Themen der Grünen im Populismus

Das verstehe ich nicht ganz. Jeder, der sich noch eine Gasheizung eingebaut hat, kann die m.W. jetzt noch 20 Jahre betreiben. Wird vermutlich teuer wegen des steigenden Gaspreises, der CO2 Steuer und der Kostenumlage für den Betrieb des Gasnetzes auf weniger Benutzer, ist also eher nicht sinnvoll.

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Ich frage allen Ernstes nach: Woher kommt dieses seltsame Bild von den Grünen als eine ethische Partei der selbstlosen Ziele, insbesondere im Vergleich zu den anderen Parteien, die in irgendeiner Form Egoismen bedienen? So klingt ja der Gegensatz, den du aufbaust.

Ich finde diesen Mythos interessant, da er verdeckt, wie stark die Grünen selbst Klientelpartei sind und niemals gegen ihre Klientel Politik machen würden. Das klingt jetzt nicht ganz so heroisch und selbstlos, ist m.M.n. aber deiutlich realistischer. Ich zitiere als Beleg noch mal die Kernwählerschaft der Grünen:
"Die „Verbürgerlichung“ der Grünen ist daran ablesbar, dass ihre Wähler nicht nur über die höchsten Bildungsabschlüsse verfügen, sondern auch überdurchschnittlich verdienen. Viele von ihnen stehen deshalb nur noch in gesellschaftspolitischen Fragen klar links, nicht mehr dagegen in der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Die im Wahlprogramm 2013 geforderten Steuererhöhungen lehnten sie mehrheitlich ab. Ein überraschend hoher Anteil der Wähler versteht sich sogar als unpolitisch und präferiert die Partei vor allem aus Lifestyle-Gründen - etwa beim Kauf von Bio-Lebensmitteln (Walter 2010: 80 ff.). Vornehmlich im Dienstleistungs- und Bildungsbereich beschäftigt, lässt sich die Grünen-Wählerschaft sozialstrukturell überwiegend den neuen Mittelschichten zuordnen. "
Quelle: Wahlergebnisse und Wählerschaft der GRÜNEN | Parteien in Deutschland | bpb.de

Die grüne Partei muss natürlich ihre Kernwählerschaft im Blick behalten und hat damit egoistische Einzelinteressen. Diese gutsituierte Wählerschaft kann ohne größere Probleme die Mehrkosten tragen, die die Politik der Grünen zur Folge hat. Es ist ein arrivierter Mittelstand, der wohlhabend ist. Auch die Kinder kommen aus diesem Mittelstand und gehen auf die Uni. Sie haben Häuser und Inflation und Energiesanierung ist für diese leichter tragbar. Andererseits müssen die Grünen aufpassen, dass sie ihrer Kernschicht nicht zu harte Steuererhöhungen zumutet. Kostenerhöhungen müssen daher immer mit einem moralischen Ethos begründet werden.

Aber wie gesagt, das ist ja reine Klientelpolitik. Die Grünen wissen, dass sie eine natürliche Wachstumsgrenze haben. Und natürlich müssen CDU, SPD und BSW aufpassen, dass sie ihre Schichten nicht verlieren. Das hat nichts mit ethisch fragwürdig zu tun, sondern einfach mit ökonomischen Schichten. Und der grünen Wählerschaft geht es sehr, sehr gut. Die Grünen würden niemals gegen die Interessen dieser Kernwähler vorgehen, da diese 10% ihr Rückgrat ausmachen.

Ergo: Moralischer Impetus klar, aber im Kern sind sie doch eine normale neoliberale Klientelpartei, allerdings mit linker Gesellschaftspolitik (das Gegenstück wäre vielleicht das BSW als ökonomisch linke Partei mit konservativer Gesellschaftspolitik). Sie haben halt eine richtig gute PR.

Und ehrlicherweise war ihr Gebäudeenergiegesetz handwerlich halt auch nicht gut gemacht und hätte so oder so massiv nachgebessert werden müssen, um die sozialen Schieflagen rauszubekommen. Da scheint halt immer wieder ihr Background durch.

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Um die Kernwähler brauchen sich die Grünen nicht sorgen. Die wählen sie mangels Alternativen und dank Überzeugung auf der guten Seite zu stehen sowieso.

Da reicht schon die Abschaffung der Sektorziele als Gegenbeweis. Auch die Abschaffung der Elektroauto-Förderung traf genau die Klientel, die sich Neuwagen leisten kann.

Dass den Grünen etwas Bezug zu den ärmeren Schichten fehlt, stimmt. Das ist leider etwas, was für alle Parteien gilt.
Da hat unser Parteiensystem einen blinden Fleck.
Ärmere Menschen haben weniger frei planbare Zeit übrig, um sich in Parteien zu engagieren. Wenn sie es tun, fühlen sie sich von der Sprache der Gebildeten verschreckt und wenn sie das überwinden, scheitern sie daran, dass für eine Parteikarriere viel Einsatz, nicht nur in Form von Zeit sondern auch in Form von Spenden, gebracht werden muss. So ist diese Bevölkerungsgruppe unterrepräsentiert und wird mehr über als mit ihr gesprochen.

Die Abschaffung der Sektorziele geht auf die FDP zurück. Die Abschaffung der E-Auto Förderung darauf das einfach das Geld dafür alle war.

Und beides sind eher Beispiele dafür wie sich die Regierung von der FDP lenken lässt was auch eventuell ein Teil des Unmuts abseits des harten Kerns ausmacht. Lieber nicht regieren als falsch regieren ist zwar auch dumm, aber die FDP ist die einzige der Ampelparteien die wirklich reine Klientelpolitik macht. Gibt halt nur zu wenig Reiche in Deutschland.

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Die Grünen hätten aber genauso auf stur stellen können wie die FDP und das alles blockieren können. Und hätten gefühlt die Moral auf ihrer Seite. Schließlich geht es nicht um weniger als die Rettung der Menschheit und des Planeten.
Stattdessen wird ihnen vom Vorposter vorgeworfen, Klientelpolitik zu machen.

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Du greifst da einen sehr wichtigen Punkt auf. Denn die Grünen wissen es ja tatsächlich besser, was für viele, die eben weniger Ahnung haben, eine Beleidigung ihres Egos darstellt. Die Grünen sind für solche Leute selbstwertgefährdend.

Carsten88045 hat das mal am Beispiel „Fleischkonsum belastet die Umwelt.“ durchdekliniert.

Die schlichte Wahrheit wird schon als beleidigend empfunden.

Das gipfelt dann u. a. in solchen Absurditäten:


Der Diskurs hierzulande ist ziemlich auf den Hund gekommen, wenn schon das Vortragen rationaler Aussagen an sich emotionalisierend verunglimpft wird.

Der Irrationalismus hat das Ruder übernommen.

Auch die FDP ist eine seiner tragenden Säulen:

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Um ein Missverständnis auszuräumen - ich werfe ihnen das nicht vor, überhaupt nicht. Ich bin da unemotional und versuche nur zu argumentieren, dass die Grünen sich im Kern gar nicht von den anderen Parteien unterscheiden. Sie haben eine Stammklientel, die sie bedienen müssen, sie kommen aus einem bestimmten Milieu und machen Politik für dieses Milieu in Tonalität und Parteiprogramm.
Das hast du oben ja super beschrieben.

Was sie unterscheidet, ist vielleicht die große Geste, ein Sendungsnarrativ, das aus der Zeit von Anti AKW, Kampf gegen Nato Doppelbeschluss etc bis heute wirkt.

Große Gesten und Sendungsbewusstsein haben in der Politik aber eben auch Nachteile. Sie können Menschen aktivieren oder abstoßen. Gerade in der Politik, wo du schnell den Härtetest von Kompromissen und Deals hast, sind die Widersprüche zwischen Narrativ und Handeln um so greller, und dann wirkt die große Geste schnell heuchlerisch.

Das ist glaube ich das Dilemma der Grünen. Ihr Appeal ist ihre größte Schwäche. Sie erzeugen eine hohe Identifikation bei ihren Wählern und ein gutes Gefühl von moralisch das Richtige tun, wenn sie sie wählen. Das Kreuz bei der Wahl erzeugt quasi das Gefühl beim Wählenden, ein guter Mensch zu sein. Das schafft tatsächlich keine andere Partei, und so ein Branding zu schaffen, hat meinen höchsten Respekt.
Andererseits kommt dann die Realität: Je höher die Moral, desto größer die Fallhöhe.

Und Poststrukturalismus wirkt eben auch jenseits der Linken, denn Menschen wissen: Wenn jemand Moral sagt, meint er in Wirklichkeit Macht.

Insofern: Gar kein Vorwurf, ich bewundere das Marketing und die Brandstrategie der Grünen, die eben zielgenau ihre Gruppe erreicht.

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Deine Art der Auseinandersetzung mit den Grünen ist eine Fortsetzung der Überschrift. Ich verstehe auch überhaupt nicht, was Poststrukturalismus in diesem Zusammenhang heißen soll.

Letztendlich sind alle Parteien „Klientelparteien“, was auch immer das sein soll. Allein diesen Begriff zu benutzen, halte ich für falsch. Parteien haben Wähler:innen. Sie haben eine Ausrichtung, ein Programm. So ist es doch auch gedacht.

Ehrlich gesagt sind es gerade die Grünen, die oft aus Pragmatismus nicht mehr im Sinne ihres Programms und ihrer Wähler:innen handeln.

Dass sie oft mittlerweile gehasst werden, liegt schlicht und ergreifend an der Verrohung der Sprache/den populistischen Angriffen seitens Söder, Merz, Wagenknecht, AfD & Co, die das Feinbild für ihre Zwecke nutzen. Völlig verantwortungslos. Oft wird mehr auf die Grünen geschimpft als auf die demokratiefeindliche AfD.

Danke. Diese 2 Sätze bringen es auf den Punkt.

Ich würde nur sagen, dass nicht die Grünen selbst es besser wissen, aber die Grünen stützen ihre Analysen eben meistens auf wissenschaftliche Grundlagen.
Deswegen habe ich auch „die Wissenschaft“ als zu „den Grünen“ dazugehörend genannt, in der Empfindung vieler Wähler*innen.

Und jetzt sind wir im Prinzip wieder an der am Anfang von mir gestellten Frage:
Wie sollen die Grünen in diesem Umfeld wieder Politik machen, wenn selbst wissenschaftliche Erkenntnisse negativ gegen sie ausgelegt werden?

Eine Idee wäre vielleicht die persönliche Ebene komplett zu verlassen, und viel stärker auf Themen wie den Netzausbau und Infrastruktur zu setzen.

Die Argumentation ging ja so:

Bevor man jetzt die Menschen in den Einbau einer Wärmepumpe mit all den Umbaukosten treibt, muss man zuerst die kommunale Wärmeplanung machen, nicht dass man am Ende ans Wärmenetz zwangsangeschlosssen wird, und die Investition für die Katz war.

Das ist ja die Frage, auf die wir auch hier im Forum aber auch im Alltag immer wieder kommen: Wer trägt die Verantwortung? Das eine Lager sagt, dass Verantwortung vom Individuum ausgeht, und dann ist es am Ende unmöglich von der persönlichen Ebene fernzubleiben. Das andere Lagt meint, die Verantwortung läge vorallem bei Politik und Industrie, wo wir zumindest von letzteren denke ich nicht erwarten können, dass sie gegen ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen agieren, solange erstere keine stringenten Vorgaben machen. Das war ja lange Zeit eher die Strategie der Merkeljahre, wobei die stringenten Vorgaben hinter dem nötigen zurückfielen.

Warum ist denn eine nüchterne Betrachtung Hass? Ich habe ja gesagt, dass ich den Grünen nichts vorwerfe.
Wenn du den Begriff Klientelpartei nicht magst, biete ich Interessenpartei an, und die Grünen haben eine spezifische bürgerliche wohlhabende Kernwählerschicht mit eigenen Interessen. Siehe Link zur bpb. Das ist doch legitim, das zu sagen - und es ist ja auch nichts Schlimmes.

Mit Hass hat das nichts zu tun, wir sollten da wirklich aufpassen, dass wir aus Emotionalität heraus Begriffe nicht abnutzen.

Ich finde es wichtig zu verstehen, woher die Grünen kommen, was sie antreibt und was ihre Stärken und Schwächen sind, die sie angreifbar machen. Da ist ein nüchterner Blick gerade in emotional erhitzten Zeiten um so wichtiger.

Auf der Gegenseite ist die Überhöhung der Grünen als Gegensatz zu den anderen Parteien auch nicht realistisch, oder?

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Ich verstehe die Unterscheidung zu anderen Parteien nicht.

An alle:

Die Überschrift von mir ist eine bewusste kleine Übertreibung, sozusagen etwas Clickbait.
Natürlich gibt es das komplette Spektrum von streitbar, über ablehnend, bis eben hin zum Hass gegenüber den Grünen.

Mir wäre es wirklich recht, wenn wir wenigstens hier im Forum auf das fatale Clickbait, dass zu schlimmen Effekten in den Onlinemedien und Social Media führt, verzichten könnten.

Das kommt dann doch überraschend.

Da stimme ich dir zu. Die Konsequenzen müssten wenn man welche ziehen will bei den Bundespolitikern ziehen. Ich sage hier explizit nicht, dass es sein muss, aber es wirkt wie ein Bauernopfer um wahrscheinlich auch einen Kanzlerkandidat Habeck zu stützen. Vor allem treten da tendenziell ehr 2 Vertreter der linken und sozialen Grünen zurück, ziemlich ernüchternd.

Ob das überraschend ist würde ich persönlich in Frage stellen. Beide Politiker haben meiner Wahrnehmung nach nicht sehr glücklich agiert und kommuniziert seit ihrem Amtsantritt.

Die Vergleiche werden ja immer wieder explizit und implizit auch in diesem Forum gemacht. 2 Beispiele:

@JohanneSAC , @Carsten88045 , ich habe eure Kommentare einmal als Beispiel herangezogen.

Und unabhängig von 2 Einzelstimmen - die Grünen haben in der Wahrnehmung ihrer Wähler schon eine Sonderstellung, nicht?

Nebenbei - wenn wir mal vergleichen, dann haben die anderen Parteien historisch zu ihrem Schaden hohe Opfer gebracht gegen ihre Kernwählerschaft (dabei bewerte ich die einzelnen Maßnahmen nicht, sondern führe sie nur auf): SPD → Hartz IV, CDU → Migrationsöffnung 2016.

Ich bin nicht gegen die Grünen, wie gesagt, ich respektiere sie für das, was sie erreicht haben und welchen Nimbus sie bei sich und den Wählenden erzeugen.
Und dazu gehört das Gefühl, durch die Wahl der Grünen für ein höheres Gut zu stimmen, was dann auch auf das Selbstbild der Wählenden positiv einzahlt. Die anderen Parteien erzeugen dieses Gefühl eben nicht.

Nur ist das, wie ich schrieb, auch ein zweischneidiges Schwert, weil das polarisierendes Potential hat und auch die Grünen immer wieder in ein strategisches Dilemma bringt. Dafür werden sie dann auch oft unfair angegangen.

Der CDU würde man zum Beispiel keine große Moralität unterstellen, die kommen deswegen auch besser mit Skandalen klar. Andererseits erzeugen sie keine so große Bindung - sind dafür aber massenkompatibler.

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Sehe ich anders. Ich habe schon öfter die Grünen gewählt. Aber ich würde auch die CDU wählen, wenn sie mit den richtigen Leuten und Themen auftreten würde (also ganz sicher nicht mit Merz und Ausländer-Raus-Linnemann).
Übrigens hat Klimaschutz nichts mit Moral zu tun. Er ist eine knallharte Notwendigkeit und sein Fehlen verursacht Milliardenschäden.

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