Homöopathie vs. Wissenschaft, / Populismus

Vor allem ist Homöopathie nicht vermittelbar als Leistung, wenn gleichzeitig Beiträge erhöht werden müssen und echte medizinische Leistungen gekürzt oder eingeschränkt nutzbar gemacht werden. Ich finde es unverantwortlich, dass so etwas von allen gesetzlich Versicherten getragen werden muss.

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Ne, habe ich ja auch nicht behauptet. Nur, dass es ein Thema ist, bei dem sich die Grünen bzgl. Follow-the-science schwer tun.
Lauterbachs Position ist und war m.E. immer relativ klar (dagegen):

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Naja, nicht nur die Grünen…

Muss es denn wirklich von allen gesetzlichen Versicherten getragen werden? Nach meiner Kenntnis nach, wird Homöopathie doch gar nicht auf Rezept oder als Leistung verschrieben.

Als Beispiel:

Homöopathie wird von vielen Kassen als Leistung angeboten mit dem Grund es sei beliebt:

Es reicht also vielen Kassen, dass genug Menschen an Magie glauben.

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Deshalb habe ich beim letzten Wechsel der Krankenkasse tatsächlich auch darauf geachtet, dass die Krankenkasse meiner Wahl möglichst wenig Homöopathie unterstützt, weil ich einfach mit meinen Beiträgen diesen Aberglauben nicht unterstützen will. Deshalb sind u.a. die BKK und DAK keine Optionen gewesen, weil diese Krankenkassen mit am meisten für Homöopahie zahlen.

Leider gibt es mWn keine Krankenkasse, die gar keine Homöopathie übernimmt, aber es gibt große Unterschiede im Umfang. Und für mich galt daher: Desto weniger, desto besser.

Natürlich könnte der Gesetzgeber tätig werden und dafür sorgen, dass Homöopathie generell nur in Form von Zusatzversicherungen übernommen werden darf. Das Gegenargument ist, dass der Kostenanteil für Homöopathie bei den Krankenkassen so gering ist, dass es kaum in’s Gewicht fällt und eine Regulierung daher mehr Kosten verursacht, als sie sparen würde. Das ist nachvollziehbar, wenn auch schade. Laut diesem Artikel der Zeit entfallen auf homöopathische Medikamente nur 0,003% aller Medikamenten-Ausgaben, allerdings nimmt auch nur ein winziger Anteil der Versicherten solche Dinge in Anspruch. Würde die Zahl der Homöopathie-Befürworter steigen, würde also auch der Kostenanteil steigen - ob das eine präventive Gesetzesänderung rechtfertigt ist dabei natürlich eine Bewertungsfrage.

Letztlich kann man es runterbrechen auf die Frage:
Wollen wir, dass Krankenkassen Placebos übernehmen? Denn das ist ärztlich verordnete (und damit über die Krankenkassen abrechenbare) Homöopathie in aller Regel - ein Placebo, das der Arzt auf Wunsch des Patienten verschreibt - und das natürlich durchaus funktionieren kann, wenn der Patient daran glaubt - wie jedes andere Placebo auch… Kosten und Nutzen scheinen hier in einem angemessenem Verhältnis zu sein, von daher ist es wohl in Ordnung. Auch wenn ich prinzipiell dagegen bin, dass Homöopathie-Unternehmen daran verdienen…

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Ich kenne dazu die Erklärung, dass Homöopathie besonders unter eher jüngeren und gut situierten Leuten beliebt ist, also einer Personengruppe die der Krankenkasse hohe Beiträge einbringt aber statistisch eher wenig Kosten verursacht, also entsprechend als Zielgruppe interessant ist und mit solchen Leistungen gelockt werden soll.

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Ist das wirklich das Gegenargument? Meines Wissens stellt sich Homöopathie aus der Perspektive der Krankenkassen als gut investierte Werbeausgabe dar.

Gibt ja nicht wenige Menschen im erweiterten grünen Milieu, die der Homöopathie zugeneigt sind und die dürften im Schnitt eher jung, gesundheitsbewusst und solide verdienend sein, also exakt die Leute, die überdurchschnittlich einzahlen aber weit unterdurchschnittlich kosten. Wenn Du die für Dich mit der Übernahme homöopathischer „Leistungen“ überzeugen kannst, dann hast Du aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Kosten ganz schnell wieder drin.

Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht ist es natürlich trotzdem verheerend, dass wir uns diese anti-wissenschaftliche Quacksalberei gönnen.

Genau. Deswegen ist der finanzielle Schaden m.E. auch ein schwaches Argument. Allerdings kann man damit natürlich wunderbar Wahlkampf machen.

Aus meiner Sicht ist es völlig in Ordnung, wenn Menschen solche Mittel nehmen wollen. Sie können für die Heilung ihrer Krankheiten auch gerne zum Schamanen gehen. Problematisch finde ich aber, dass homöopathische Mittel als Medikamente zugelassen werden können und damit ihre Wirksamkeit bestätigt wird. Firmen dürfen daher Wissenschaftler verklagen, die sagen, Homöopathie sei unwirksam. Für unsichere Patienten ist das ein potentieller Grund zu solchen Mitteln zu greifen.

Und hier machen wir uns nicht nur lächerlich sondern hier wird es auch gefährlich. In den USA muss daher Homöopathie entsprechend gekennzeichnet werden. Wir tun das nicht, weil Homöopathie in Deutschland eine starke Lobby hat. Genau wie bei der Kohle-Lobby dürfen wir auch hier nicht zulassen, dass Lobbyinteressen gesellschaftsschädliches Verhalten institutionalisieren.

Um den Bogen zurück zu den Grünen zu spannen: als jemand, der bei dieser Partei sein Kreutz macht, weil er denkt, dass es derzeit keine andere Partei gibt, die sich ernsthaft für wirksamen Klimaschutz einsetzen kann, verlange ich einfach, dass man solche Schwachstellen in den Griff bekommt, die Glaubwürdigkeit kosten.

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Gesamtgesellschaftlich stimmt das nicht. Solche Ausgaben erhöhen völlig unnötig die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (wobei die 0,003% (s.u.), sofern sie stimmen, da wohl zu vernachlässigen sind).

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Kommt darauf an, von welcher Seite man es betrachtet.
Hier ging es mir ja konkret um die Frage, ob der Gesetzgeber hier den Krankenkassen vorgaben machen sollte, gerade weil es für die einzelnen Krankenkassen wirtschaftlich sinnvoll sein könnte, Homöopathie anzubieten, es aber insgesamt (dh. für alle Krankenkassen in der Summe) nicht sinnvoll ist. Das ist wie die Diskussion mit dem Unterbietungswettbewerb im Hinblick auf die Unternehmenssteuern: Für die einzelne Kommune (Gewerbesteuer) bzw. das einzelne Land (Körperschaftssteuer) ist es sinnvoll, den Steuersatz niedrig anzusetzen, um in der Konkurrenz besser dar zu stehen und Netto-Zahler in den eigenen Einflussbereich zu locken. Aber wenn man den Blick auf das große Ganze richtet ist das eben verheerend, weil das Steueraufkommen insgesamt dadurch sinkt.

Das kommt noch dazu, also nicht nur, dass es gesamtwirtschaftlich bezogen auf die Finanzen der Krankenkassen negative Auswirkungen hat, sondern eben auch gesamtgesellschaftlich über die quasi-öffentliche Finanzierung von Quacksalber-Unternehmen sowie über den Legitimitätsschein, den es erzeugt, wenn die Krankenkassen diesen Mumpitz bezahlen.

Sehe ich ähnlich, aber ich fürchte, Homöopathen bei den Grünen sind wie die Seeheimer bei der SPD, die WerteUnioner bei CDU/CSU oder die Wagenknecht-Querfrontler bei der Linken… die wird man einfach nicht los. (FDP und AfD haben hier keine Beispiele bekommen, weil bei denen die schlimmsten Parteiströmungen an der Spitze stehen :stuck_out_tongue: )

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Nein, natürlich nicht. Daher auch explizit der Hinweis auf die betriebswirtschaftliche Perspektive und das ist erstmal die Perspektive jeder einzelnen Krankenkasse.

Was mich in dem Zusammenhang etwas verwundert, es gibt ja mittlerweile doch einige Leute, die sich über die Finanzierung von Quacksalberei aufregen und die meisten von denen dürften aus dem akademischen also beitragsstarken Spektrum kommen. Wäre es nicht zumindest für eine kleine Krankenkasse ein sinnvolles Modell, explizit damit zu werben, dass man keinen Hokuspokus finanziert?

Eine TKK oder Barmer wird das nicht machen können, aber eine kleine Kasse müsste mit so einem USP doch einige Neuklienten anwerben können, die im Schnitt dann auch noch einzahlungsstark sind. Warum macht das keiner?

Können sie ihre Aussage zum grünen Milieu belegen?

Manchmal denke ich mir dass das noch alte Gewissheiten sind. Zumindest nach parteiprogramm sind die Grünen nun nicht die Partei die sich sehr dafür einsetzt Homöopathie weiter wie bisher vorzuführen.

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Ich denke, das ist „common knowledge“ von politisch informierten Menschen, oder nicht?

Er hat ja nix von der aktuellen grünen Führung gesagt, sondern etwas über das grüne Milieu. Gerade in Baden-Württemberg gibt es einen harten Kern von Homöopathie-Fans (oft verbunden mit einer Sympathie für Anthroposophie).

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Für mich ein neues Wort für Vorurteile!

Wusste nicht, das so viele potenzielle grüne Wähler existieren. :wink:
Nachdem insbesondere viele Akademiker ja auch die FDP wählen, müsste auch dort eine große Schnittmenge existieren.
Allerdings ist diese Umfrage vielleicht nicht ganz unparteiisch. Sie wurde aus der Ecke der Vertreter der Homöopathie initiiert, von Forsa durchgeführt.
Vielleicht gibt es ja andere Quellen, die ich nicht gefunden habe. Schließlich zieht es sich ja durch das Forum durch, dass wir nicht auf Basis von Gefühlen und Meinungen sondern von Fakten reden wollen.

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Nun, ich kann mich noch gut an einen Parteitag der Grünen (ich glaube, das war 2020) erinnern, an dem sehr heftig über Homöopathie gestritten wurde und es der grünen Führung nicht gelang, das Thema endgültig abzuräumen.

Und man muss auch nur ein bisschen googlen, um viele Hinweise zu finden, dass Homöopathie unter einem bestimmten grünen Milieu beliebt ist.

Unabhängig von deren Grünen gibt es eine INFAS-Umfrage, beauftragt durch die Zeit (leider hinter Paywall):

Schließlich finden knapp zwei Drittel der Deutschen diese Leistung gut, wie eine Umfrage der ZEIT in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Infas zeigt. 75 Prozent der Frauen wollen Homöopathie auf Rezept und fast ebenso viele Menschen mit Haupt- oder Volksschulabschluss.

https://www.zeit.de/2022/30/homoeopathie-alternativmedizin-krankenkasse-umfrage

Ich hab das jetzt auf die Schnelle auch nicht mit einer entsprechenden Erhebung belegen können, dass das „Grüne Milieu“ der Homöopathie zuneigt, es scheint aber zumindest den Erfahrungen derjenigen, die sich hier äußern, zu entsprechen. Dazu kommt, dass die Grünen Homöopathie über einen sehr langen Zeitraum unkritisch unterstützt haben. Insofern liegt ein Zusammenhang da in meinen Augen schon sehr nah und aus meiner Perspektive gehe ich davon aus, dass der vorhanden ist, hab aber kein Problem, mich da eines besseren belehren zu lassen, wenn Du entsprechende Daten hast.

Das ist eine unzulässige Umkehrung dessen, was wir gesagt haben.

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Naja, also der Streit über Homöopathie findet tatsächlich in keiner Partei so deutlich statt wie in den Grünen. Siehe dazu z.B. diese Artikel:

2019: Grüne sind bei Homöopathie gespalten (Ärztezeitung)

2022: Grüne Homöopathie-Debatte – Lang distanziert sich von eigenem Landesverband (Spiegel.de)

Daher stimme ich zu, dass es „common knowledge“ ist, dass es bei den Grünen in jedem Fall einen Kern von Homöopathie-Befürwortern gibt. Das ist jetzt ja auch nicht überraschend, weil die Schnittmenge von klassischer grüner Ideologie und Homöopathie („Chemie Böse, Natur Gut“) kaum von der Hand zu weisen ist.

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Nur auf die wirtschaftlichen Aspekte zu schauen ist meiner Meinung nach zu kurz gegriffen.

Es geht da um viel mehr, nämlich vor allem ein gesamtgesellschaftliches Problem. Entweder man bekannt sich zu einem faktenbasierten wissenschaftlich-orientierten Weltbild oder man bedient weiterhin Scharlatanerie und Hokuspokus. Das ist einfach eines Sache des Prinzips. Und Gelder der Versicherten für irgendwelchen nachweislichen Blödsinn zu verbrennen ist einfach ein No-Go - egal wie klein oder groß die Summe am Ende und egal, ob es irgendwelche Nasen gibt, die das toll und verlockend finden.

Klar, Du umschreibst hier aber nur den Konflikt, den wir als Gesellschaft bekanntermaßen immer wieder haben: Betriebswirtschaftlich gesehen ist das eine nachvollziehbare Entscheidung, gesamtgesellschaftlich gesehen sie von Nachteil.