Gigantische Müllberge durch Corona Schnelltests

Liebe LdN-Community,

aktuell ist ja wieder ein deutlicher Anstieg an Corona Schnelltests zu verzeichnen. Ich möchte nicht falsch verstanden werden. In der jetzigen Situation bei hohen Inzidenzen und den 3G oder 2G+ Regeln ist es leider notwendig, viel und breitflächig zu testen.
Die Testzentren sind dauerfrequentiert.
Ich musste heute auch für einen 2G+ Event eine Teststation aufsuchen und wie die meisten einige Minuten in der Kälte warten. Dabei habe ich die fleißigen Helferinnen in der Test-Station bei ihrer Arbeit beobachtet, die natürlich noch viel länger bei knapp über 2 Grad und unangenehmen Seitenwind in ihrer Bretterbude ausharren müssen. Es war ein eingespieltes Team, was der Wartezeit sehr dienlich war.
Eine Test-Helferin war gerade dabei viele neue Tests vorzubereiten.
Wir kamen ins Gespräch und beklagten die Müllberge, die allein durch das Verpackungsmaterial entstehen.

Wie kann das eigentlich sein, dass für diese Massenabfertigung die gleichen Einzel-Schnelltests verwendet werden, die ich einzeln für den Eigenbedarf an der Supermarkt Kasse kaufen kann?
Warum lässt man die testenden Personen tausende an Tests pro Tag auspacken?

Gibt es da keine größeren Chargen, mit denen sich zumindest ein Teil des Mülls und viel (sinnlose) Arbeit in den Testcentern einsparen ließen?

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Weil am Ende sowieso mindestens jede einzelne Testkassette - also die Dinger, in die man die Pufferlösung mit dem Abstrich reinfüllt und wo sich dann eine Linie verfärbt oder auch nicht - einzeln eingepackt werden muss, damit sie erst unmittelbar vor ihrem individuellen Einsatz ausgepackt werden können und vor diesem Moment vor Kontamination geschützt sind.

Um diese Verpackung kommt man also nicht herum. Bleibt also nur noch die Umverpackung drumherum, die die Testkassette mit dem kleinen Behälter mit der Pufferlösung und dem Abstrichtupfer zusammenfasst. Die könnte man theoretisch loswerden, wenn man größere Pakete mit vielen Testkassetten sowie je einem Sack voll Pufferlösungsbehältern und Abstrichtupfern (letztere aber auch wieder unweigerlich einzeln eingepackt wegen Kontaminationsrisiken) schnüren würde. Aber da es sich dabei meist nur um verhältnismäßig unproblematisch recycelbare Kartons handelt und keinen Plastikmüll, ist der Gewinn einer solchen alternativen Paketierung aus Umwelt-Sicht relativ marginal. Der ganze wirklich problematische Müll, nämlich die Kunststoffberge der Testkassetten und ihrer Umverpackung, fällt trotzdem an.

Ich nehm an, dass es sich schlicht nicht lohnt, den zusätzlichen Aufwand zu treiben, um diese alternativen Gebinde herzustellen, die man dann nicht mehr in beide Verkaufskanäle gleichermaßen geben kann, weil sie im Einzelhandel nicht verkäuflich wären. Gerade im Hinblick darauf, dass die Nachfrage je Verkaufskanal extremst schwankt, je nachdem, wie gerade die Inzidenzen so sind und was der Politik gerade an Maßnahmen so einfällt (eine 2G+ Testpflicht z.B. boostet natürlich die Nachfrage kommerzieller Anbieter extrem, und ein Angebot kostenloser Tests an Teststellen schwächt die Einzelhandelsnachfrage ebenso extrem - beides kann, wie wir gesehen haben, vollkommen unvorhersehbar im Wochentakt kommen und gehen) würde ich mich als Hersteller nicht dem Risiko aussetzen wollen, auf einem riesigen Berg großer Gebinde für kommerzielle Testzentren sitzen zu bleiben, während alle Leute grad nach Einzeltests in Supermärkten schreien.

Wenn man was für die Umwelt tun will, wäre es also naheliegender, die Testkassetten ins Visier zu nehmen und nicht die Verpackung. Die Dinger haben nämlich erstaunlich unterschiedliche Dimensionen; obwohl der Teststreifen darin immer ziemlich genau gleich groß ist, gibt es welche, bei denen locker dreimal mehr Kunststoff dran ist als an anderen.

Die Krönung wären natürlich Testkassetten ganz ohne Kunststoff - ich hatte mal einen Test, der war in einer Art Papp-Klappe drin, in die man den Abstrichtupfer von unten reinschieben musste, und innen war nur eine winzige Schale aus Kunststoff drin, sonst war das alles augenscheinlich Pappe. Das sah schon interessant aus, war jedoch von der Handhabung deutlich kniffliger als die Testkassetten zum „reinträufeln“ der Lösung, und die Gesamtgröße dieses Tests war leider etwa dreimal so groß wie bei den typischen mit Kassetten aus Kunststoff, womit sich der Umweltvorteil durch die Pappkassette bedingt durch Versand, größere Kunststoffverpackung um die Kassette zum Schutz etc. wieder negieren dürfte. Das ist also auch keine wirklich optimale Lösung, man müsste wohl eher versuchen, die Kassetten zum Reinträufeln größtenteils aus Pappe und nur zum minimalst nötigen Teil aus Kunststoff zu fertigen.

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Also ich habe ja bedingt durch meinen Aufenthaltsort überhaupt keinen Kontakt zu Schnelltests, aber:

Die Problematik ist doch allgemein, dass nichts mit Blick auf die Entsorgung konstruiert/konzipiert wird.

Mir stellt sich beim lesen auch die Frage ob die an den Teststationen ihren Müll trennen, so dass z.B. die Pappverpackungen wirklich dem Recycling zugeführt werden können und wie hoch die Recyclingquote bei Pappe eigentlich in Wirklichkeit ist.

Bei Plastik ist sie ja nach diversen Reportagen wirklich katastrophal.

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Ich gehe mal davon aus, allein, weil es üblicherweise kostenlos ist, Pappe zu entsorgen, während Entsorgung gemischter Abfälle („Restmüll“) Geld kostet. Es gibt also einen betriebswirtschaftlichen Anreiz, zumindest die Pappe abzutrennen.

78%, sagt zumindest das offizielle Zahlenwerk: Altpapier | Umweltbundesamt

Also 78% des Ausgangsmaterials neuen Papiers ist Altpapier, und die Rücklaufquote über das Recycling ist wohl auch 78% des neu produzierten Papiers.

Hallo Slartie,
Danke für die ausführliche Antwort. Es sind auch nachvollziehbare Gründe.
Es tut nur wirklich weh, so etwas zu sehen, was Tag für Tag an Verpackungen, Umverpackungen und Um-Umverpackungen weggeschmissen wird.

Es wird Zeit, dass Mehrfach- oder wiederverwendbare Tests designed werden. Ein Testkit für mehrere Einzeltests bei gleichzeitiger Reduzierung von unnötig überdimensionierten Plastik. Mal schauen, ob sich an der Front überhaupt etwas tut.