Impfpflicht für medizinisches Personal

Moin ihr Lieben! Ich bin selbst Ärztin und arbeite in einem Krankenhaus in Norddeutschland. Außerdem bin ich geimpft und werde bald zum Glück geboostert - bin also zu 100% pro Impfung.

Dennoch halte ich eine Impfpflicht nur für medizinisches Personal für falsch.
Auch andere Berufsgruppen haben täglich engen Kontakt zu vielen Personen-wie zum Beispiel Reinigungskräfte in Krankenhäusern, Friseur:innen oder jemand der im Supermarkt an der Kasse sitzt. Auch dort gegen Risikogruppenangehörige ein und aus.

Dass nur für uns eine Impfpflicht gilt, erweckt den Eindruck, dass es überdurchschnittlich viele ungeimpfte bei uns gibt. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele sich so schnell haben impfen lassen wie möglich.

Ich finde, dass die eine Ungleichbehandlung von medizinischem Personal ist und dass es eine Pflicht entweder für alle oder keinen geben sollte
-denn die aller Meisten treten z. B. bei der Arbeit mit Menschen in Kontakt.

Viele Grüße
Eure Lisa

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Sorry, dass Sie es jetzt abbekommen, aber mit geht dieser Gejammer langsam auf den Keks. Menschen in medizinischen Berufen sind nunmal gerade mit den schwächsten unter uns in besonders engen Kontakt. Das lässt sich nicht mit einem Friseur oder einer Reinigungskraft vergleichen. Noch dazu kommt, dass es eigentlich zum Selbstverständnis und Berufsethos gehören sollte, dass man für seine Patienten keine Gefahr darstellt. Wer also wegen der Impflicht jetzt seinen Pflegejob aufgibt, der hätte ihn vielleicht garnicht erst anfangen sollen.

Weniger jammern, mehr impfen, das gilt für jeden, aber insbesondere für medizinisches Personal.

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Eine allgemeine Impfpflicht hätte sehr hohe Ansprüche an die Verhältnismäßigkeit. Auch ein Fitnesscoach arbeitet Körpernah aber ich muss seine Dienstleistung als Mensch mit Risiko nicht wahrnehmen. Als Schüler mit Schulpflicht, Patient in Praxis oder Krankenhaus, Strafgefangener uvm. kann ich mir den Kontakt aber nicht wirklich frei aussuchen. Definitiv ist der Fokus auf Pflegekräfte unsachgemäß denn Ärzte, Therapeuten, Raumpfleger und viele mehr müssen mitgedacht werden.

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Lieber Nacho,
hier möchte ich dir einmal ganz klar widersprechen. Der berechtigte Hinweis, dass es Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, schwer zu vermitteln ist, warum genau sie jetzt (schon wieder!) die politischen Fehler sowie die mangelnde Solidarität großer Bevölkerungsteile ausbaden sollen, ist eben kein Gejammer! Ja, alle, die im Gesundheitswesen tätig sind, tragen durchaus eine erhöhte Verantwortung, weil sie mit den Schwächsten der Gesellschaft engen Kontakt haben - da bin ich völlig gleicher Meinung. Nur interessiert das weder Politik noch Gesellschaft, wenn es um Arbeitsbedingungen, Entlohnung, etc. gilt, sondern meist nur dann, wenn es um Sachen wie eine Impfpflicht geht. Dein Kommentar schlägt meines Empfindens nach in die selbe Kerbe.
Wieso genau sollen Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, immer schlechtere Arbeitsbedingungen hinnehmen und dann auch noch zusätzliche Bürden (die eben auch weitere „Abwertungen“ mit sich bringen, was das Berufsbild angeht, wie völlig richtig von Lisa angeführt erweckt das ja den Eindruck, dass die Impfquote im Gesundheitswesen so besonders schlecht sei, was sie aber eben nicht ist) tragen, die der Rest der Gesellschaft nicht zu tragen bereit ist?

Und ja, ich sehe eine Impfpflicht in diesem (!) Kontext als Bürde an. Gleichwohl sehe ich durchaus auch eine moralische Pflicht, sich impfen zu lassen für alle, die mit vulnerablen Gruppen zu tun haben, keine Frage. Diese aber staatlicherseits festzuhalten, halte ich in Anbetracht der ansonsten katastrophalen Zustände im Gesundheitswesen für völlig falsch.

Und das ist genau das Problem. Die Impfung ist keine Bürde, sie ist unser Weg raus aus dieser beschämenden Situation. Man hat wirklich das Gefühl, unsere Gesellschaft besteht zum Teil aus trotzigen Kindern, die aus Prinzip genau das Gegenteil von dem tun, was sie tun sollen.

Die schlechten Arbeitsbedingungen in der Pflege sind einfach kein Argument gegen die offensichtliche Verantwortung, die diese Menschen tragen.

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Natürlich ist sie das im Allgemeinen nicht. Sie ist wichtig, richtig, und es gibt keine rationalen Gründe dagegen. Das vertrete ich hier im Forum ja in genügend anderen Threads auch. Deswegen steht da ja auch „in diesem (!) Kontext“.

Das Argument ist auch gar nicht, dass die Verantwortung nicht da ist. Das Argument ist schlicht, dass diese die Gesellschaft nur immer dann interessiert, wenn die Menschen im Gesundheitswesen gefälligst etwas tun sollen (mehr arbeiten, sich weniger beschweren, sich impfen lassen, etc.) und nicht dann, wenn diese Verantwortung wertgeschätzt werden könnte/müsste (bessere Abeitsbedingungen, gleiches Gehalt bei kürzerer Arbeitszeit, etc.). Wenn die Gesellschaft Verantwortung erwartet, dann muss sie sich auch entsprechend verhalten. Tut sie in großen Teilen derzeit aber nicht.
Natürlich ist eine Impfpflicht für Menschen im Gesundheitswesen sinnvoll - aber das ist ehrlicherweise eine allgemeine Impfpflicht genau so. Über den Sinn und Unsinn habe ich auch gar nichts geschrieben - mir geht es einzig um den „Subtext“ der mit so einer berufsgruppenbezogenen Pflicht verbunden ist und der meiner Meinung nach mit bedacht werden muss.

Wie ist diese Impfpflicht denn unter den letzten Erkenntnissen aus grösstenteils in England durchgeführten Studien, dass geimpfte und ungeimpfte annähernd dieselbe Viruslast „ausstossen“ bzw weitergeben.
Soweit ich weiss gab es solche Ergebnisse auch schon im August.

Hier ein Link auf einen Artikel:

Und hier eine Quelle;
https://www.thelancet.com/journals/laninf/article/PIIS1473-3099(21)00648-4/fulltext

Edit:
Hier ein Artikel aus dem August. Da klang das allerdings noch deutlich unsicherer.

Richtig ist, dass Geimpfte in einem bestimmten Zeitraum im Schnitt mal die gleiche Viruslast ausstoßen wie Ungeimpfte. Der Zeitraum, in dem sie das tun, ist aber deutlich kürzer, weswegen von ihnen insgesamt schon eine geringere Übertragungswahrscheinlichkeit ausgeht - insbesondere dann, wenn das Gegenüber auch geimpft ist.

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Gibt es dazu eine Studie?

Ja, zum Beispiel hier: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.07.28.21261295v1

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Immer wieder wird derselbe Denkfehler gemacht, es ist zum Haareraufen!

Ja, die Peak-Viruslast bei geimpften und ungeimpften Personen mag dieselbe Höhe erreichen können. Aber sie ebbt schneller ab!

Das steht sogar in deinem verlinkten Paper-Auszug genau so drin:

Fully vaccinated individuals with delta variant infection had a faster (posterior probability >0·84) mean rate of viral load decline (0·95 log10 copies per mL per day) than did unvaccinated individuals with pre-alpha (0·69), alpha (0·82), or delta (0·79) variant infections.

Es gibt reichlich Studien inzwischen dazu, die exakt diesen Effekt mehrfach belegen. Geimpfte sind, selbst im schlimmsten Fall dass sie sich infizieren (ist schon unwahrscheinlicher als bei nicht geimpften wegen der Antikörper auf der Schleimhaut, die bis 6 Monate nach Impfung nennenswert Schutz bieten) und dann genau so hohe Spitzen-Viruslasten erreichen wie ungeimpfte, deutlich kürzer infektiös, und wir reden hier über Tage. Weniger infektiöse Tage heißt weniger Chancen, andere unwissend anzustecken. So einfach ist das!

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Heisst für mich aber auch, dass die Geimpften bei verifiziertem Erstkontakt genauso getestet und dann ggf in Quarantäne gehören wie Ungeimpfte.

Edit: Mein Kommentar sollte nicht bedeuten, dass Ungeimpfte ja auch das machen können sollen wie Geimpfte, sondern umgekehrt, dass auch Geimpfte sich einem gewissen Umgang mit einem verifizierten Kontakt unterziehen müssen.

Und genau das ist des Pudels Kern. Wäre ein ausreichend großer Teil der impfbaren Bevölkerung (bei Delta mutmaßlich >90%) geimpft, dann könnten wir uns das vermutlich im Rahmen eines Restrisikos sparen, weil dann selbst nach Infektion nur noch Geimpfte auf Geimpfte treffen mit dem Resultat eines deutlich geringeren Ansteckungsrisikos. In der Tat ist das derzeit nicht der Fall, sodass man sicherlich auch über Quarantäne und Tests für geimpfte Kontaktpersonen wieder nachdenken muss. Ob das dann „gerecht“ ist steht natürlich auf einem anderen Blatt, aber die Diskussion gibt es hier im Forum ja schon oft genug, die müssen wir hier meinethalber nicht noch einmal aufmachen.

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