Nach dem fürchterlichen Anschlag von Solingen dominieren meiner Wahrnehmung nach die Themen „Abschiebung“ und „Waffenrecht“ die Nachrichten und Lösungsvorschläge in den Medien dazu. Beide Themen wurden in anderen Zusammenhängen in der Lage bereits sehr informativ beleuchtet und deren Grenzen aufgezeigt.
Welche Möglichkeiten hätte Deutschland, Geflüchteten mit psychischen Traumata aus bspw. Gewalterfahrungen, Verlust von Angehörigen in Konfliktgebieten / Fluchtruten psychologische Hilfe anzubieten?
Wie groß wird das Potential von Fachleuten eingeschätzt, durch eine geeignete psychologische Betreuung traumatisierter Geflüchteter Radikalisierungen, Gewalttaten o.ä. zumindest teilweise zu verhindern?
Gibt es erfolgreiche Ansätze in anderen Staaten?
Also in Anbetracht der Tatsache, dass die durchschnittliche Wartezeit auf eine Psychotherapie bei 5 Monaten liegt, kann man wohl konstatieren, dass für eine großflächige psychologische Betreuung nicht genug Personal vorhanden ist. Das könnte man ändern - genug Menschen, die Psychologie studieren wollen, gibt es. Aber wir bilden eben nicht genug aus und lassen auch nicht genug zu. Es ist im Prinzip eine gewollte Verknappung, die hier leider vorliegt (ähnlich wie bei Fachärzten).
Grundsätzlich stimme ich zu, dass eigentlich jedes Flüchtlingsheim einen in Vollzeit arbeitenden Psychotherapeuten bräuchte - der Bedarf ist definitiv vorhanden. Ebenso wichtig wäre es aber auch, die Menschen einfach stärker sozial einzubinden, also nicht in ihren Flüchtlingsheimen „unter sich“ zu belassen. Hier gilt eigentlich das Gleiche wie bei jeder Amok-Prävention: Im Idealfall sollte es ein soziales Umfeld geben, welches die Warnzeichen erkennt und interveniert, bevor es zu spät ist. In Flüchtlingsheimen ist das nicht gegeben - und die Zeichen sind in Anbetracht der zahlreichen Traumatisierungen der Menschen dort auch nur schwer zu erkennen.
Ich denke schon, dass man einen Großteil der Taten verhindern könnte, wenn man eine konsequente soziale und psychologische Prävention betreiben würde. Dabei sollte man auch unbedingt die Moscheen einbinden (womit wir wieder beim Thema der Ausbildung und Verfassungstreue von Imamen wären…)
Um die Machbarkeit zu beurteilen müsste man ja erstmal quantifizieren wieviele Behandlungsbedürftige es überhaupt sind. Und dann muss man sich auch überlegen, ob das sinnvoll ist, Heerscharen von Psychologen auszubilden die man nach der „Kampagne“ nicht mehr braucht. Was unsere VWL eigentlich braucht sind Ingenieure und Naturwissenschaftler.
Was ich allerdings super spannend finde ist der Ansatz mit einem Betreuer je Unterkunft. Man könnte Gruppensitzungen und Gruppenbegleitungen machen. Dadurch werden die Ankömmlinge effizient therapiert, integriert und auch als Gruppe ‚Gleichgesinnter‘ mit ganz unterschiedlichen Hintergründen zusammengeschweißt.
Wie gesagt, aktuell liegen die Wartezeiten bei 5 Monaten.
Ich glaube nicht, dass man allzu schnell einen „Überbedarf“ an Psychotherapeuten haben wird. Und selbst wenn handelt es sich um eine Berufsgruppe, die sehr schnell in anderen Berufszweigen Fuß fassen kann (Psychologie ist grundsätzlich in vielen Bereichen ein nützlicher „Skill“).
Diese Argumentation finde ich immer befremdlich. Die wenigsten Menschen, die gerne Psychologie studieren würden, das aber wegen des NC nicht ohne ewige Wartezeiten können (und deshalb nicht tun), studieren dann etwas naturwissenschaftliches oder ingenieurmäßiges… die landen dann eher in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, nicht selten in der Sozialen Arbeit. Ich glaube nicht, dass die Zahl der Abschlüsse in Naturwissenschaften und Ingenieurswesen wesentlich sinken würde, wenn wir signifikant mehr Menschen zum Psychologiestudium zulassen würden. Es ist aus meiner Erfahrung einfach ein ganz anderer Menschenschlag, oder anders formuliert: ein ganz anderes Interessenprofil…
Gruppentherapie bietet sich hier durchaus an. Aber dafür bräuchte man eben nicht nur genug Psychotherapeuten, sondern vor allem genug Psychotherapeuten mit den richtigen Sprachkenntnissen. Denn dieses Problem haben wir hier noch gar nicht besprochen: Jemand, der frisch nach Deutschland kommt und kein Deutsch oder Englisch spricht, wird es schwer haben, einen Therapeuten zu finden. Denn die Sprache ist das zentrale und unersetzliche Diagnoseelement in der Psychotherapie, ohne dass Patient und Therapeut die gleiche Sprache beherrschen ist eine Psychotherapie nicht möglich. Und für eine Gruppentherapie müssen in der Gruppe alle die gleiche Sprache sprechen, auch das kann manchmal problematisch sein.
Daher bräuchte man vor allem mehr Psychotherapeuten, die arabisch, persisch und co. sprechen…
Ich erinnere mich an einen Guantanamo-Rückkehrer, der sich vergeblich um Betreuung bemüht hatte. Er legte dann ein Feuer in einem Kaufhaus, nicht gefährlich, nur um auf sich aufmerksam zu machen, danach bekam er seine Betreuung.
Die Lage ist so, dass selbst eindeutig wichtige Fälle hinten runter fallen.
Ich glaube, hier muss man eine Unterscheidung treffen. Es gibt viele geflüchtete Menschen, denen man mit Therapieangeboten bei der Bewältigung von Traumata helfen kann, genauso wie mit Sprachkursen und Integrationsangeboten. Ebenfalls wichtig, schnellstmögliche Erlaubnis zur Arbeit, um sich eine eigene Existenz aufzubauen.
Gleichzeitig darf man aber auch nicht die Augen verschließen, dass es Islamisten gibt, die unsere offene Gesellschaft und unsere westliche Art zu leben verachten und geplant, bewusst undgezielt mit Terror und Gewalt bekämpfen wollen.
Da helfen keine Psychologen.
Zur Zeit beobachtet das BKA rund 500 islamistische Gefährder. Diese Personen sollten nicht therapiert sondern abgeschoben werden. (Auch wenn das, wie in der Lage schon thematisiert, oftmals nicht einfach ist.)
Die Frage ist eher, was braucht die Gesellschaft? Das nur auf die Volkswirtschaft zu reduzieren ist etwas traurig (zählen denn soziale Berufe so gar nichts?)….
Es ist für mich immer wieder sehr befremdlich, mit was für einer Selbstverständlichkeit immer wieder diese Assoziationen zwischen Geflüchteten/Migranten/Muslimen und Terroristen reproduziert werden.
Warum können diese beiden Themen nicht separat behandelt werden? Das erinnert mich ein wenig an Friedrich März als er sage, er habe nichts gegen Homosexuelle, es darf halt nicht kriminell oder mit Kindern sein.
Derartige Aussagen bewirken das Gegenteil von der behaupteten Differenzierung.
Doch, weil nämlich ein Terrorist der mit einem Anschlagplan nach Deutschland eingereist ist, seine Behandlung ganz anders angehen wird als einer Immigrant ohne Anschlagspläne.
Zudem ist es so, dass ja die wenigsten der Täter mit einem Terrorplan eingereist sind. Diese kamen hierher, verliessen ihre Familen. Sie finden sich in einem Heim, können weder englisch noch deutsch. Das einzige was sie haben um sich über Heimweh hinwegzuhelfen sind die Kanäle aus der Heimat. Und da beginnt der Radikalisierungsprozess. Würde man die Leute schnell in die Gesellschaft einbinden, könnten sich auch keine oder zumindest deutlich weniger radikalisieren.
Ich stelle diesen Zusammenhang her, da viele der islamistischen Attentate der vergangenen Jahre
von Menschen begangen wurden, die als Flüchtling nach Europa kamen und hier Asyl beantragten. Genauso wenig wie jeder Flüchtling ein Islamist ist, sollte man das Problem leugnen, dass auf dem Fluchtweg Menschen zu uns kommen, die unsere Sicherheit gefährden.
Im aktuellen Spiegel ist (leider hinter der Bezahlschranke) unter dem Titel Lügner und Leugner ein Kommentar zu finden, wie problematisch der (unehrliche) Umgang von rechts und links mit dem Thema Ausländerkriminalität ist.
Hier ist für mich Ehrlichkeit und Transparenz unabdingbar, um einem Vertrauensverlust in der Bevölkerung entgegen zu wirken. Dabei sollte man Zusammenhänge, die es gibt, auch benennen, z.B. immer die Nationalität von Tatverdächtigen/ Tätern.
Der vorliegende Fall war aber, so wie er sich momentan darstellt, dass der Täter erst hier sich radikalisiert hat. Der einzige Kontakt, den es mit dem IS gab, war ein Video, in dem er erklärte, für den IS ein Attentat zu begehen und der IS schrieb, OK, dann mach mal, wir bekennen uns dann zu der Tat.
Das macht diese Taten besonders problematisch, weil zwischen Entschluss und Tat so kurze Zeit vergeht, dass der Täter auf keinem Radar auftauchen kann.
Der Vorteil ist, dass die Taten durch die mangelnde Vorbereitung verhältnismäßig wenig Schaden anrichten.
Es wurde auch zur WM eine besondere Sicherheitslage ausgerufen und mit Anschlägen gerechnet. Das wäre solchen Attentätern aber zu heiß gewesen und so blieb es ruhig.