Impfen in Arztpraxen unter politisch erschwerten Bedingungen

Liebes Lageteam,

wir Ärzte in Arztpraxen wollen impfen.
Viele habe Termine mit Impftagen und bis 200 Impfungen im November & Dezember vergeben… und jetzt das: KBV - Kurzfristige Mitteilung des BMG: Für BioNTech/Pfizer ab Ende November wieder Höchstbestellmengen – Moderna unbegrenzt bestellbar
BioNtech wird kontingentiert… „Jeder Arzt kann bis zu 30 Impfstoffdosen (5 Vials) des Hersteller BioNTech/Pfizer für die Woche vom 29. November bis 5. Dezember ordern“
Der Rest soll mit Moderna geimpft werden.
Problem dabei: in einem Impffläschchen (=Vial) von BioNTech sind 6 Dosen - im Vial von Moderna sind je nach Impfung 10 bis 20 Impfdosen drin - 1.+2. Impfung 0,5 ml der Booster bekommt 0,25ml
Wir haben z.B. an einigen Tagen neben dem laufenden Betrieb nur 6 Impflinge einbestellt. 10 oder 20 Impflinge sprengen mit Nachbeobachtung den Betrieb.
2. Problem: Moderna ist erst ab 30 Jahre zugelassen, wir und andere haben aber natürlich auch Termine an jüngere zur 1.+2. Impfung vergeben.
Zusätzlich steht die Zulassung für 5-12 Jahre alte Kinder vor der Tür - bzw. liegt bei der EMA.
Wir müssen alle geplanten Impflinge vorab über den Impfstoffwechsel informieren… und viele Termine neu vergeben, damit an einem BioNTech Impftag die bis 30 jährigen geimpft werden können…
Eigentlich wäre Moderna für die Impfzentren viel einfacher zu verimpfen.
Einziger Trost: Moderna hat minimal weniger Impfdurchbrüche.
Viele Grüße Kathrin B.

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Impfzentren wieder aufmachen, dort mit Moderna „boostern“, wäre meine Lösung. Die Impfzentren vor dem Winter zu schließen war ein absehbarer Fehler.

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Hier hausärztliche Kollegin aus Hamburg.

Genau das ist der Punkt! Moderna ist ein super Impfstoff zum Boostern und gibt bei halber Impfdosen sogar eine bessere Wirksamkeit. Allerdings bringt es uns in große Schwierigkeiten jetzt von einer Woche auf die nächste umzuplanen. Unser Terminkalender ist voll bis in den Januar mit Patienten, die bei uns informiert wurden mit „wir verimpfen derzeit ausschließlich Biontech“. Wir haben unsere Impftermine ab Dezember verdoppelt und verimpfen damit mehr als in Hochzeiten im Frühjahr. Das geht nur, weil wir damit rechnen, dass ein Großteil bereits zweifach Biontech bekommen und vertragen hat. Planung: wir brauchen keine große Aufklärung, die Sprechstundenhilfen werden mit eingebunden ins Impfen und 15 Minuten Nachbeobachtung können wir anbieten, aber werden es nicht ausdrücklich raten. Nur so geht es, denn unsere Praxis platzt aus allen Nähten, unter anderem mit einem riesigen Schwung Infektpatienten, die gesehen, PCR-getestet und beraten werden müssen. Wer in anderen Jahren erkältet zur Arbeit geht, geht dieses Jahr -hoffentlich- zum Hausarzt und lässt sich testen und krank schreiben…
So können wir derzeit auch nur noch einen exklusiven impfnachmittag anbieten, keinen vollen Tag wie im Sommer. Der Rest muss im laufenden Betrieb eben nebenher laufen.
Was ist nun das Problem mit dem überstürzten und unfreiwilligen impfstoffwechsel? Moderna wird anders aufgezogen und hat eine andere Empfehlung bezüglich der Altersgruppe. Mit zwei Parallelen Impfstoffen besteht auch immer verwechslungsgefahr, vor allem wenn das Impfen „nebenher“ passiert. Unsere Planungen besteht aus“Einheiten“ von 6 Dosen (eine Flasche Biontech), nun sollen wir auf 20 Dosen (eine Flasche Moderna) umstellen. Ab kommender Woche, wir haben aber eine vierstellige Anzahl Termine in den nächsten 8-10 Wochen schon eingeplant und in der Regel auch belegt). Anbruch einer Flasche heißt, das muss innerhalb von einigen Stunden verimpft werden, sonst muss der Rest verworfen werden. Bei der Verwendung von zwei verschiedenen Impfstoffen, heißt das im Zweifel noch mehr Reste, die „jetzt weg müssen“ und für die unsere MFAs abends noch herumtelefonieren damit wir wirklich jede einzelne Dosis in irgendeinen Arm bekommen.
Und last but not least: sehr viele Deutschen sind mit Biontech geimpft und haben Vertrauen in den Impfstoff, fühlen sich damit sicherer als Booster. Von der Stiko empfohlen ist es übrigens auch den Impfstoff nicht zu wechseln (warum auch immer).
Mit einer anderen Kommunikation und Vorausplanung wäre das alles kein Problem. Man muss doch nur offen sagen wie es ist - moderna nach Biontech hat den besten Schutz gegen Delta! Es ist die beste Kombi, die wir haben und dazu können wir mit jeder Dosis moderna zwei Menschen Boostern! Wenn wir das unseren Patienten bei der Terminanfrage so mitteilen und zB gewisse Zeiten fest für moderna planen, ist es überhaupt kein Problem. So haben wir großes Chaos, jede Menge Beratungsbedarf und unzufriedene Patienten, die einen anderen Impfstoff erwartet hatten und versprochen bekommen haben. Beziehungsweise das Gefühl haben bei ihnen gibt es was „von der Resterampe“. Das hatten wir mit Astra Zeneca im Frühjahr und es war unendlich frustrierend und anstrengend…
Viele Hausärzte sind wirklich mit Leib und Seele und aus Überzeugung impfend dabei, aber man hat so langsam wirklich keine Geduld mehr…

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Wie so oft müssen andere die Fehler der Politik jetzt ausbaden (wobei z.B. die niedergelassenen Ärzte indirekt über ihren Bundesverband dazu beigetragen haben dass jetzt alles bei ihnen aufläuft, aber das am Rande).

Man wusste von Mengen an Impfstoff von den verschiedenen Herstellern. Man wusste dass man ohne Impfzentren nicht dieselbe Anzahl an Menschen impfen kann. Man weiss seit mindestens 3 Monaten dass eine Auffrischung bei gewissen ALtersgruppen nötig wird. Man wusste dass irgendwann ein Impfstoff für U18 kommen wird und dann eine Menge Erst- und Zweitimpfung dazu kommen werden. Man weiss auch generell dass es sich als schlecht herausgestellt hat sich nur von einem Anbieter abhängig zu machen.

All das wusste man, man hat dennoch anders oder sogar konträr dazu entschieden und gehandelt.

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Ich kann den Ärger schon nachvollziehen, aber das Problem hier ist doch ganz klar die Idee, dass man den „Kunden“ vollumfänglich mit für ihn nutzlosen Informationen versorgen müsste. Wer von denen hat sich denn bitteschön all die Jahre für den Hersteller bzw. den genauen Typ des Grippeimpfstoffs interessiert? Niemand. Das ist halt die Grippeimpfung und gut. Arm hinhalten, Nadel rein, Pflaster drauf, und bitte noch 15 Min im Wartezimmer Platz nehmen, fertig. Das muss doch die Devise sein.

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Das sehe ich zwar ähnlich, aber das ist doch jetzt nicht mehr zu ändern. Die Leute denken jetzt halt, dass es wichtig wäre, ob sie Moderna oder Biontech bekommen. Das lag ja auch nicht an den Hausärzten, dass diese Überzeugung sich verbreitet hat, dennoch müssen sie damit klarkommen.

Dauernd Verunsicherung mit den Biotech Lieferungen ja mal wieder kommunikativ Spahn völlig versaut. Ich frag mich, ob er nicht irgendwo im Ministerium einen Azubi hat, der ihm seine Unterlagen aus der Berufsschule zu Kommunikationstechniken leihen kann.

Was mich da vor allem wundert und vielleicht können die Mediziner:innen hier mir das erklären:
Ich war letzten bei der Grippeimpfung und habe dabei direkt einen Termin für den Covid-19-Booster ausgemacht (ging zum Glück in der Praxis). Die Grippeimpfung wurde mir einfach direkt gegeben, die üblichen Hinweise (Arm könnte weh tun, kein Sport, bei Symptomen melden) wurden einfach schnell runtergerattert. Dann Termin für Booster: „Gehen Sie bitte auf unsere Homepage, drucken Sie den Anamnesebogen aus und bringen Sie den ausgefüllt mit zum Termin.“

Warum brauche ich für die Covid-19-Impfungen diesen Anamnesebogen, für die Grippeimpfung aber nicht? Für mich wirkt das wie eine weitere Hürde, die Leute potentiell davon abhält, sich impfen zu lassen. (Und einen Drucker muss man auch erstmal zuhause haben…)

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Nein, das ist letztlich ein Teilaspekt. Von der Wirkweise her macht es für den Patienten tatsächlich kaum einen Unterschied, aber für die Organisation für die Praxen ist der Unterschied gewaltig.
Und das Impfen ist tatsächlich bei uns momentan ein Nebenschauplatz, wir haben mit unserer Versorgungsauftrag plus der rollenden Infektwelle plus Corona (rund 95% der Coviderkrankten werden hausärztlich betreut!) mehr als alle Hände voll zu tun. Wenn Sie an einem Vormittag doppelt so viele Patienten versorgen müssen wie sonst und dann jeder einzelne beim Verlassen des Sprechzimmers „nur noch eine kurze Frage zur Boosterimpfungen hat“, ist es irgendwann einfach nicht mehr schaffbar. Im Grunde müsste man Vorsorgen und Nichtdringliches aufschieben um Zeit für Beratung oder Impfungen zu gewinnen, aber Opa Erhard muss eben auch seinen eingewachsenen Zehennagel zeitnah zeigen und Oma Fridas Rückenschmerzen sind manchmal auch ein Herzinfarkt, der besser nicht bis 2022 warten sollte…

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