Hallo zusammen,
ich wollte diesen Beitrag schon zu einer vorherigen Floge der LdN geschrieben haben, und nachdem heute wieder das Stichwort Windenergie fiel, wollte ich dazu ergänzend noch einen Biologischen Aspekt liefern - insbesondere dazu, dass der Bau von Windrädern mittlerweile meist an der Baugenehmigung scheitert.
Windenergie hat häufig den Ruf, besonders „grün“ und umweltverträglich zu sein, doch das ist nur in Teilen richtig. Tatsächlich ist es so, dass Windräder eine enorm hohe Gefahr für Greifvögel und Fledermäuse darstellen, dabei allen voran für Mäusebussard und Rotmilan. Es mag zunächst trivial erscheinen, denn eine zufällige Kollision eines Greifvogels mit einem einzelnen Windrad in der Landschaft scheint recht unwahrscheinlich. Tatsächlich ist es jedoch so, dass eben genau solche Kollisionen mit Windrädern beim Rotmilan beispielsweise mittlerweile als die häufigste Todesursache gelten.
Ich nehme hier absichtlich das Beispiel des Rotmilans heran. Der Rotmilan kommt weltweit ausschließlich in Europa vor mit einem deutlichen Verbreitungsschwerpunkt in Deutschland. Deutlicher gesagt, mehr als die Hälfte aller weltweit vorkommenden Rotmilane sind in Deutschland heimisch. Wir tragen also eine enorme Verantwortung hinsichtlich der weltweiten Erhaltung dieser Art.
Bezogen auf den Ausbau der Windenergie kommt es hier zu einem deutlichen Konflikt: Tatsächlich konnte eine direkte Verknüpfung zwischen steigenden Todesraten der Art und zunehmender Windrad-Dichte festgestellt werden. Dass Windrad-Unfälle mittlerweile als die häufigste Todesursache für Rotmilane gelten, ist alarmierend. Eine wissenschaftliche Studie ergab, dass bereits im Jahr 2012 Kollisionsunfälle des Rotmilans mit Windrädern ein Ausmaß erreichten, dass „an der Grenze zur Beeinträchtigung der Population“ liegt.
Nun ist es leider auch so, dass wir auf „grüne“ Energie angewiesen sein werden und natürlich dringend den Ausbau dieser grünen Energien fördern sollten. Der Frust, dass der Bau von Windrädern, die auf den ersten Blick als sehr unproblematisch erscheinen, zunehmend erschwert wird, ist sehr gut verständlich. Die Baugenehmigungen werden vermutlich auch nicht jedes Mal durch einen Rotmilan oder Mäusebussard verhindert, sondern auch durch andere Interessen. Trotzalledem ist es enorm wichtig, den Artenschutz bei der Betrachtung der Baugenehmigungen nicht zu vergessen, denn das ist oft ein Punkt, der vielen nicht bewusst ist.
Für den Rotmilan-Windradbau-Konflikt gibt es bereits ein paar Lösungsansätze: Zum einen sollten Mindestabstände zu Nestern und Flugkorridoren eingehalten werden. Problematisch ist dabei, dass Rotmilane nicht zwingend standorttreu sind, also nicht in jedem Jahr zum gleichen Nest zurückkehren. Wird der Bau also in einem Jahr verhindert, kann er in einem anderen Jahr, in dem der Rotmilan an einem anderen Ort brütet, genehmigt werden. Es ergibt sich also, dass die Landschaft auf diese Weise doch nach und nach mit Windrädern gefüllt werden kann, wenn man nur ein Jahr abwartet, in dem der Vogel nicht zu seinem Nest zurückkehrt.
Ein anderer, recht innovativer Ansatz ist, Windräder mit einer Art Vogel-Früherkennungssystem auszustatten, woraufhin das Windrad stark abbremst, wenn ein Vogel im Anflug ist. Diese Technik ist tatsächlich sehr vielversprechend und sehr gut erprobt, allerdings auch sehr kostspielig und es ist nun aus wirtschaftlicher Perspektive fraglich, ob und wieweit sie Verwendung finden wird.
Dies also zur Ergänzung bezüglich des Frusts über die Verlangsamung des Windrad-Baus. Es ist sehr wichtig, dieses Thema nicht in schwarz und weiß zu betrachten. Der Bau von Windrädern mag also gut für unsere Klimabilanz sein, hat allerdings fatale Auswirkungen auf Greifvögel und Fledermäuse. Und wie bereits erwähnt, gilt die besondere Sorge der Biologen dem Rotmilan, der seinen Verbreitungsschwerpunkt in Deutschland hat und dessen weltweite Bestände davon abhängen, wie sich die Lage in Deutschland entwickelt.
Wen das Thema weiter interessiert, hier ein paar Links zu informativen Quellen, darunter ein Buch, das eine Sammlung von wissenschaftlichen Studien beinhaltet, die Auswirkungen von Windenergie auch auf andere Arten als den Rotmilan betrachten:
https://www.rotmilan.org/windenergie/
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-319-51272-3?page=1#toc
https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-319-51272-3_1
Ergänzend noch ein Link zur Früherkennungssoftware von BirdVision. Wichtig: Das soll keine Werbung sein, aber auf der Seite ist die Funktionsweise einer solchen Deep-Learning Software sehr schön erklärt.
https://birdvision.org/technik
Viele Grüße,
Kathrin