Hungerstreik 2021

Guten Abend,

ich möchte bei diesem Thema voranstellen, dass ich diese Form des Hungerstreiks in Berlin nicht für das richtige Mittel halte und demokratische Politik nicht dadurch erpressbar werden darf.
Ich möchte dieses Thema eröffnen in Hinblick auf die Frage: gibt es eine konstruktive Lösung aus die Dilemmasituation, in die sich diese jungen Erwachsenen gebracht haben? Wie kann man in einen ernsthaften Dialog kommen, der dieser Verzweiflung, die aus der Aktion spricht, gerecht wird und gleichzeitig konstruktiv ist? Wie sollte/ kann Politik darauf reagieren? Gibt es eine Lösung oder muss man sich auf den Standpunkt stellen, das sind erwachsene Menschen, die müssen wissen, was sie tun? Soll unsere Gesellschaft diese Bilder aushalten, das sie dann irgendwann einer nach dem anderen im Krankenhaus landen? Ich würde gerne Meinungen aus dem Forum dazu hören.

Beste Grüße

Sabine

Hallo @Sabine ,

ich bin da ehrlich gesagt ziemlich hoffnungslos, dass es da einen guten Ausweg gibt. Wie Du bin ich der Meinung, dass sich die Politik nicht von Einzelpersonen erpressen lassen soll. Andererseits kann ich als junger Mensch diese enorme Frustration wirklich gut nachvollziehen. In meinem Freundeskreis sprechen mittlerweile gut ein drittel davon den Wunsch Kinder zu bekommen aufgeben zu wollen. Aus Angst sie würden Leben in eine Welt setzten, die im Begriff ist, sich drastisch ins negative zu wenden. Und wenn ich mir überlege, dass wir selbst bei engagiertem Klimaschutz ab jetzt, die Resultate frühestens in 20 Jahren sehen würde, fällt mir auch nichts ein, was die Politik sagen oder tun könnte, um das Unrecht, die letzten 20 Jahre nichts (bis viel zu wenig) für den Erhalt unserer Zukunft getan zu haben, wieder wett machen würde. (Das lässt sich auch problemlos vom Klima auf Digitalisierung, Bildung und Renten erweitern)
Die Zusage jetzt wirklich richtig den Klimaschutz anzupacken wäre das mindeste. Was ich dazu bisher aus dem Wahlkampf so gehört habe, lässt mich jedoch zweifelnd und auch etwas verzweifelnd zurück…

Wie du bin ich aber auch sehr gespannt auf etwas zuversichtlichere Vorschläge…

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Ich bin da ganz bei Deinem Standpunkt. Politik darf sich nicht erpressbar machen. Es hat ein Gespräch mit Annalena Baerbock per Telefon gegeben, was diejenigen wohl nicht überzeugt hat. Ich verstehe, dass viele junge Menschen mit der Klimapolitik nicht einverstanden sind.Ich bin es ja selbst nicht, aber wenn einzelne Personen oder Gruppen Gespräche erpressen wollen, darfst Du darauf nicht eingehen. Dabei ist es auch egal, ob das Anliegen in irgendeiner Weise legitim ist.

Die nächste Person tritt dann in den Hungerstreik, weil die Hartz 4 Sätze zu niedrig sind und, und und …

Leider haben wir etwas träge Politiker:innen und demokratische Prozesse, aber den Weg muss man eben gehen. Über NGOs, Abgeordnete im eigenen Wahlbezirk und so weiter. Einflussnahme auf Politik ist immer schwierig, aber wird auch begünstigt, weil viele Lobbyverbände Einfluss nehmen und viele Menschen eben keinen Einfluss nehmen. Wir brauchen mehr engagierte Bürger in Parteien.

Und ja, wenn erwachsene Menschen in einen Hungerstreik treten, um irgendwelche Forderungen vorzubringen, dann ist das selbstgewähltes Schicksal. Es ist ja nicht so, als würde man die Leute zu unrecht in ein Gefängnis sperren. Ja ich weiß, wir werden in puncto Klima schon in eine Art politische Geiselhaft genommen, aber im Gegensatz dazu geht es hier um Demokratie und eine deutlich breitere Basis an Leuten.

Kurzum: Hungerstreik ist das falsche Mittel für ein richtiges Anliegen. Die persönlichen Konsequenzen müssen erwachsene Menschen nach Abwägung aller Vor- und Nachteile dann selbst tragen.

Aus aktuellem Anlass nochmal dazu;
Bei allen Bedenken zum Einsatz eines Hungerstreiks: ich bin sehr froh, heute morgen zu sehen, dass es Politiker- Robert Habeck - gibt, die den Anstand haben, bei allen Differenzen zum Thema, hinzugehen und sich mit den Aktivisten, die ja auch junge Erwachsene sind und für die die Gesellschaft eine Verantwortung hat, wie ich finde, auszutauschen.
Wir brauchen mehr klare Zeichen zumindest des moralischen Handels gegenüber Anderen und insbesondere der Jüngeren in unserer Gesellschaft, diese Zeichen vermisse ich im Übrigen auch in den Reaktionen zum Mord des 20jährigen in einer Tankstelle in Rheinland Pfalz.
Ich danke Robert Habeck für diesen Austausch. Ich hatte gehofft, dass es mindestens ein Politiker schafft.

Sabine