Homeoffice im öffentlichen Dienst?

Klar wäre so ein Problem „leicht“ lösbar, aber da man (aka die Bundesregierung) sich vor 15 Jahren dachte, man könne mit Privatisierung Geld sparen wurde die gesamte IT an die dafür gegründete BWI GmbH ausgegliedert. Unsere IT-Menschen können vor Ort ein bisschen User-Support spielen, wenn der Drucker mal wieder nicht tut o. Ä., aber komplexere Dinge müssen bei der BWI beantragt werden.

Konkretes Beispiel: Im Sommer des letzten Jahres wurden wir angehalten, die Bewertung der Corona-Lage gemäß des RKI-Dashboards durchzuführen. Die Seite war in unserem VLAN jedoch nicht erreichbar, weil die DNS nicht aufgelöst werden konnte. Das zu fixen ist ja eigentlich kein Akt, einmal per ssh auf den Server, config ändern, dauert 5 Minuten und ne Tasse Kaffee. Durch das Outsourcing lagen zwischen erster Mail und der Antwort, dass es jetzt funktionieren sollte(!), knapp zwei Wochen.


Bei Lehrern ist das übrigens so.

So eine Aussage kann man schnell mal von sich geben.
Es ist aber nicht so, das ich in einer Behörde um die Ecke bei Aldi Rechner einkaufen darf.
Öffentliche Gelder sich nachzuweisen, IT-Konzepte zu erstellen und diese müssen auch nach der Krise noch tragen.
Und ein VPN einzurichten ist einfach, Tausende VPN aber nicht. Mittlerweile geht sogar WebEx von Cisco in die Knie, wenn Konferenzen stattfinden.
Work Life Balance ist für den Einzelnen interessant und dafür gab es bereits seit 2010 genug Möglichkeiten. Man musste es nur beantragen.

Bin selbst auch Mitarbeiter im öffentlichen Dienst (Universität - Lehrstuhl) und kann die Erfahrung großteils bestätigen. Uns wurde von keiner Seite, weder Lehrstuhl noch Rektorat oder Ähnlichen, jemand das Angebot gemacht, Geräte zur Verfügung zu stellen.

Vielmehr wird der Gebrauch eigener Geräte etc. hier leider als selbstverständliche erachtet. Seit dem Sommer 2020 darf die Universität jedenfalls für Mitarbeiter in Einzelbüros genutzt werden. Das tun mein KollegInnen und ich auch. Ich höre und sehe von anderen Lehrstühlen, dass Studentische Hilfskräfte, obwohl nichts - oder jedenfalls wirklich nichts Unaufschiebbares - zu tun ist, zur Präsenz angehalten werden.

Ich finde es sehr schade. Meines Erachtens nach braucht es hier einer klaren Regel und nicht eines bloßen Appells zum HomeOffice - auch außerhalb des öffentlichen Dienstes. Ich glaube es ist bei vielen Unternehmer dabei das Neid-Argument (wenn mein „Konkurrent“ seine Mitarbeiter antanzen lässt, dann tue ich das entgegen jeder Vernunft auch).

Gibt auch positive Beispiele im öffentlichen Dienst. Ich arbeite in einer großen Bundesbehörde und bei uns sind ca. 60% der Mitarbeiter:innen im Homeoffice. Dass der Anteil nicht noch höher liegt dürfte im wesentlichen daran liegen, dass wir relativ viele Mitarbeiter:innen haben, die ihre Tätigkeit nicht zuhause ausüben können. Und ich meine da nicht so was wie fehlende Digitalisierung, sondern tatsächliche, nicht behebbare Hinderungsgründe, die in der Art der Tätigkeit begründet sind. Ich selbst war seit Mitte März vielleicht eine Woche im Büro, davon nur zwei Tage, an denen ich hin musste. Netz ist stabil, Zusammenarbeit klappt prima. Wir hatten aber auch vor Corona schon eine gut aufgestellte IT.

Statt Bürostuhl, ein Sitzkeil ist auch schon sehr gut!