Gibt es keine Alternative zu den Grünen?

„Er will die FDP Stützen, weil deren Wähler ne Alternative haben, nämlich die Union, wehrend die Grünen Anhänger keine Alternative haben wenn Ihne wirklich an Klimaschutz gelegen ist.“ min 44:44

Ich möchte einmal wirklich darauf hinweisen, dass ich diese Aussage für falsch und für gefährlich halte.
Wir haben in Deutschland das Problem, dass wir glauben, es gäbe keine Alternative zu den Parteien, die es bereits gibt. Es wird kategorisch ausgeschlossen, dass es die Möglichkeit gäbe, einfach mal etwas komplett Neues oder anders zu wählen.

Zu behaupten, es gäbe keine Alternative zu den Grünen, ist schlichtweg falsch. Es gibt mit der Klimaliste, den Humanisten, der Tierschutzpartei, Volt oder anderen Parteien eine ganze Auswahl an Möglichkeiten. Zu behaupten, es gibt keine Alternative zu der Politik, die wir haben, erzeugt Politik Verdrossenheit. Der Generation „Friday For Future“ und „Letzte Generation“ zu erzählen, es gäbe keine Alternative, ist echt gefährlich, es gibt aus gutem Grund ein diverses Parteiensystem und auch die Möglichkeit zu sagen „Wenn die Grünen keine Klimaschutz machen, wählen wir eben radikalere Parteien“. Die Grünen sind nicht alternativlos!

Als Presse so zu tun, als wäre nur das wählbar, was schon im Parlament sitzt, ist aus demokratischer Perspektive problematisch. Es gibt eine außerparlamentarische Opposition und wenn die Parteien, die Klimaschutz versprechen, den nicht liefern, dann wäre es an der Zeit, sie eben dazu auch zur Rechenschaft zu ziehen. Es ist eben genau der demokratische Grundsatz, dass wer nicht hält was er verspricht, eben nicht wieder gewählt wird und dafür ist es eben wichtig, auch zu erwähnen, dass es Alternativen gab, die radikaleren Klimaschutz wollen als die Grünen.

Wenn die Presse nur von denen spricht, die schon groß sind, macht sie sich damit auch verantwortlich dafür, dass es eben nur die gibt. Dass man eben auch als Lage sogar davon abgeraten hat, kleine Parteien zu wählen, ist auch Teil des Grundes, warum es neben den Grünen keine Klimaschutz alternative gibt, weil sie eben immer als alternativ los dargestellt werden. Zur Wahl standen sie nämlich wieder und wieder. Ich möchte daher auch euch von der Lage darauf hinweisen, dass es wichtig ist, die demokratischen Möglichkeiten in Gänze aufzuzeigen.

3 „Gefällt mir“

Natürlich gibt es in der Theorie Alternativen zu den Grünen.

Das Problem ist nur: In der Praxis sind diese Alternativen, dank der 5%-Hürde, einfach nicht sinnvoll, sondern schwächen nur das eigene politische Lager. Das ist letztlich meine große Kritik an der 5%-Hürde im aktuellen und auch zukünftigen Wahlrecht: Wenn ich statt der Grünen die Tierschutzpartei wähle, profitieren davon vor allem alle Parteien, die ich gerade nicht unterstützen wollte, weil meine Stimme faktisch keinen Einfluss auf die Zusammensetzung des Bundestags und damit die zukünftige Bundesregierung hat.

Das ist wie der typische USA-Treppenwitz: „Dir gefallen Demokraten und Republikaner nicht? Dann wähl doch einen unabhängigen Kandidaten. Hahahah…“

Das Problem ist im Wahlsystem. So lange das Wahlsystem mit der 5%-Hürde und ohne „Sekundäroption“ (dh. wenn die primär gewählte Partei nicht über die 5%-Hürde kommt, soll meine Stimme für die sekundäre Partei gelten…) ausgestaltet ist, sind Kleinstparteien keine Lösung. Das finde ich auch schrecklich, aber es ist leider so.

6 „Gefällt mir“

Ich finde die Sekundäroption theoretisch auch eine super Sache, vermute aber dass das in der Praxis zu aufwendig wäre. Da müssten ja erstmal alle Stimmen gezählt werden, das amtliche Endergebnis abgewartet werden und dann an einem anderen Tag noch mal alle Stimmen durchgezählt werden. Wäre für die Wahlhelfer ja schon ein großer Aufwand.

Gezählt werden müssten nur die, deren Stimme noch nicht zum Zug kam und tatsächlich eine zweite Stimme abgegeben haben.
Bei der ersten Zählung müsste dafür nach Parteien sortiert werden. Grundsätzlich wäre das machbar, wenn man es wollte.

Guck, in den Niederlanden gibt es keine Hürde und dort sieht das Parlement so aus:

Da hat auch die Tierschutzpartei (PvdD) nach einem erfolgreichen Eintritt, wo sie mit einem Sitz angefangen haben, jetzt sechs.

Australien verwendet so ein System - auf Ebene der Bundesstaaten teils seit Ende des 19.Jh., auf Bundesebene seit Mitte des letzten Jh. So kompliziert scheint das nicht zu sein. Irland und Malta machen das wohl auch.

Gibt schlimmeres…

Ich finde 5% auch zu hoch. Das sind ZU viele Wählerstimmen die nicht berücksichtigt werden.

Ist das so? Schließlich gibt es bei jeder Wahl einen Rattenschwanz von Parteien > 5%. Viele davon zählst du ja auf …

Im Ergebnis ist das m.E. nicht falsch, und zwar aus zwei Gründen:

  1. Alle die von dir aufgezählten Alternativen haben keine realistische Chance, in den Bundestag zu kommen.
  2. Aber selbst wenn das z.B. Volt oder die Klimaliste schaffen würde: Entweder, sie versauern dann wirkungslos als singuläre Kleinstpartei in der Opposition. Oder, sie müssen mit den etablierten Parteien wie CDU, SPD und FDP koalieren – und haben dann genau die gleichen Probleme wie heute die Grünen. Vom Regen in die Traufe oder täglich grüßt das Murmeltier.

Das wird so lange bleiben, wie die Mehrzeit der Wähler zu einer konsequenten Klimapolitik nicht bereit sind. Das Problem sind nicht die Grünen, sondern die Wähler, die lieber dabei zusehen wollen, wie sie und v.a. ihre Kinder und Enkel auf den Abgrund zufahren, als auf die Art und Weise, wie sie heute leben, zu verzichten.

3 „Gefällt mir“

Na ja, aus meiner Sicht würden die meisten dieser Alternativen auch eher zum Singen und Klatschen in den Bundestag gehen.

Ehrlich gesagt, wird die Debatte hier ein bisschen polemisch, findet ihr nicht?
Etwas mehr Sachlichkeit fände ich schön.

Das wäre am Wahltag aber schon ein riesen Aufwand, wenn man bei der ersten Zählung nach Parteien Stapel sortieren müsste. Das könnten ja 50 verschiedene Stapel sein, wäre schon deutlich mehr Aufwand.

Wahrscheinlich wird es aus einem ganz einfachen Grund eh nie Realität: Die Entscheidung darüber würden die Parteien im Parlament beschließen und die haben kein Interesse an stärkeren Kleinstparteien.