Hallo Ihr Beiden,
Ich wohne auf dem Land im Norden Bayerns in Unterfranken und unser privater Forstbetrieb beschäftigt sich schon länger mit dem Thema Windkraft im Wald. Alle diesbezüglichen Projekte wurden aber in der Vergangenheit im Keim wieder erstickt. Ich fand es daher sehr interessant, eure Sonderfolgen zu dem Thema zu hören. Eure (teils städtische) Sicht bei der Verfolgung der jüngsten politischen Bemühungen zur Beschleunigung des Ausbaus waren ebenfalls sehr interessant. Damit das Thema aber nicht in Vergessenheit gerät hier einmal der etwas erschöpfende und deprimierende Blick auf die Realität bei der kommunalen Umsetzung solcher Projekte:
Die bei uns in Frage kommenden Flächen liegen im Landschaftsschutzgebiet. Ein Landschaftsschutzgebiet (LSG) ist in Bayern kein grundsätzliches Ausschlusskriterium für Windkraft, der Regionalplan schließt sie im LSG allerdings aus. Vorsitzender des regionalen Planungsverbands ist der Landrat, welcher in der Vergangenheit immer großer Gegner von Windkraft war. Nun sollen die Regelungen zu LSG ja gelockert werden - zumindest ein guter Schritt in die richtige Richtung. Dass die 10H-Regel fallen soll, ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Wann diese beiden Änderungen umgesetzt werden sollen, steht allerdings noch in den Sternen.
Das Flächenziel für Windkraft klingt ja auch erstmal vielversprechend. Die Verpflichtung der Länder 2% auszuweisen ist ein ambitioniertes und wichtiges Ziel, dass Bayern auch hier wieder eine Extra-Wurst mit 1,8% bekommt – geschenkt. Nun aber zur Krux:
Während der Ausbau lt. Ausbauziel schon in diesem Jahr leicht, ab dem nächsten Jahr massiv ansteigen soll (ab 2025 soll der Zubau von Onshore-Windkraft dann schon bei 10GW/Jahr liegen, aktuell sind es nicht mal 2GW/Jahr ), verhält es sich mit dem 2%/1,8%-Ziel aber folgendermaßen:
Bis zum Jahr 2027 muss 1% der Landesfläche für die Windkraft ausgewiesen werden, bis 2031 der zweite Prozent (bzw. in Bayern dann nur noch 0,8%). Bei diesem sowieso schon nicht besonders zeitlich ambitioniertem Plan ist bei erfolgreicher Ausweisung der Flächen aber ja noch kein Windrad gebaut. Das dauert dann, wie ihr inzwischen ja auch schon recherchiert habt, mit allen nötigen und ja auch wichtigen Untersuchungen nochmal 2-3 Jahre, realistischerweise eher 5-7.
Für uns bieten sich also zwei Optionen:
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Politisch auf Kreis und Kommunalebene darauf hinwirken, dass unsere Flächen mit aufgenommen werden in die ausgewiesenen Flächen und hoffen, dass wir frühestens ab 2027 versuchen können, das Projekt in Angriff zu nehmen. Wie ich das CSU-lastige Bayern einschätze, wird eine Errichtung von WEA außerhalb der dann ausgewiesenen Flächen nämlich wieder unmöglich, unabhängig davon, ob der Standort als solcher geeignet wäre.
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Vor 2026 ein möglichst rundes Konzept mit Bürgerstiftung, Beteiligung, und regionaler Wertschöpfung etc. zu stricken und zu versuchen dieses Projekt dann durchzukriegen mit der Begründung, dass die Flächen ja noch nicht fertig ausgewiesen sind und dieser Standort sich gut für den Ausbau eignen würde. Hier wären wir allerdings jetzt schon zeitlich recht spät dran. Anfang 2023 kann frühestens die für die Gutachten nötige Kartierung anlaufen (Schall, Schatten, Wind, Naturschutz, Denkmalschutz). Das dauert mindestens 1 Jahr. Dann wird die Genehmigung nach dem BImSchG bei positiven Ergebnis beantragt. Die Gemeinde hat nach BauGB §14-17 noch einmal das Recht 2 Jahre zu verzögern (Veränderungssperre) und schon sind wir im Jahr 2026, wenn die Behörden und Ämter nicht wollen.
Der Zweite Ansatz hätte natürlich sowieso allgemein als Grundlage dienen sollen. Ohne 10H und Landschaftsschutz erstmal bauen und schauen, ob man damit das 2% Ziel erreicht, wenn nicht, nachbessern. Stattdessen haben wir uns vermutlich die nächste Bremse und das nächste Verhinderungswerkzeug in Bayern geschaffen.
In Bezug auf 10H und LSG vermute ich im Übrigen, dass die beiden Lockerungen nur bei der Berücksichtigung der Ausweisung des 2% Ziels angewandt werden man außerhalb der ausgewiesenen Flächen also weiterhin diese Hürden hat.