An dieser Stelle noch einmal ein paar Gedanken zu einer allgemeinen Impfpflicht, die in den aktuellen Diskussionen m.M.n. immer vollkommen zu kurz kommen.
Was würde eine Impfpflicht bedeuten:
- betrifft ca. 20% der Bevölkerung = mindestens 15 Mio. Menschen
- Frühestens einführbar wahrscheinlich ab 1.1. oder eher 1.2.2022
- frühester Vollständiger Impfschutz mit 4-6 Wochen Verzögerung (Ende März 2022)
- Auffrischung der Zwangsimpfung dann genau zum Herbstbeginn (2022)
Zwischenfazit: für den aktuellen Winter bringt eine Impfpflicht überhaupt nichts mehr, wenn sie nicht sofort kommt (was ja ausgeschlossen ist, frühestens 1.1.). Hingegen würde die Impfwirkung genau im Herbst wieder nachlassen. Man müsste also den Booster mit Termin und allem direkt mit planen, um dann die „schwer erreichbaren“ auch im kommenden Herbst zügig boostern zu können.
Wie sich Corona weiterentwickeln wird:
- Es wird immer wieder neue Mutanten geben, die auch nach DE kommen
- Der Impfschutz wird bei diesen ggf. geringer sein oder es braucht Updates
- Der nachlassende Impfschutz erfordert ständige (halbjährige?) Auffrischung
- Impfskepsis bei Eltern wird noch ein (unterschätztes) großes Thema
Zwischenfazit: man müsste sich anschauen, inwieweit eine generelle Impfpflicht zum Grippe-/Corona-Schutz dauerhaft grundgesetzkonform möglich wäre, unabhängig von einer akuten Pandemie. Zudem braucht man ein Instrumentarium, mit dem eine solche Impfpflicht überhaupt durchsetzbar ist. Man muss sich auch heute schon eine sehr gute Kommunikationsstrategie überlegen, mit der man Eltern überzeugen wird ihre Kinder zu impfen. Das wird noch ein viel dickeres Brett als das Impfen der Erwachsenen!
Die Regierung muss ein neues Regelwerk aufbauen:
- Regionale Reaktionskonzepte bei Ausbrüchen
- Koordination über die Länder, nicht den Bund
- Schnelle Digitalisierung der Gesundheitsämter inkl. Impfregister
- alltagstaugliche Handlungskonzepte, u.a. für Schulen und Hochschulen
Fazit: die weitere Maßnahmenplanung muss mit einer langfristigen Orientierung erfolgen. Die neue Koalition könnte dafür die richtigen Grundsteine legen, da sie jetzt 4 Jahre im Amt sein wird. Es darf nicht weiterhin „auf Sicht gefahren“ werden und auch nur in Einzelschritten gedacht werden. Zum Umgang sind vollumfängliche Maßnahmen und Investitionen notwendig, die einer Strategie folgen müssen. Besonders entscheidend dabei ist auch die Kommunikation. Der Tenor, „wir wissen nichts und lassen uns täglich von den neuesten Erkenntnissen überraschen“ muss ein Ende haben. Absolute Versprechen („Es wird keine/n Impfpflicht/Lockdown geben“) dürfen nicht mehr gegeben werden. Die Medien müssen eine moderatere, moderierende Rolle einnehmen. Insbesondere der ÖRR aber auch andere Medien haben Situation oft zu sehr dramatisiert in beide Richtungen ohne hinreichende Abgewogenheit. Das hohe Misstrauen gegenüber den Medien muss reduziert werden. Wenn man nichts weiß, vielleicht auch einfach mal aufhören wild zu spekulieren oder Dinge zu fordern, bei denen man nachher wieder zurückrudern muss (das gilt auch für die Lage).