Damit diese Diskussion überhaupt nachvollziehbar wird, hier der Link:
Ich kann das mal ergänzen, weil mich das Interview auch überhaupt nicht überzeugt hat. Die Wissenschaftlerin bezieht sich in einem Statement auf eine einzelne Studie.
Die Friedensforscherinnen Erica Chenoweth und Maria Stephan haben alle gewaltfreien Bewegungen für Demokratie, Selbstbestimmung und gegen Besatzung seit 1900 untersucht. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Erfolgschancen bei gewaltfreiem Widerstand 50 Prozent höher waren als bei bewaffnetem.
Warum überzeugt mich das nicht? Weil in diesem Statement durchaus unterschiedliche Konstellationen (Angriff, Besatzung etc.) zu sehr unterschiedlichen Zeiten und in sehr unterschiedlichen Kontexten (Kultur, Gelände, Militär, etc. pp) ohne jede Differenzierung zusammengewurstet werden. Auch die Methodik bleibt unklar (mit welchen/wie vielen gewaltsamen Widerstandsbewegungen wurde verglichen? Ist das überhaupt trennscharf? S.intifada, s. Südafrika etc.)
Es ist also fragwürdig, ob und warum das, was im Durchschnitt 50% Erfolgswahrscheinlichkeit ausmacht, auf den Fall der Ukraine übertragbar wäre.
Die Wissenschaftlerinnen erklären das damit, dass gewaltfreie Verteidigung viel mehr Menschen mobilisieren kann und wirkungsvollen Dissens innerhalb der gegnerischen Sicherheitskräfte verursachen kann.
Hier haben wir dann den einzigen (!) behaupteten Wirkmechanismus. Es kann sich jetzt jede:r selber fragen, ob im Moment in der Ukraine gewaltfreie Verteidigung 1. „viel mehr Menschen mobilisieren kann“ und 2. „wirkungsvollen Dissens innerhalb der gegnerischen Sicherheitskräfte verursachen“ kann.
Ich glaube beides nicht, zumindest nicht in ausreichendem Maße.
(Idealerweise würde man sich ja die Originalveröffentlichung anschauen, aber sie ist nicht verlinkt und ich hatte keine Muße, sie zu suchen…)
(Ursprünglich versehentlich als Privatnachricht versandt. Sorry! @LeoWom )