Impfen erhöht Mutationen?

Hallo lieber Ulf, lieber Philip,

könntet ihr vielleicht darüber diskutieren, ob Impfen die Gefahr der Mutationen erhöht?

In der Rhein-Zeitung vom 13. Februar habe ich auf Seite 6 von einem Prof. Weber gelesen: „Es könnte sein, dass eine mittlere oder „halbgare“ Immunität in der Bevölkerung die Entstehung neuer Varianten begünstigt. Dann sind viele Viren unterwegs, was Mutationen wahrscheinlicher macht. Es gibt dann einen erhöhten Anpassungsdruck auf den das Virus reagiert.“

Herr Drosten hat im Podcast Das Coronavius-Update so etwas ähnliches gesagt. Ich weiß aber leider nicht mehr in welcher Folge. Wenn ich es herausgefunden habe, trage ich es nach.

Ich bin überhaupt kein Impfgegner, aber diese Nachricht hat mich etwas beunruhigt.

Zudem lauern in Yunnan noch viele weitere Corona-Viren-Arten.

So schnell kann man gar nicht impfen. Wären nicht Strategien wie in Neuseeland, Taiwan, Finnland oder VR China besser? Corona-Vorbilder: Warum Finnland, Taiwan und Neuseeland die Pandemie im Griff haben | profil.at
Und man sollte weltweit die Eingriffe in die Natur stoppen, nur so kann man dauerhaft verhindern, dass neue Viren auf Menschen überspringen.

Vielen Dank für euren tollen Podcast!

Liebe Grüße,
Ingrid

Ich bin mir sehr sicher, dass das ein Missverständnis sein muss. Denn Impfungen führen ja gerade dazu, dass viel weniger Viren in der Bevölkerung zirkulieren, dementsprechend sinkt auch die Wahrscheinlichkeit für Mutationen und damit die Wahrscheinlichkeit, dass resistente Viren entstehen.

Der Begriff des Anpassungsdrucks ist insofern missverständlich, als Viren ja nicht bewusst quasi planen, dass sie mutieren. Mutationen passieren von ganz alleine, und die Frage ist dann nur, ob sich die mutierte Variante durchsetzt. Je weniger Viren aber insgesamt zirkulieren, desto weniger Mutationen gibt es, daher denke ich, dass Impfungen auch das Risiko für Mutationen unter dem Strich deutlich senken werden.

Jain. Das Virus wird endemisch werden und sich weiter verändern. Selbst mit zwei Impfdosen oder hoher Durchseuchung wird es weiter Infektionen und auch neue Varianten geben (siehe Südafrika und Brasilien). ABER: Bei der nächsten Infektion ist dann der Verlauf meist deutlich milder. Wahrscheinlich schützen die Impfstoffe die wir haben auch bei den sogenannten Immunescapevarianten gegen die schweren Verläufe, selbst wenn sie den Ausbrauch der Krankheit nicht ganz verhindern können. Corona wird nicht verschwinden, aber sich irgendwann zu all den anderen Erkältungsviren gesellen die kein ernsthaftes Gesundheitsrisiko darstellen, sondern uns eher nerven, weil wir alle eine gewisse Immunität haben. Es wird dann immer mal eine neue Variante geben, die es unserem Immunsystem etwas schwerer macht und uns ein paar Tage die typischen Freuden einer Erkältung bereitet aber dann reden wir von einer unangenehmen und nicht von einer tödlichen Erkrankung.

Der Denkansatz dabei ist Folgender: Wenn es eine gewisse Immunität gibt, aber keine sterile Immunität (das Virus wird bekämpft, kann aber noch zu Infektionen führen und sich zu einem gewissen Grad vermehren), begünstigt das natürlich immer die Viren, die der Immunantwort besser ausweichen. Die vermehren sich dann besser und werden auch anteilig eher an andere Personen weitergegeben. In einer Population in der viele Menschen bereits einen gewissen Immunschutz besitzen, setzen sich also nach und nach Varianten durch die es dem Immunsystem möglichst schwerer machen. Das ist normal und nicht nur beim Coronavirus so, aber es bedeutet nicht dass es gar keinen Immunschutz mehr gibt - nur nicht mehr genug um auch das letzte Bisschen Symptome zu unterdrücken.

Allerdings lenkt diese Argumentation davon ab, dass das zurzeit wirklich nicht unser Hauptproblem ist. Unser Problem sind die hohen Infektionszahlen. Jede infizierte Person hat eine Unzahl von Viren in sich und Mutationen sind zufällig. Gehen die Fallzahlen runter, gibt es weniger Wirte, damit weniger Virus und letztendlich immer weniger Möglichkeiten zu mutieren. Fürs Erste scheint die bessere Strategie zu sein die Ausbreitung der Viren möglichst effektiv einzuschränken und zu impfen was das Zeug hält.

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Naja… Wannimmer man im großen Maße mit Lebewesen beeinflusst man automatisch deren Evolution.
Das Stichwort ist „gerichteter Evolutionsdruck“, und der kann von Menschen genauso ausgeübt werden wie von allem anderen was da draußen so kreucht und fleucht.

Wenn ich als Hundezüchter die großen Hunde zur paarung zulasse, und die kleinen nicht, übe ich einen gerichteten Evolutionsdruck aus.
Wenn Beispielsweise ein Käfer die Rinde von Bäumen angreift wäre ein Szenario denkbar wo dieser Käfer einen gerichteten Evolutionsdruck auf den Baum ausübt, weil die Bäume, die zufällig eine dickere Rinde haben, besser überleben. Das ganze ist natürlich kein bewusster Prozess.

Der Unterschied zum Umgang mit Viren und Bakterien liegt vor allem in deren Replikationsraten. Bäume und Hunde können über Jahrzehnte bis Jahrhunderte brauchen bis sich die Varianten durchgesetzt haben.
Viren und Bakterien replizieren sich viel viel schneller, und so ist eine schnellere Anpassung möglich.

Ich halte es jedoch für falsch, dass DURCH die Impfungen Mutationen entstehen. Das tun sie so oder so, permanent, tausendfach in jedem infizierten.

Möglich ist jedoch, dass durch die Impfungen bestimmte Mutationen erst relevant werden.

sagen wir Variante A hat oberflächenproteine die ein bisschen anderes gebaut sind, weil ihr Erbmaterial falsch kopiert wurde. Alles andere ist komplett gleich.
Die Variante A hat dadurch weder einen Vorteil noch einen Nachteil, und verbreitet sich genauso wie alle anderen auch.
Jetzt denke ich mir einen Impfstoff dazu. Weil Variante A dieses zufällig veränderte Protein hat, kann ihm der Impfstoff nichts anhaben. Plötzlich ist die Mutation, die vorher egal war ein riesiger Vorteil.
Jetzt kann sich Variante A viel besser ausbreiten als der Ursprungsvirus, und fängt an sich mehr und mehr durchzusetzen bis (zumindest Regional) der großteil der kursierenden Viren zur Variante A gehören.

So gesehen kann ein Impfstoff zur Durchsetzung von bestimmten Mutationen beitragen, das ist theoretisch richtig.
ABER: Der Virus löst nicht die Mutation aus. Er macht sie auch nicht gefährlicher.
Und ein echtes Argument gegen Impfungen ist er meiner Meinung nach auch nicht.
Ohne Impfungen wäre das Problem immernoch größer.
Auch dass Argument dass hier zuvor genannt wurde , Dass die Zahl der auftretenden Mutationen sinkt wenn die Zahl der Infektionen sinkt halte ich für richtig und wichtig.

Ich bin weder Evolutionsbiologe noch Virologe, das ist einfach nur mein „amateurverständniss“ der Prolematik

Logisch wäre es, wenn sich bei einer geimpften Bevölkerung die Mutante, die auch geimpfte Menschen infizieren kann, durchsetzt und die anderen irgendwann verschwinden. Wie wahrscheinlich so eine Mutation ist? Keine Ahnung.

Es erhöht nicht die Anzahl an Mutationen (die ist aber ohnehin extrem hoch - jeder Kranke dürfte eine sehr große Zahl davon erzeugen, die wenigsten davon können sich langfristig durchsetzen), aber es erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine resisstentere Variante durch den Selektionsdruck durchsetzt, die sonst ohne Impfung keinen Wettbewerbsvorteil hätte, und sofort wieder verschwinden würde. Das ist ähnlich wie bei Krankenhauskeimen. Natürlich reduzieren Antibiotika die Anzahl an Bakterien und damit auch die Anzahl an Mutationen - aber trotzdem erzeugt es einen Selektionsdruck, der resistente Keime massiv bevorzug und im schlimmsten Fall dann zu denn gefürchteten multiresistenten Varianten führt. Es ist aber insbesondere bei den mRNA-Impfstoffen vergleichsweise einfach, auf eventuelle Mutationen, für die eine Impfung schlechter wirkt, zu reagieren. Es wird wohl auch nicht so sein, das eine Mutation erworbene Resistenz (ob durch Krankheit oder Impfung) komlett negiert. Wie Kenny sagte:

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