es sein kann, dass an so etwas über 5 Jahre (2014-2020) gearbeitet wird. Nichts für Ungut, @vieuxrenard hatte neben der Arbeit daran sicher weit wichtigeres zutun. Aber was ist das für eine Verwaltung, die durch nebenberufliche Entwicklung ein Projekt so sehr verzögert?

Es gibt die IT-Dienstleister des Bundes, der Länder oder der Bundeswehr. Im Grunde sind das Ausgründungen oder Spezialisierungen, die aber 100% für die öffentliche Verwaltung arbeiten. Ich sehe darin keinen Nachteil gegenüber einer Inhouse-IT.

Firmen machen das ähnlich Caridad ist die Software-Entwicklung der VW, BASF Digital Services macht das gleiche für die BASF.

Es ist also die Frage, warum man lieber Ulf, der sicher schon den Tisch voll hatte, den Auftrag gibt statt bspw. öffentlich arbeitenden IT-Dienstleistern wie ITZBund oder Dataport.

Das war nicht die Schuld der Senatsverwaltung, sondern des Abgeordnetenhauses. Das hatte nämlich ausdrücklich entschieden, dass das Projekt aus dem laufenden Haushalt zu bezahlen ist, d.h. es stand praktisch kein Geld für das Projekt zur Verfügung. Daher auch die Entscheidung, einen Mitarbeiter damit zu beauftragen, der schon da war.

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Ich finde es auch toll, dass ihr die Einstellung des Systems in Berlin zum Anlass genommen habt, die Zielsetzung und rechtliche Situation nochmals zu beleuchten.

Mir hat in diesem Fall aber eure sonst sehr gelungene politische Einordnung dieses Vorgangs gefehlt. Es ist doch schon interessant, dass die „gleiche“ Koalition, die es auf den Weg brachte, nun wieder einstampft. Das steckt doch sicherlich mehr dahinter als ein reines „funktioniert halt nicht mehr“.

Darüber hinaus berichtet der Tagesspiegel, dass die Einstellung möglicherweise daran liegt, dass Berlin gar nicht zuständig sei: „Doch Koalition und Justizverwaltung bezweifeln, ob das Land Berlin überhaupt zuständig ist und selbst die Information zur Funkzellenabfrage gesetzlich regeln darf, wie es unter Rot-Grün-Rot geschehen ist. Wie beim vom Bundesverfassungsgericht gekippten Mietendeckel geht es also um die Frage: Hat Berlin überhaupt Gesetzeskompetenz, wenn der Bund sie schon wahrnimmt?“
(Quelle: Schwarz-Rot streicht in Berlin Prestigeprojekt der Grünen: Transparenzsystem zu Funkzellenabfragen wird der Stecker gezogen)

Hier würde ich mir von euch eine nähere politisch/rechtliche Einordnung wünschen.

Zum weiter oben angesprochenen Thema IT-Dienstleister der Länder/Kommunen (z.B. ITDZ für Berlin) und des Bundes (z.B. ITZ Bund). Auch die schreiben einen großen Teil aus und beauftragen privatwirtschaftliche Dienstleister. Damit ist also nicht automatisch garantiert, dass das Knowhow in staatlicher Hand bleibt.

Natürlich, nur leider können wir aus rechtlichen Gründen über manche Details nicht berichten.

Das ist natürlich Käse: Die Funkzellenabfrage und die Pflicht zu Benachrichtigungen sind bundesrechtlich geregelt, das Land hat nur geregelt, wie die bundesrechtlich vorgesehene Information konkret organisiert werden soll. Und genau das ist bundesrechtlich nicht geregelt und schon gar nicht abweichend oder abschließend. Diesen Punkt fand ich derart abwegig, dass er eine Diskussion in der Lage nicht lohnt.

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Das ist nachvollziehbar. Es bleibt dennoch unbefriedigend, dass dann die Darstellung beispielsweise im Tagesspiegel stehen bleibt, obwohl es so absurd ist und ihr (mit einer gewissen Betroffenheit bei diesem Thema) dies unkommentiert stehen lasst.