Immer noch: Patentschutz vor globaler Impfsolidarität

Gestern morgen Interview Günter Nooke (Afrikabeauftragter der bisherigen Regierung) zur Situation in Afrika. Zur Frage Aufhebung der Patente für Impfstoffe sagte er mit vielem Herumeiern, es würde zu lange dauern, um die Kapazitäten aufzubauen. Vor fast einem Jahr sagte die Regierung, es würde 1 Jahr dafür nötig sein. Dieses Jahr ist nun um und gar nichts ist passiert. Erstens glaube ich nicht, dass es wirklich 1 Jahr dafür gebraucht hätte, wenn doch die Entwickler samt Forschung, Erprobung und Aufbau der Produktion nur 1 Jahr gebraucht haben.

In Indien gibt es wohl grosse Kapazitäten, nur sie dürfen einfach nicht, weil vor allem auch die deutsche Regierung einen rabiaten Industrie-Chauvinismus fährt, der ja wohl nicht allein wegen der Steuermehreinnahmen gepflegt wird. Offensichtlich ist der Hauptgrund ein ziemlich irrationaler „Elternstolz“ für alles, was aus diesem Land kommt und vom Rest der Welt in den Augen der Chauvinisten beneidet wird. War ja mit WireCard auch so. Niemand hatte eine Ahnung, was die machen, aber die Regierung hat diese Betrüger noch geschützt und gepäppelt, als sie schon halb aufgeflogen waren. Wirklich zum Schämen.

Die FDP wehrt sich weiterhin gegen die Patentfreigabe, aber ich hoffe, sie wird doch noch weichgekocht. Immerhin haben wir mit der neuen Virus-Variante genau das, was die global denkenden Wissenschaftlerinnen schon zu Beginn der Impfkampagne bei uns an die Wand gemalt hatten.

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Ich finde das Thema ebenso (nochmal?) behandlungswürdig.

Ich finde es ziemlich schwierig, sich dazu eine verlässliche Meinung zu bilden. Biontech und co. behaupten das eine, sagen, die Subventionen waren nur gering und Patentaufgabe würde nichts bringen.

Die anderen reden von der Ungerechtigkeit und drücken auf Patentfreigabe. Ich habe den Eindruck, so, wie die öffentliche Debatte geführt wird, findet auf beiden Seiten kaum Auseinandersetzung mit den Punkten der Gegenseite statt. Hier würde ich mir wünschen, dass die Lage das nochmal aufdröselt, damit man sich ein qualifziertes Urteil dazu bilden kann, ob die Freigabe der Patente nun erfolgen sollte oder nicht (und wenn ja, wie, etc.).

Ich habe nicht den Eindruck, dass es eine wirkliche Debatte darüber gibt. Es war einmal im Frühjahr kurz Thema, aber da waren die Impfdosen noch knapp. Da wollte sich keine Politikerin und kaum ein Journalist für eine faire Verteilung einsetzen, da wären sie hart geprügelt worden von der doch sehr egoistisch gepolten Mehrheit, die erst abgibt, wenn sie selbst mehr als genug hat, und dann noch ungern (ist doch unser hart verdientes Geld).

Wie dreist muss man sein zu behaupten, dass eine Freigabe und damit eine Vermehrung oder gar Vervielfachung der Kapazität NICHTS BRINGT? Biontech hat ein riesiges Vermögen verdient und bei Freigabe vor einem Jahr wäre es immer noch ein grosses Vermögen gewesen. Schliesslich hätten sie das Patent natürlich nur gegen Entschädigung abgeben müssen. Wahrscheinlich waren es die Aktionäre, die sich so gewehrt haben. Und die Bundeskanzlerin hat wie eine Maschine gespurt.

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