Impfstoff auf Lager - und ich soll sterben?

In den USA sind ca. 24% der Dosen nicht verimpft, in Deutschland ca. 29%. Keine große Diskrepanz. Dass die USA (pro Kopf) deutlich mehr Dosen zur Verfügung haben, wurde schon hinreichend diskutiert.

Ich nehme an, du beziehst dich hier weiterhin auf das Impfdashboard?
Dabei bitte beachten, dass dort die verimpften (und offenen) Dosen nicht nach Lieferant aufgeschlüsselt sind (zumindest sehe ich das nicht), es handelt sich also nicht zwingend um AZ-Dosen.
Weiterhin legen wir (soweit ich weiß) weiterhin die Zweitdosen zurück. Basierend auf den durchgeführten Erstimpfungen in den letzten zwei Wochen sind das locker 1 Mio. Dosen, die nur dafür „auf Halde“ liegen.
Bei AstraZeneca ist der Abstand noch viel größer, dementsprechend wird noch mehr zurückgelegt.

Also zum Erklären wäre es schon gut, wenn man die wirklichen Ursachen wüsste. Die schnellen Pseudoerklärungen (die Leute wollen sich nicht impfen lassen) sind jedenfalls nicht hilfreich und führen im schlimmsten Fall zu falschen Gegenmaßnahmen. Die Erklärung Impfverweigerung ist natürlich bequemer, als sich z.B. logistische Probleme einzugestehen (so musste z.B. die Software an Imfzentren für den neuen Impfstoff angepasst werden, da der ja nur bis 65 zugelassen ist). Wenn man ehrlich ist, weiß man nichtmal sicher, ob der Befund (Impfungen liegen nur rum) so überhaupt stimmt. Z.B. werden Impfungen in Krankenhäusern (die wohl große Mengen des AstraZeneca-Impfstoffes bekommen) offensichtlich nur mit Zeitverzögerung zurückgemeldet. Wenn man dann noch bedenkt, dass wir in D ja immer die zweite Impfung aufheben und bei AstraZeneca auf Grund der späteren Zulassung die meisten bisher nur eine Impfung bekommen haben, dann relativieren sich die Zahlen schon deutlich.

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Wobei 3 Millionen Impfdosen eigentlich noch viel zu wenig sind, um Hausärzte vollumfänglich einzubeziehen. Deutschland hat ca. 55k Hausärzte, die jeweils pro Woche rund 100 Imfungen schaffen würden (Vergleich Grippeimpfung). Da wäre man innerhalb einer Woche schon bei 5,5 Millionen Dosen. Was aber stimmt - der Impfstart bei den Haus- (und Betriebs-)Ärzten müsste rechtzeitig vorbereitet werden. Ob das derzeit passiert?

Es geht mir um die Anzahl Impfungen pro Tag. 160.000 vs. 2 Millionen ist einfach nur schlecht. Vor allem weil die USA jetzt nicht auch nicht gerade ein Land mit perfekter Verwaltung sind und die ganzen Impfstoffe noch unter Trump bestellt wurden.

Meine 93-jährige Oma in NRW hat Ostersamstag ihren ersten Termin. Ihre Tochter arbeitet im Gesundheitsamt und hat sich sofort um einen Termin bemüht. Ich hoffe, dass zukünftige Lieferungen wie von Johnson&Johnson direkt an die Hausärzte geliefert werden, die dann nach eigener Reihenfolge ihre Patienten impfen können. Zuviel Bürokratie schadet nur, wenn die Digitalisierung so weit hinterher hinkt wie in Deutschland. Einige Kommunen wie Duisburg haben zwar eigene Lösungen entwickelt, aber besser wären funktionierende Lösungen auf Länderebene.

AnjaR spitzt sicherlich zu. Sie wäre ja zufrieden, wenn der zur Verfügung stehende Impfstoff in der Priogruppe 1 verwendet werden würde. Vermutlich wäre sie auch einverstanden, falls der Imfpstoff dann in Priogruppe 2 genutzt wird – je mehr geimpft wird, desdo niedriger das Risiko auch für die nicht geimpften. Nur im Regal hilft der Impfstoff niemandem.

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Ansichtssache. Das liest sich schon sehr abenteuerlich:

In Schleswig-Holstein etwa musste zunächst die Buchungssoftware umgestellt werden , um AstraZeneca in großem Stil in den Impfzentren einsetzen zu können.

Und während wir bei uns staatliches Totalversagen erleben dürfen, wird andernorts mal wieder ein Anschlag verübt, diesmal auf ein Testcenter. Bei uns werden ja auch die Drohungen gegen Journalisten, Ärzte, RKI, Drosten, Test- und Impfcenter immer häufiger und gewalthaltiger. Und während man die Spinner ein Jahr lang frei gewähren lässt (man erinnere sich an die tollen Demos die von der Polizei belächelt wurden, während die linke Gegendemos mit Wasserwerfern beschossen wurde), wundert man sich, dass sich das Milieu zunehmend radikalisiert.

Mir persönlich geht diese gesellschaftliche Entwicklung momentan hart auf die Nerven. Das Internet war vorher schon kein Hort der Freundlichkeit, aber seit einem Jahr seh ich egal wo ich lese immer mehr anonyme - entschuldigt mein Französisch - Vollidioten, die jegliche Fakten abtun und nur das glauben, was in ihrer Facebook-Gruppe geschrieben wird. Ich kann Verzweiflung ja nachvollziehen, aber an irgendeinem Punkt geht’s dann über in Realitätsverweigerung mit gewalttätigen Tendenzen. Yay.

Hallo Martino,

Das fordere ich nicht. Ich fordere, dass kein Impfstoff im Lager vergammelt der draußen Millionen Menschen schützen könnte.
Ich fordere Erklärung dafür, warum man die, die geimpft werden wollen, nicht schützt, obwohl Impfstoff da ist. Mehr nicht. Dein Satz ist eine unsachgemäße Auslegung deinerseits.
Es macht keinen Sinn sich hier im Mikromanagement zu verzetteln und deutschen Perfektionismus in der Strukturierung zu zelebrieren. Jeder der jetzt angesteckt wird, obwohl er geimpft werden will fällt diesem unsinnigen Bürokratie/Organisationsmonster zum Opfer.
Ich möchte gern auf die letzte Folge vom Corona-Virus-Update verweisen! Es gibt tausende Ärzte, die impfen können in der ganzen Fläche verteilt. Es existiert eine funktionierende Infrastruktur. Wo liegt also das Problem?

Gruß!
Anja

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Hallo arfst!

Danke!
Das wollte ich sagen!
Es kann mir keiner erklären, dass da Impfstoff im Regal liegt. Würde die Prio-Abarbeitung funktionieren, würden die produzierten vials direkt zum Impfzentrum geliefert, weil selbst die noch nicht produzierten Batches schon im Ziel bestimmt sind und auf Liefertermin dort die entsprechende Anzahl Patienten sitzt. Geht bei uns in der Industrie auch. Hier hat sich ein ineffektiver und aufgeblasener Verwaltungsapparat etabliert, der an der Realität vorbei arbeitet. Jeder Hausarzt kann sagen, wieviel Risikopatienten er in jeder Gruppe hat und wie lange er braucht um diese entsprechend Prio durchzuimpfen. Zur Entlastung impfen die Betriebsärzte die arbeitende Bevölkerung. Da gehen bei uns mehrere Hundert am Tag für die Grippeimpfung. Das ist ein stehendes System.
Hier kostet jeder Tag Leben, weil die Bürokraten etwas organisieren, was intrinsisch einen chaotischen Anteil hat. Ich vergleiche es mal damit, dass Sandkorn für Sandkorn die Strandburg konstruiert wird - bis die nächste Welle kommt.
Das kann nicht funktionieren und ist so groß und träge als System, dass es nicht rechtzeitig auf die schnelle Entwicklung reagieren kann - zum Preis von Menschenleben. Das ist unvertretbar.
Viele Grüße!
Anja

Hallo nochmal Martino,

ich würde gern einen inhaltlichen Diskurs beibehalten, statt Aneinanderreihungen von Satzfetzen meiner posts zu passenden Argumentationsketten von dir zu lesen. Auch mein Hinweis, dass ich den Threat mit einem spezifischen Anliegen eröffnet habe, wird aus dem Kontext gerissen, denn auch dieses Feedback von mir hat eine Vorgeschichte. Zudem ist für mich Twitter keine adäquate Datenquelle. Also würde ich hier gern keine fein zieseliert Ursachenforschung betreiben, wieso das mit dem Impfen hier nicht läuft. Das ist wie Topfschlagen im Minenfeld. Ich will wissen, was für Ideen wir haben, wie das besser gehen kann und zwar so, dass möglichst bald auch das normale Volk geschützt werden kann. Meist sind die nämlich auch dem größeren Risiko ausgeliefert. Risiko definiert sich nämlich nicht nur nach Schweregrad sondern auch nach Eintretenswahrscheinlichkeit. Wer muss denn also doch mal ins Büro fahren, in die Kita/Schule, Supermarkt? Vielleicht auch mit Öffis, weil man sich kein Auto leisten kann. Richtig. Das gemeine Fußvolk. Wieso müssen die warten, wenn doch Material da ist?
Anja

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Moin :slightly_smiling_face:
Danke für die tolle Lage Live heute :clap: :clap: :clap: und natürlich :hearts:-lichen Glückwunsch!
Ich müsste nochmal hier eine Frage anbringen, die mich seit ein paar Tagen umtreibt: An welchem Read-Out stellen die Impfstoffverwalter eigentlich fest, dass sie jetzt alle (oder fast alle) aus Gruppe 2 geimpft haben?
Weiß das jemand?

Ich meine, dass ja irgendwann mal der Punkt erreicht sein müsste, wo die auf einer Liste/Datenbank/Verzeichnis sehen: So. Nun haben wir (fast) alle aus Gruppe 2 - können wir Gruppe 3 zulassen zur Impfung.

Die Gruppe 2 ist ja ziemlich heterogen und ich kann mir bei dem chaotischen System irgendwie schwer vorstellen, dass da dem Gesundheitsamt was vor liegt, wo die alle drin sind. Mein Vater 73, 4 Risikofaktoren, wurde im Dezember bei seinem Hausarzt schon in eine Liste aufgenommen. Wofür konnte er mir nicht sagen. Jedoch kann ich mir vorstellen, dass den Impfstoffverwaltern gar nicht klar ist, wie weit sie in Phase 2 fortgeschritten sind, weil sie es einfach nicht in einem konsolidierten Verzeichnis tracken können.
Wie wollen die also zum Meilenstein kommen, wenn der diffus ist?
Wäre cool, wenn mir hier einer irgendwas hilfreiches antworten kann.
Viele Grüße!
Anja

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Da in Gruppe zwei ja unter anderem auch Kontaktpersonen drin sind, kann keine Verwaltung dazu eine Liste/Datenbank haben. Und ich als Schwangere wurde z.B. bisher noch nicht einmal gefragt, wer meine Kontaktpersonen sind.

Würde mich aber auch interessieren, wie das mit den Impfterminen der Kontaktpersonen funktioniert - in meinem Fall für Berlin. Falls da jemand Genaueres weiß, würde ich das also auch brennend interessieren.

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Ich stimme dir voll zu. Zumal beim AZ-Impfstoff keine Lieferengpässe bestehen und theoretisch alles als Erstdose verimpft werden kann. Das Schlimme ist: die Trägheit der deutschen Strukturen und die Unfähigkeit, innerhalb von einem Jahr zu lernen, vorauszuplanen und umzusetzen und bei Bedarf pragmatisch zu priorisieren, ist wahrscheinlich immer schon da gewesen. Wir haben es in guten Zeiten nur nicht bemerkt.

Was mir Angst macht:

  1. Selbst bei einer Krise wie Corona gibt es keine erhöhte Reaktionsfähigkeit mehr. Das wirkt auf mich, als ob unser System sich gar nicht mehr anpassen kann.
  2. Verbote wie Lockdown funktionieren noch. Konstruktive Lösungsansätze wie Freigabe von Impfstoffen für alle Ü65 und proaktives Bestellen von Schnelltests nicht oder pragmatische Lösungen für eine Schuldigitalisierung in einem halben Jahr nicht.
  3. Es gibt immer noch genug Menschen, die sich das schönreden, auch in diesem Thread.

Als ich Marc Elsbergs „Blackout“ gelesen habe, dachte ich, die Unfähigkeit der fiktiven Regierung und die Strukturen seien übertrieben gewesen und habe mich amüsiert. Jetzt hat die Realität die Fiktion übertroffen.

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Was genau meinst du hier mit „keine Lieferengpässe“? Wir können jetzt gerade nicht so viele Dosen kaufen und zeitnah liefern lassen wie wir gerne hätten. Selbst die bestellten Dosen werden gerade wieder gekürzt.
Das sind zwei klare Merkmale eines Lieferengpass.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/corona-astrazeneca-lieferungen-eu-101.html

Das sind neue Infos, danke. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass es durchaus möglich ist, das Zurücklegen der Impfstoffe zugunsten der Planung mit den zu liefernden Mengen zu reduzieren und mehr Menschen jetzt zu impfen. So wie ich das sehe, haben wir immer noch genug Vorräte trotz der Verschiebungen, nicht?

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Hallo Martino,

solange wir nicht das verbrauchen was da ist, sehe ich den Lieferengpass nicht.

Ich habe es ja in dem von dir initiierten Thread nochmal abgebildet: LdN232: Impfstoff liegt auf Halde.

Anja