Hallo lieber Philip und Ulf, liebes Forum,
ich bin momentan sehr besorgt um die Entwicklungen rund um die aktuellen Welle des H5N1-Virus unter den Wildvögeln (insbesondere den Kranichen) und dem Geflügel in der Massentierhaltung in Deutschland. Ich bin selber Biologe und wollte vor ein paar Tagen an der Talsperre in Kelbra den Kranichzug beobachten, normalerweise ein phantastisches Ereignis wenn aus allen Himmelsrichtungen abends die Kraniche zusammenziehen und sich dort im seichten Wasser versammeln. Doch leider erfuhr ich einen Tag vor dem Ausflug das die Talsperre für den Besucherverkehr komplett geschlossen war.
Grund: Verdacht auf H5N1-Ausbruch –> https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/vogelgrippe-stallpflicht-gefluegel-tote-voegel-landkreise-uebersicht-100\~amp.html
Nun (Stand. 27.10.2025) sind diese Anfangsverdachte wie wir alle wissen bestätigt und längst nicht mehr regional beschränkt –> Vogelgrippe breitet sich rasant aus - 400.000 Tiere gekeult | tagesschau.de
Ich möchte daher das Thema der aktuellen H5N1-Welle als Ausgangspunkt für eine breitere Diskussion über den Umgang mit zoonotischen Krankheiten, Wildtieren und Massentierhaltung in Deutschland nehmen.
Allein in den letzten Wochen wurden in Deutschland über 400.000 Hühner, Gänse und Puten getötet. Tiere, die weder verwertet noch genutzt werden dürfen, sondern einfach entsorgt werden müssen. Diese Zahl steht sinnbildlich für die Absurdität und Fragilität eines gesamten Systems: eine industrialisierte Landwirtschaft, die auf extreme Tierdichten setzt und dadurch hoch anfällig für Seuchenausbrüche ist. Der aktuelle Ausbruch ist eine extrem tragische Situation mit möglichen schweren Folgen für die Biodiversität, geredet wird aber meist nur über „Verluste“ im wirtschaftlichen Sinne:
„der Schaden für betroffene Betriebe geht insgesamt in die Millionen“ - Tagesschau
Der Übersprung des H5N1-Virus auf Milchkühe in den USA (11.02.2025, Neue Vogelgrippe-Variante bei Milchkühen in den USA nachgewiesen | tagesschau.de)
macht deutlich, dass wir es nicht mehr mit einem isolierten Geflügelproblem zu tun haben, sondern mit einer systemischen Krise moderner Nutztierhaltung.
Hier stellen sich grundsätzliche Fragen:
- Wie kann ein solches System auf Dauer Bestand haben, wenn jeder Ausbruch in dieser Größenordnung zum Massentötungen führt?
- Warum werden infizierte oder gefährdete Bestände reflexartig vernichtet, anstatt strukturell zu hinterfragen, ob die Haltungsbedingungen selbst das Problem sind?
Während der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft vor Versorgungsengpässen warnt (Geflügelhalter warnen vor Engpässen und fordern Schutz ihrer Bestände | tagesschau.de), sollte meiner Meinung nach vielmehr gefragt werden, ob hier tatsächlich eine Gefahr für die Ernährungssicherheit besteht, oder ob solche Warnungen nicht vielmehr ein Symptom einer überindustrialisierten und einseitigen Ernährungsstruktur sind, die Fleischkonsum zur Norm erklärt.
Ich werde für diesen Vorschlag vermutlich einigen Gegenwind auch hier im Forum bekommen, ich finde aber das darüber geredet werden sollte.
Unten habe ich noch einmal einen Themenvorschlag aus dem Jahr 2022 verlinkt als zuletzt eine größere „Vogelgrippe“-Welle ihre Runde machte.